Andreas Dombret "Nicht für den Job verbiegen"

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"Es klingt banal, aber das Wichtigste ist, an sich selbst zu glauben"

Trotzdem fragen sich viele Berufsanfänger, ob ein Job bei einer Bank ethisch vertretbar ist.

Kein Job ist es wert, dass man sich für ihn verbiegt. Man muss immer authentisch bleiben und sich immer wieder hinterfragen. Wer sich für eine Karriere in der Bankbranche interessiert, der sollte sich natürlich vorher möglichst detailliert informieren. Da bieten sich den Absolventen heute ganz andere Möglichkeiten als zu meiner Zeit. Im Zweifel muss man auch den Mut haben, Nein zu sagen.

Was entscheidet über den Erfolg in der Finanzbranche?

Es reicht heute nicht mehr, nur gut mit Zahlen umgehen zu können. Es gehört vielmehr auch ein Gespür für die veränderte Rolle von Banken in der Gesellschaft dazu. Banken sind schließlich Dienstleister für die Realwirtschaft. Ansonsten führen vermutlich ähnliche Faktoren zum Erfolg wie auch in anderen Branchen: Man braucht ein Ziel, muss es beharrlich verfolgen, Chancen sehen und ergreifen und dabei nie gegen die eigene Persönlichkeit handeln. Je mehr Spaß die eigene Arbeit macht, umso erfolgreicher wird man sein. Und nicht zuletzt gehört zu alldem auch Glück.

Und wenn der Bonus mal nicht so ausfällt wie erwartet?

Mir hat es immer geholfen, mich in die Position des Vorgesetzten zu versetzen und zu versuchen, seine Entscheidung nachzuvollziehen. Wenn man da ehrlich zu sich selbst ist, kommt man der Wahrheit schon recht nahe. Eigen- und Fremdwahrnehmung fallen meistens nicht so weit auseinander.

Nach der Fusion der Bank of America mit Merrill Lynch haben Sie Ihren Posten verloren. Wie sind Sie mit solchen Rückschlägen umgegangen?

Es klingt banal, aber das Wichtigste ist, an sich selbst zu glauben. Auch wenn ich nie im Handelssaal aktiv war, habe ich mich doch an einer einfachen Weisheit von dort orientiert: Was steigt, muss fallen – und was fällt, muss steigen. Es ist eine Wellenbewegung. Nur seitwärts sollte es in der Karriere nicht allzu lange gehen. Man muss den Mut haben, immer etwas Neues auszuprobieren.

Sie haben schon in jungen Jahren eine Wende hingelegt, eigentlich wollten Sie mal Pfarrer werden.

Da war ich aber noch sehr jung und wohl stark vom Konfirmationsunterricht geprägt. Ich hatte mir überlegt, in welchem Job ich viel Gutes tun kann. Dieser Berufswunsch war aber nicht von langer Dauer.

Warum sind Sie dann ausgerechnet Banker geworden?

Ich habe mich schon immer sehr für Zahlen interessiert und auch für die Zusammenhänge von Politik und Wirtschaft. Sicher hat auch eine Rolle gespielt, dass mein Vater Bankdirektor in der Provinz war.

Der Alltag Ihres Vaters hat Sie nicht abgeschreckt?

Nein, im Gegenteil. Es gibt da eine Geschichte aus meiner Kindheit. Ich ging mit meiner Großmutter am örtlichen Gymnasium vorbei, und sie sagte, wenn ich mich anstrengte, könnte ich später auf diese Schule gehen, und dann würde auch etwas aus mir werden. Worauf ich antwortete, dass ich in der Grundschule sehr zufrieden sei, und falls später nichts aus mir werden sollte, könnte ich ja immer noch Bankdirektor werden. Dieser Beruf schien mir einfacher und wenig anspruchsvoll zu sein, weil mein Vater den ja täglich ausübte. Womöglich habe ich später den Ehrgeiz entwickelt, meinen Vater zu beeindrucken und mich weiterzuentwickeln. Wenn er noch leben würde, wäre er heute sicher stolz auf mich.

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