Erst kürzlich veröffentlichte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Umfrageergebnisse, laut denen ausgerechnet junge Deutsche nichts von der guten Stimmung am Arbeitsmarkt mitbekommen.
Sie hangeln sich von einem befristeten Vertrag bis zum nächsten. Auch die Arbeitsmarktdaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeichnen ein solches Bild. Demnach gibt es nur in Frankreich, den Niederlanden, Portugal und Spanien noch mehr junge Menschen mit Zeitvertrag.
Was ist ein befristeter Arbeitsvertrag?
Bei einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis läuft der Vertrag nach einer bestimmten Zeit oder zu einem bestimmten Ereignis aus - eine Kündigung ist nicht nötig. Wenn eine Befristung nicht vom Teilzeit- oder Befristungsgesetz abgedeckt wird, gilt sie als. Der Arbeitsvertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Für die Befristung ohne Sachgrund nach Paragraph 14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist es wichtig, dass noch nie ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestanden hat. Die Befristung ist auf maximal zwei Jahre beschränkt. Falls das Arbeitsverhältnis auf weniger als zwei Jahre befristet ist, darf der Arbeitgeber den Vertrag bis zur Dauer von zwei Jahren verlängern, allerdings maximal drei mal. War also zuerst ein Arbeitsverhältnis von vier Monaten vereinbart, können noch 20 Monate drangehängt werden - nur nicht in zu kleinen Schritten.
Eine Befristung ohne Sachgrund gibt es auch bei Neugründungen von Unternehmen. Nach § 14 Abs. 2a TzBfG dürfen Verträge bei der Gründung eines Unternehmens auf vier Jahre befristet sein. In den ersten vier Jahren seit Neugründung ist eine mehrfache Verlängerung möglich.
Neben "Wir kennen uns noch nicht" oder "Wir wissen nicht, wie lange das Unternehmen überlebt" gibt es noch die sogenannten sachlichen Gründe für eine Befristung. Nach § 14 Absatz 1 TzBfG gehören unter anderem dazu:
- vorübergehend höherer Bedarf an Mitarbeitern zur Hochsaison
- eine Befristung zur Erprobung
- die Integration in den Arbeitsmarkt nach einer Ausbildung oder einem Studium
- die Vertretung anderer Arbeitnehmer
- die Arbeit an sich erfordert eine Befristung
Die Zweckbefristung ist für den Fall gedacht, dass das Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Ereignis, anstatt zum 15. März oder nach sechs Monaten endet. Das wäre beispielsweise "bis zur Schließung des Unternehmenssparte Kosmetik". Allerdings muss im Vertrag klar erkennbar sein, in welchem Zeitrahmen das Ereignis eintreten wird. Zwei Wochen vor Eintreffen dieses Ereignisses und dem Ende des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich informieren.
Befristete Verträge können nicht gekündigt werden. Es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, sodass die außerordentliche Kündigung greift.
Laut den OECD-Daten haben mehr als 50 Prozent der jungen Deutschen im Alter bis 24 Jahren keinen unbefristeten Job. Bei den OECD-Spitzenreitern Estland und Großbritannien liegt der Anteil der befristeten Verträge bei jungen Arbeitnehmern dagegen deutlich unter 20 Prozent.
Hier haben die meisten Menschen einen befristeten Arbeitsvertrag
Deutschlandweit haben 7,6 Prozent der Frauen und 6,5 Prozent der Männer nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Das geht aus dem IAB-Betriebspanel hervor.
Am besten ist die Lage für Arbeitnehmer in Bayern: Dort arbeiten nur 7,5 Prozent der Frauen und 4,3 Prozent der Männer befristet.
Auch im Norden Deutschlands sieht es gut aus: 7,8 Prozent der Frauen und 5,6 Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Job.
In Thüringen hangeln sich 8,2 Prozent der Frauen und 5,9 Prozent der Männer von Befristung zu Befristung.
8,4 Prozent der sächsischen Frauen und 5,5, Prozent der Männer arbeiten befristet.
Im Saarland liegt der Anteil der Frauen, die keinen unbefristeten Arbeitsvertrag haben, wie auch in Sachsen bei 8,4 Prozent. Der Anteil der Männer beträgt 5,8 Prozent.
In Hessen arbeiten ebenfalls 8,4 Prozent der Frauen befristet, bei den Männern sind es 6,4 Prozent.
8,5 Prozent der Frauen arbeiten befristet, bei den Männern haben 6,2 Prozent keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
8,6 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
In Rheinland-Pfalz haben deutlich mehr Frauen als Männer einen befristeten Arbeitsvertrag. 8,7 Prozent stehen 5,6 Prozent gegenüber.
Ähnlich deutlich ist das Verhältnis in Baden-Württemberg: Hier haben 8,8 Prozent der Frauen und 5,7 Prozent der Männer einen befristeten Arbeitsvertrag.
Im Stadtstaat Bremen arbeiten 9,2 Prozent der Frauen befristet. Bei den Männern sind es sogar noch mehr: 9,5 Prozent der männlichen Bremer hangeln sich von Vertrag zu Vertrag.
In NRW haben 9,3 Prozent der Frauen und 7,2 Prozent der Männer befristete Arbeitsverträge.
In Brandenburg arbeiten 9,7 Prozent der Frauen befristet. Bei den Männern sind es 10,2 Prozent.
9,9 Prozent der Frauen und 8,2 Prozent der Männer in Mecklenburg-Vorpommern haben keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
In Hamburg sind 10,6 Prozent der Frauen und 7,5 Prozent der Männer befristet eingestellt.
Die Bundeshauptstadt ist trauriger Spitzenreiter: 13,1 Prozent der Frauen und 10,4 Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Job.
Aber woher kommt das? Die Beschäftigungszahlen sind gut, Fachkräfte gesucht, alle wollen ein System "trained in Germany" - aber der eigene Markt hält die jungen Talente an der kurzen Leine?
"In internationalen Vergleichen wie etwa der OECD-Statistik werden häufig Ausbildungsverhältnisse und "normale" befristete Arbeitsverträge in einen Topf geworfen, weil es in anderen Ländern etwas vergleichbares wie das deutsche Ausbildungssystem nicht gibt", sagt Christian Hohendanner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Und da ein Ausbildungsverhältnis - abhängig von der Branche und eventuellen Vorkenntnissen - nun mal auf zwei bis vier Jahre befristet ist - sind allein im vergangenen Jahr mehr als 500.000 Neu-Azubis zum Heer der sogenannten atypisch Beschäftigten hinzu gekommen. Im Klartext: Was dem deutschen Arbeitsmarkt in der Praxis gut tut, schadet ihm auf dem Papier. Das ist europäische Statistik.
Zieht man die Azubis ab, sind nur noch 7,4 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer ab einem Alter von 15 Jahren befristet beschäftigt. Das belegt ein entsprechender Forschungsbericht des IAB. In der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen sind 21,1 Prozent betroffen, bei den 25- bis 34-Jährigen 12,4 Prozent. Von den 35- bis 44-Jährigen sind nur noch 6,9 Prozent befristet beschäftigt.
Das mag immer noch zu viel sein. Die Werte sind jedoch deutlich besser, als alle internationalen Vergleiche glauben machen wollen.