Arbeitsmarkt Deutschland, ein Land der befristeten Jobs?

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Traue keiner Statistik

Erst kürzlich veröffentlichte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Umfrageergebnisse, laut denen ausgerechnet junge Deutsche nichts von der guten Stimmung am Arbeitsmarkt mitbekommen.

Sie hangeln sich von einem befristeten Vertrag bis zum nächsten. Auch die Arbeitsmarktdaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeichnen ein solches Bild. Demnach gibt es nur in Frankreich, den Niederlanden, Portugal und Spanien noch mehr junge Menschen mit Zeitvertrag.

Was ist ein befristeter Arbeitsvertrag?

Laut den OECD-Daten haben mehr als 50 Prozent der jungen Deutschen im Alter bis 24 Jahren keinen unbefristeten Job. Bei den OECD-Spitzenreitern Estland und Großbritannien liegt der Anteil der befristeten Verträge bei jungen Arbeitnehmern dagegen deutlich unter 20 Prozent.

Hier haben die meisten Menschen einen befristeten Arbeitsvertrag

Aber woher kommt das? Die Beschäftigungszahlen sind gut, Fachkräfte gesucht, alle wollen ein System "trained in Germany" - aber der eigene Markt hält die jungen Talente an der kurzen Leine?

"In internationalen Vergleichen wie etwa der OECD-Statistik werden häufig Ausbildungsverhältnisse und "normale" befristete Arbeitsverträge in einen Topf geworfen, weil es in anderen Ländern etwas vergleichbares wie das deutsche Ausbildungssystem nicht gibt", sagt Christian Hohendanner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Und da ein Ausbildungsverhältnis - abhängig von der Branche und eventuellen Vorkenntnissen - nun mal auf zwei bis vier Jahre befristet ist - sind allein im vergangenen Jahr mehr als 500.000 Neu-Azubis zum Heer der sogenannten atypisch Beschäftigten hinzu gekommen. Im Klartext: Was dem deutschen Arbeitsmarkt in der Praxis gut tut, schadet ihm auf dem Papier. Das ist europäische Statistik.

Zieht man die Azubis ab, sind nur noch 7,4 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer ab einem Alter von 15 Jahren befristet beschäftigt. Das belegt ein entsprechender Forschungsbericht des IAB. In der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen sind 21,1 Prozent betroffen, bei den 25- bis 34-Jährigen 12,4 Prozent. Von den 35- bis 44-Jährigen sind nur noch 6,9 Prozent befristet beschäftigt.

Das mag immer noch zu viel sein. Die Werte sind jedoch deutlich besser, als alle internationalen Vergleiche glauben machen wollen.

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