Bewerbung Der Wert von Arbeitszeugnissen

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Wichtige Dokumente

"Wir achten mittlerweile nur noch darauf, dass die letzten drei Zeugnisse beiliegen und stimmig sind", sagt beispielsweise Jörg Petersen, Personalleiter bei einem mittelständischen Zulieferbetrieb für die Automobilindustrie in Schleswig-Holstein. Früher habe er die Zeugnisse akribischer geprüft. Weil aber mittlerweile vor allem standardisierte, positive Bewertungen in den Unterlagen liegen, prüft Petersen nur noch, ob die angegebenen Qualifikationen tatsächlich auch im Zeugnis bescheinigt werden. "Wenn Zeugnisse allerdings ganz fehlen oder sie grobe Unstimmigkeiten aufweisen, werden die Bewerber gleich aussortiert", sagt der Personaler.

Zu solchen Unstimmigkeiten gehört auch, wenn das Zeugnis erst deutlich nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen verfasst wurde. "Wenn das Ausstellungsdatum nicht mit dem im Lebenslauf angegebenen Zeitpunkt des Ausscheidens übereinstimmen, sondern deutlich später erstellt wurde, kann das als Hinweis auf Streitigkeiten bei der Zeugnisausstellung gedeutet werden", sagt Zeugnisdienstleister Redekop.

Wenn dann noch ein krummes Datum für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angegeben wurde, sei es sehr wahrscheinlich, dass dem Bewerber fristlos gekündigt wurde. Denn übliches Austrittsdatum ist der 30. oder 31. eines Monats. Auch Formulierungen wie "Wir haben uns einvernehmlich getrennt" oder "Er schied im beiderseitigen Einvernehmen aus" weisen auf eine Kündigung hin. Wurde das Arbeitsverhältnis wirklich einvernehmlich beendet, lautet die richtige Formulierung "im besten beiderseitigen Einvernehmen".

"Bei der Allianz Deutschland AG werden solche Beendigungsformulierungen genau geprüft", sagt Renate Weber, Referatsleiterin Personal. Auch der Wortlaut der Gesamtbewertung ist für sie wichtig. "Sind einzelne Formulierungen auffällig, können dazu im Bewerbungsgespräch Fragen gestellt werden, um den Sachverhalt genauer zu beleuchten", so Weber. Ein großes Augenmerk richtet das Unternehmen außerdem auf die Qualifikationen des Bewerbers. Sie sollten sich auch im Zeugnis widerspiegeln. Generell spiele aber der Gesamteindruck der Bewerbung eine größere Rolle, betont Weber. Auch gerade weil Zeugnisse heute vor allem standardisiert seien.

Wichtige Dokumente

Bei der Deutschen Post werden die Zeugnisse "gewissenhaft gelesen", teilt ein Sprecher mit. Schließlich seien die Dokumente wichtig, um die Authentizität des Bewerbers zu überprüfen. Die Personaler der DHL prüfen die im Zeugnis dargestellten Aufgaben und vergleichen diese mit dem Anschreiben und dem Motivationsschreiben. Allerdings sei am Ende der Gesamteindruck entscheidend, insbesondere der im persönlichen Gespräch. Ähnlich äußert sich auch die Allianz.

Und genau hier liegt die Krux: Wenn das Zeugnis nicht stimmt, ist die Einladung zum Vorstellungsgespräch eher unwahrscheinlich. So erklärt beispielsweise auch der Pharmakonzern Bayer, dass das Arbeitszeugnis und die dort genannten Fähigkeiten entscheidend für die Einladung zum Bewerbungsgespräch oder Assessment-Center seien.

Gänzlich ohne Zeugnis geht es also nicht. "Die Bedeutung von Arbeitszeugnissen steigt mit den Anforderungen der Stelle und Qualifikation. Ein Bankangestellter oder Versicherungskaufmann wird seinen Arbeitsplatz wohl kaum ohne entsprechende Zeugnisse wechseln können", sagt Zeugnisdienstleister Thomas Redekop. Allerdings: "Ab einer gewissen Hierarchiestufe sinkt ihre Bedeutung auch wieder. Im Top-Management sind Zeugnisse auch weniger relevant, weil einem dann schon ein bestimmter Ruf vorauseilt."

Dieser Artikel erschien auf Zeit-Online.

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