Bewerbungsverfahren Was sich Konzerne für Talente einfallen lassen

Mit Ständen auf Job-Börsen allein ist es nicht getan: Viele große Unternehmen locken Uni-Absolventen mit ausgefallenen Events und internationalen Wettbewerben.

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Mit diesen Events locken Unternehmen Studenten
Job Ad PartnerDie Berliner Agentur für Personalmarketing verteilt zum Valentinstag Eintrittskarten für ein Vorstellungsgespräch. Zwölf Stellen bietet das Unternehmen an. Wem die Mitarbeiter von Job Ad Partner auf der Straße eine Valentinskarte in die Hand drücken, kann diese entweder selbst ausfüllen oder sie weiterverschenken. Auf der Rückseite stehen sieben Stellenangebote zur Auswahl – vom Verkäufer über den Kundenberater bis hin zum Außendienstmitarbeiter. Nun können sich Interessierte unter dem Stichwort Valentinstag und Angabe der gewünschten Position bei der Agentur melden. Das Vorstellungsgespräch ist in diesem Fall garantiert. Quelle: Presse
Auf hohe See geht es seit September 2012 mit der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers. Auf bisher vier Segeltörns unter anderem in der Nordsee und im Atlantik konnten Studenten gemeinsam mit PwC-Mitarbeitern ein Abenteuer erleben und das Unternehmen kennen lernen. Ab September stehen drei weitere Törns im Mittelmeer an: Rund um Mallorca, Ibiza und Sardinien. Quelle: Presse
HenkelÜber Barcelona, Amsterdam und Warschau führten die bisherigen Stationen der "Henkel Innovation Challenge", bevor es dieses Jahr im März nach Shanghai ging. Schon zum sechsten Jahr in Folge sind beim Wettbewerb des Chemiekonzerns Henkel internationale Studenten mit Konzepten für fiktive Zukunftsprodukte gegeneinander angetreten. Zuletzt waren es in China Zweier-Teams aus 18 Ländern. Mit dem diesjährigen Sieg der deutschen Teilnehmer wird das internationale Finale 2014 in der Düsseldorfer Zentrale stattfinden. Ab Herbst können sich Interessierte hier bewerben. Quelle: PR
Peek&CloppenburgWährend der Beachvolleyball-Europameisterschaft im August 2013 am österreichischen Wörtehrsee, richtet das Modehaus Peek&Cloppenburg (P&C) eine "Karriere-lounge " auf einem Boot ein. Dabei können Studenten und Absolventen zwei Tage lang das Unternehmen und seine Mitarbeiter kennen lernen, sowie den Wörthersee und das Sportevent genießen. Außerdem hat P&C passend zum Anlass mit Nik Berger einen Beachvolleyball-Europameister von 2003 eingeladen, um einen Vortrag über Leistung und Herausforderungen im Sport zu halten. Quelle: dpa
McKinseyWie die Arbeit einer Unternehmensberatung aussieht, hat McKinsey Studenten und Doktoranden im August in Barcelona vermittelt. Dorthin lud die Beratungsgesellschaft für einen viertägigen Workshop ein. Die Teilnehmer sollten eine Strategie für eine Krankenkasse entwickeln, dazu Klienten- und Experteninterviews führen und am Ende eine Jury von ihren Lösungskonzepten überzeugen.
BoschSpeziell an Frauen richtet sich im Juli 2013 der Bewerbungsevent "Meet Bosch " im Residenzschloss Ludwigsburg. Hierbei geht nicht allein ums bloße Kennenlernen von Unternehmen und Studentin, sondern auch um ganz konkrete Stellen im Junior Managers Program von Bosch. Zwei Tage lang können die Teilnehmerinnen die Bosch-Personaler im Schloss von sich überzeugen. Quelle: dpa
Ernst & YoungAuf der Suche nach zukünftigen Steuerexperten ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young mit ihrem Studentenwettbewerb "Young Tax Professional of the year ". Wer die Hürden der schriftlichen Bewerbung, des 100-minütigen Online-Tests und des nationalen Fallstudien-Wettstreits in Düsseldorf gemeistert hat, kann sich Ende August mit den besten Teilnehmern aus 26 Ländern in Kopenhagen messen. Wer dort die Fallstudien und Fachfragen einer Jury am besten löst, kann eine 30-tägige Weltreise mit Besuchen von Ernst & Young in London, Washington oder Hongkong antreten. Quelle: dapd

Vier Monate Arbeit, zwei Tage Wettstreit und zuletzt vier Stunden Schlaf liegen hinter Susann Tiffany Leuchtmann, 26, und Niels Henning Adler, 25, als sie an diesem wolkigen Morgen das  Kongresszentrum in Shanghai betreten. In den Hallen, durch die schon Staatslenker wie Wladimir Putin und Jacques Chirac gingen, werden die beiden Studenten eine Produktidee vorstellen. Überzeugen wollen sie damit rund 30 internationale Manager des Düsseldorfer Chemiekonzerns Henkel. Dieser hat 36 junge Menschen aus 18 Ländern nach Shanghai eingeladen, um an einem Studentenwettbewerb teilzunehmen. Am dritten Tag der "Henkel Innovation Challenge" sind sechs Teams übrig geblieben, darunter auch Leuchtmann und Adler für Deutschland.

Fotosynthese auf dem Kopf

Jedes Team ist mit einem Geschäftsmodell für ein fiktives Produkt im Jahr 2050 in den Wettstreit gezogen: Während die belgischen Teilnehmer etwa ein Klebeband für Gebäudeteile vorstellen und die Österreicherinnen auf eine selbstreinigende Oberflächenbeschichtung setzen, präsentieren Leuchtmann und Adler ein Shampoo mit Chlorophyll. Dieses soll Fotosynthese auf dem Kopfhaar betreiben, dadurch Sauerstoff erzeugen und für mehr Lebensqualität sorgen – gerade in den immer weiter anschwellenden Megastädten. Am Ende überzeugen sie die Jury mit ihrer Präsentation am meisten und räumen einen 10.000-Euro-Reisegutschein, sowie ein Treffen mit dem Henkel-Vorstandsvorsitzenden Kasper Rorsted ab.

Mit

Bei solchen Karriere-Events wollen jedoch vor allem die Unternehmen gewinnen – und zwar neue Mitarbeiter. "Jeder will im Kampf um Talente der Erste sein und schon früh mit Studenten in Kontakt treten", sagt Karriere-Expertin Stefanie Zimmermann vom Kölner Staufenbiel-Institut, einem Personalmarketing- und Recruiting-Dienstleister. Dieses Vorgehen erklärt Zimmermann mit dem demographischen Wandel, dem Fachkräftemangel und den gewachsenen Ansprüchen junger Absolventen.

Bewerber sind selbstbewusster

66 Prozent der befragten Personaler der Job-Trends-Studie des Staufenbiel-Instituts, sagen dass Bewerber heutzutage selbstbewusster sind als früher. 45 Prozent haben sogar das Gefühl, sich eher bei den Bewerbern bewerben zu müssen als umgekehrt. Das machen sie zunehmend mit ausgefallenen Events. "Die Veranstaltungen sind immer spannender geworden. Es gilt: höher, schneller, weiter", sagt Zimmermann.

So setzt die Wirtschaftsprüfung Ernst&Young ebenfalls auf einen Wettbewerb und sucht im August in Kopenhagen unter Studenten aus 26 Nationen den "Young Tax Professional of the Year". Wer die Fallstudien und Steuerfachfragen am besten löst, kann eine 30-tägige "Business-Weltreise" mit Besuchen bei Ernst&Young in London, Washington und Hongkong antreten. Die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers schickt Studenten stattdessen seit September 2012 auf hohe See: Bei Segeltörns im Mittelemeer, auf der Nordsee und dem Atlantik können sie Abenteuer erleben und das Unternehmen kennen lernen. Auch auf ein Boot geht es für die Gäste der Karriere-Lounge des Düsseldorfer Modehauses Peek&Cloppenburg. Im August lädt es Studenten zur Beachvolleyball-Europameisterschaft am Wörthersee in Österreich ein.

Mehr Möglichkeiten als im Gespräch

So sieht die perfekte Bewerbung 2013 aus
Online-BewerbungDie elektronische Bewerbung ist ja schon fast ein alter Hut und wird auch 2013 nicht verschwinden. Erstmals favorisiert eine Mehrheit von Personalchefs Online-Bewerbung vor den traditionellen Bewerbungen auf Papier. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom bei 1.500 Personalverantwortlichen verschiedener Branchen. 41 Prozent der Unternehmen in Deutschland verlangen demnach Bewerbungen per Internet. Falls das Unternehmen für die Online-Bewerbung ein spezielles Formular auf dessen Homepage anbietet, sollten Sie das auch nutzen – und zwar alle Felder und möglichst ausführlich. Um Tippfehler zu vermeiden und besser zu wirken, sollten Sie die entsprechenden Textbausteine bereits in Ruhe offline vorformulieren. Es schadet auch nicht, diese noch einmal gegenlesen zu lassen. Achtung übrigens bei Sonderzeichen! Das Euro-Symbol kann etwa bei Gehaltsvorstellungen zu unfreiwilliger Verwirrung führen, wenn die Programmversion des Empfängers ein anderes Zeichen daraus macht. Ebenso sollten Sie formatierte Dateien, wie Ihren Lebenslauf oder eingescannte Zeugnisse bereithalten. Quelle: dapd
Bewerbungen per E-MailBei der ebenfalls weit verbreiteten Form der E-Mail-Bewerbung sollten Sie, sofern nicht in der Stellenanzeige angegeben, beim Unternehmen nach dem richtigen Ansprechpartner für die E-Mail-Bewerbung und dessen Adresse fragen. Wie auch bei der Bewerbung auf Papier gilt: Verschicken Sie jede Bewerbung einzeln und individuell. Serienmails sind ein No-Go. Besonders wichtig bei der E-Mail-Bewerbung ist die Betreffzeile: Falls Sie sich auf eine konkrete Stellenanzeige bewerben, sollte der Betreff das Wort Bewerbung, den Job, auf den Sie sich bewerben sowie (falls vorhanden) die Kennziffer der Stellenanzeige enthalten. Bei einer Kaltbewerbungen sollte ebenfalls der Begriff Bewerbung fallen, gefolgt von einer persönlichen Anrede und einem Slogan. Reizwörter erhöhen die Chance, Interesse zu wecken und gelesen zu werden. Also nicht: "Bewerbung für einen Job", sondern konkret: "Meine Bewerbung als Vertriebsleiter / Ihre Anzeige". Und überfrachten Sie die E-Mail nicht: weder mit übergroßen Dateianhängen noch mit epischen Texten. Die Mail soll Ihrem Gegenüber Lust machen, die Anhänge, also Anschreiben und Lebenslauf, zu lesen. Dass Ihre eigene E-Mail-Adresse nicht HotGirl69@hotmail.com, sondern Vorname.Nachname@Provider.de. lauten sollte, ist wohl selbstverständlich. Quelle: dpa
Bewerbung per SmartphoneEin Trend, der sich 2013 verstärken dürfte, ist die Bewerbung mit dem Smartphone. Laut einer Studie der Universitäten Bamberg und Frankfurt findet es mehr als die Hälfte der Befragten gut, wenn Internet-Stellenbörsen und Online-Karriereportale Apps anbieten, über die nach offenen Stellen gesucht werden kann. 58 Prozent haben bereits mindestens einmal Stellenanzeigen oder Arbeitgeberinformationen per Smartphone oder Tablet aufgerufen. 46,5 Prozent begrüßen zudem ein entsprechendes Angebot von Unternehmen. "Die private Verbreitung von Smartphones ändert auch das Suchverhalten von Bewerbern", sagt Tim Weitzel, Autor der Studie. Und was liegt da näher, als sich auch per Smartphone zu bewerben? Firmen machen zumindest keinen Unterschied, mit welchem Gerät die Bewerbung abgeschickt wird. So gab jedes zweite der insgesamt knapp 60 Partnerunternehmen des Online-Jobportals JobStairs an, dass sie die mobile Bewerbung als gleichwertige Alternative zur Online-Bewerbung sehen. Unter diesen Unternehmen sind beispielsweise auch Siemens, die Hypovereinsbank und die Deutsche Bahn. Die Marketing und Software-Entwickler von Milch & Zucker aus dem hessischen Bad Nauheim haben allerdings festgestellt, dass sich bisher nur sieben Prozent der Jobsuchenden über ein mobiles Endgerät beworben haben. Nach oben ist also noch Luft für diese neue Bewerbungsform. Quelle: dpa
Bewerbung per Skype/VideoMittlerweile nutzen auch immer mehr Unternehmen die Möglichkeit, sich mittels Skype oder sonstiger Video-Tools ein erstes Bild vom Bewerber zu machen. "Wir skypen täglich mit unseren Bewerbern", erzählt auch Jela Götting von Adidas. "Das erspart uns die Reisekosten für die Anwärter, falls die sich beispielsweise aus den USA bei uns bewerben." Beim Video-Interview zeigt sich meistens, ob die wichtigsten Anforderungen vom Kandidaten erfüllt werden - wie beispielsweise Sprachkenntnisse oder die notwendige Ausbildungen. Das bedeutet natürlich für den Jobsuchenden, dass auch eine Bewerbung per Skype nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Vorbereiten sollte man sich darauf genauso wie auf ein Vorstellungsgespräch im Unternehmen. Quelle: dpa
Anonyme BewerbungAuch die anonyme Bewerbung - also die ohne Foto und vollständigen Namen - dürfte sich in diesem Jahr weiter durchsetzen. So konnte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bereits im April 2012 Erfolge mit der anonymisierten Bewerbung präsentieren: Chancengleichheit für alle, lautete das Fazit des Experiments. Dafür wurden über einen Zeitraum von zwölf Monaten insgesamt 8550 Bewerbungen ohne Name und Foto versandt. Knapp 1300 Personen wurden innerhalb des Projekts zu einem Eignungstest oder einem Vorstellungsgespräch eingeladen, 246 Personen erhielten daraufhin ein Jobangebot oder einen Ausbildungsplatz. Allerdings kann niemand sagen, ob die Bewerber nicht auch dann zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden wären, wenn sie das Anschreiben mit vollem Namen und Foto abgeschickt hätten. Quelle: Fotolia
Die richtige VorbereitungUnerheblich davon, wie Sie sich 2013 bei einem Unternehmen bewerben; einige Standards gelten immer und dazu gehört auch eine gründliche Vorbereitung. "Ich erlebe so oft, dass Bewerber nicht mal die Vorstände fehlerlos aufzählen können", erzählt Götting von Adidas. Dieses Wissen ist zwar erst im tatsächlichen Gespräch von Nöten, aber auch aus der Bewerbung sollte hervor gehen, dass sich der Bewerber mit dem Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle befasst hat und nicht nur anklopft, weil er Geld braucht. Ein Personalchef möchte wissen, was ein Bewerber kann und ob seine Fähigkeiten mit den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle übereinstimmen. Wer im Bewerbungsschreiben darauf eingeht und 08-15 Formulierungen vermeidet, kann sich positiv von der Masse abheben. Quelle: Fotolia
Fehler vermeidenMan kann es nicht oft genug wiederholen: Achten Sie auf Fehler im Anschreiben und im Lebenslauf! Wer sich im Anschreiben an Puma wendet und die Bewerbung an Nike adressiert, hat schon verloren. "Bei solchen Anschreiben haben Sie gleich keine Lust mehr, weiter zu lesen", sagt Götting. "Wer solche Bewerbungen einsendet, der zeigt ganz unverhohlen, dass er für die saubere und präzise Arbeit nicht geeignet ist." Auch Tippfehler werfen kein gutes Licht auf den Bewerber und wer den Namen des Unternehmens falsch schreibt, disqualifiziert sich sofort. Deshalb einfach das getippte Dokument jemandem zum Gegenlesen geben. Quelle: Fotolia

All das gehört zum sogenannten Employer Branding, also zum Aufbau einer Arbeitgeber Marke. Bei solchen Veranstaltungen wollen sich die Unternehmen allerdings nicht nur von ihrer Schokoladenseite zeigen, sondern auch die besten Teilnehmer ausmachen. Das Kalkül hinter einem Studentenwettbewerb erklärt der Leiter des Employer Brandings von Henkel, Jens Plinke, so "Ein Wettbewerb bietet uns viel mehr Möglichkeiten als nur ein Gespräch mit den Studenten", sagt er. "Wir sehen sie an mehreren Tagen, in verschiedenen Situationen und können mit ihnen zusammenarbeiten." Die Teilnehmer und damit die Zielgruppe beschreibt er so: "Sie sind kreativ und zeigen das auch. Sie sind gute Teamplayer, sie mögen den Wettbewerb, sie mögen die Herausforderung."

Die Herausforderung hat auch die deutsche Teilnehmerin Susann Tiffany Leuchtmann gesucht. Die Masterstudentin in Marketing und Management an der Copenhagen Business School hat schon mehrere Studentenwettbewerbe hinter sich. Bei der dänischen "ComCaseCompetition" löste sie eine Fallstudie für die Brauerei Carlsberg und erreichte damit den zweiten Platz, beim Wettbewerb "Reveal" des Kosmetikkonzerns L'Oreal ging sie in Dänemark als Siegerin hervor.

Im Alltag fehlt der Glamourfaktor

Die Vorteile dieser Events liegen für sie auf der Hand: "Zum Zeitpunkt der Bewerbung können Studenten ihre Fähigkeiten in Sachen Analyse, Logik und Kreativität unter Beweis stellen und erweitern", sagt sie. "Eine Stufe weiter kommen noch Präsentations-, Rhetorik- und Netzwerkfähigkeiten hinzu." Gerade beim Henkel-Event in Shanghai konnte sie viele Kontakte zu internationalen Studenten und Henkel-Managern knüpfen. "Letztere sind natürlich auch hilfreich, wenn man eine Karriere nach dem Studium bei Henkel erwägt."

Stefanie Zimmermann vom Staufenbiel-Institut sieht solche Recruiting-Events jedoch auch skeptisch. "Die Studenten fühlen sich natürlich hofiert, wenn sie nach Shanghai oder auf ein Segeltörn im Mittelemeer eingeladen werden", sagt sie. "So sieht der Arbeitsalltag aber meist nicht aus, da fehlt der Glamourfaktor, den die Events vorgeben."

Vorteile für beide Seiten

Susann Tiffany Leuchtmann fühlt sich von den Firmen nicht getäuscht. "Wenn mich Henkel zu einer Innovation Challenge nach Düsseldorf oder Shanghai einlädt oder L'Oréal und Carlsberg etwas ähnliches tun, dann bin ich mir als erfahrene Masterstudentin bewusst, dass sich das Unternehmen von seiner besten Seite zeigen wird und mich im besten Fall auch für sich gewinnen will", sagt sie. Das sei legitim und zum Vorteil für beide Seiten. "Wenn ich lernen möchte, wie der Unternehmens- und Arbeitsalltag aussieht, mache ich Praktika und nehme nicht an Wettbewerben teil."

Am Ende könnten sogar die Studenten mehr von den Veranstaltungen profitieren als die Unternehmen selbst: Der Düsseldorfer Werbefachmann Hubert Hundt bemängelt die niedrige Reichweite und die hohen Ausgaben von Recruiting-Events. "Für gesuchte Top-Talente werden da sehr hohe Summen pro Teilnehmer investiert - und das oft ohne die Gewähr, diese Talente hinterher auch rekrutieren zu können.", sagt der Leiter der Strategischen Planung der Werbeagentur Castenow. Seine auf Employer Branding spezialisierte Agentur setzt stattdessen auf allgemeine Strategien, um Arbeitgeber-Marken aufzubauen.

Angestellte transportieren das Marken-Image

Wie man ein erfolgreiches Praktikum macht
Warum ein Praktikum? Das Praktikum ermöglicht einem, das spätere Berufsfeld genauer kennenzulernen und das Fachwissen zu vertiefen. Vielleicht möchte man auch die endlich weg von den Büchern und erleben, wie sich Theorie in Praxis verwandelt. So zumindest sieht es eine Mehrheit der Praktikanten laut dem Praktikantenbericht 2012 (erhoben von meinpraktikum.de), der auf über 5.500 Bewertungen auf meinpraktikum.de basiert. Wichtig: Wer ein Praktikum macht, der sollte vom ersten Tag an mit vollen Herzen dabei sein. Sich vorbereiten, stets nach Aufgaben suchen und Mitarbeiter nach Hilfe ansprechen, selbst Hilfe anbieten und fleißig kluge Fragen stellen - ein erfolgreiches Praktikum hängt vor allem vom persönlichen Einsatz ab. So vermeidet man im Übrigen auch, dass man nur zum Kaffee kochen abgestellt wird. Quelle: Fotolia
GeldLaut Praktikantenreport bekommen 40 Prozent der Praktikanten keine Vergütung. Das hat Folgen, nicht nur für den Geldbeutel. Je weniger Geld man erhält, desto weniger zufrieden wird man sein - auch wenn der Lerncharakter zunächst einmal im Vordergrund steht. 290 Euro erhalten laut Report die deutschen Praktikanten im Schnitt. Hier ist es wichtig sich im Voraus klar zu machen, in welcher Branche man Praktika machen möchte: Die Branchen Gesundheit, öffentlicher Dienst und Bildung sind knausrig; Unternehmensberatungen oder Firmen im Multimedia/Internet-Bereich dagegen nicht. Vorsicht beim öffentlichen Lästern wegen Unterbezahlung - wenn der Praktikant mit keiner Erfahrung irgendwo andockt, muss der Unternehmer ihn erst einmal einarbeiten. Quelle: Presse
Arbeitszeit pro TagIm Schnitt sind Praktikanten bis zu acht Stunden im Büro. Doch wenn sie länger arbeiten, heißt das nicht, dass sie automatisch unglücklicher sind. Der Grund: Vielleicht gibt es ein oder zwei Aspekte bei einem Projekt, die man vertiefen möchte - und das geht nur, wenn man zwei oder drei Tage länger im Büro sitzt. Dann sollte man das auch machen. Ein gutes Ergebnis verschafft auch mehr Zufriedenheit. Zudem: Praktikanten, die stur Dienst nach Vorschrift machen, fallen nicht immer positiv auf. Doch das gilt nicht nur im Praktikum. Quelle: Fotolia
PraktikumsdauerIm Schnitt dauert laut Praktikantenreport ein Praktikum zehn Wochen. Viel kürzer sollte ein Praktikum nicht sein - bei kürzerer Zeit ist man in der Regel nicht zufrieden - auch der Arbeitgeber nicht. Beide Seiten können sich nicht richtig kennenlernen, und der Praktikant kommt selten dazu, sein Können unter Beweis zu stellen. Quelle: dpa
PraktikumsartSchülerpraktika sind in der Regel kurz und nicht bezahlt. Zudem sind sie vorgeschrieben. Hochschulpraktikanten und Werkstudenten können hingegen länger in ein Unternehmen reinschnuppern und auch mehr Geld verdienen. Zudem ist dann der Lerneffekt im Praktikum größer. Quelle: dpa
Die richtig Branche wählenDiese Frage hängt sowohl mit den Vorkenntnissen, bzw. dem Studienfach, das man belegt, als auch mit den Berufszielen zusammen, die man verfolgt. Vielleicht hilft diese Orientierung - zumindest in Bezug auf die Zufriedenheit: Die Branchen Konsumgüterindustrie, Versicherungen, Telekommunikation und Internet/Multimedia sind laut Praktikantenreport besonders beliebt. Das hängt mit den Aufgaben zusammen, die man hier als Praktikant vorgesetzt bekommt. Weniger beliebt sind da der Maschinenbau, der Gastronomiebereich und der öffentliche Sektor. Grund: Die Bezahlung soll nicht gut sein, und der Lernerfolg gering. Im Maschinenbau bemängelt eine Mehrheit der Befragten, dass Mitarbeiter nicht besonders geschätzt werden. Quelle: ZB
Praktikum im Ausland? Grundsätzlich gilt: Nur wenn es im Studium vorgeschrieben ist, sollte man ein Praktikumsabenteuer im Ausland wagen. Man darf nicht den organisatorischen Aufwand unterschätzen: Unterkunft, Praktikumsplatz, Kosten der Anreise. Ist das Auslandspraktikum von der Hochschule vorgeschrieben, dann kann man mit Netzwerken und Hilfe bei der Planung rechnen. Und nur wenn es sinnvoll ist, sollte man den kurzen Sprung ins Ausland wagen. Beispiel Jurastudent: Ein dreimonatiger Aufenthalt bei einer internationalen Anwaltskanzlei in Paris oder London mag sinnvoll sein, wenn es zum Berufszielen des Kandidaten passt. Bafög kann man für die Zeit auch beantragen, wenn man schon während des Studiums Bafög bezieht. Quelle: dpa

Das Hauptanliegen dabei sei es, intern die jeweiligen Mitarbeiter als Botschafter der Arbeitgebermarke zu mobilisieren. "Vor allem die Mitarbeiter selbst müssen hinaustragen, was für ein guter Arbeitgeber ihr Unternehmen ist", sagt Hundt. Das machen sie etwa in TV Spots, als Blogger in sozialen Medien oder ganz privat in ihrem sozialen Umfeld. 2007 erarbeitete die Agentur erstmals eine solche Kampagne für McDonald's, mittlerweile macht Arbeitgeber-Kommunikation die Hälfte ihres Umsatzes aus. Außer McDonald's gehören heute auch die Kölner Rewe-Gruppe, die Targobank und verschiedene Mittelständler zu Castenows Kunden.

Auf solche Kampagnen setzen allerdings auch Unternehmen, die Karriere-Events anbieten: Im Karrierebereich der Henkel-Homepage stellen etwa Mitarbeiter sich und ihre Arbeit in Videos vor.  Und auch bei seinem Studentenwettbewerb sind es letztlich die Manager vor Ort, die die Arbeitgebermarke transportieren. Henkels Employer-Branding-Manager Jens Plinke kann den Zweifel am Effekt solcher Veranstaltungen nicht nachvollziehen. Er sagt, immer mehr ehemalige Teilnehmer der Innovation Challenge finden ihren Weg ins Unternehmen: "Viele haben erst noch ihren Master gemacht oder zunächst zum Beispiel im Consulting gearbeitet, bevor sie zu Henkel gekommen sind." Deshalb zeigten sich die Resultate zum Teil auch noch einige Jahre später.

"You're hired!"

So hat der Vorjahressieger Marco Cheung aus China bereits ein Praktikum in der Düsseldorfer Zentrale absolviert und führt derzeit sein Wirtschaftschemie-Studium in Hongkong fort.

Als International Marketing Manager für Wasch- und Reinigungsmittel arbeitet heute Marin Schürmann im Unternehmen, die die Henkel Innovation Challenge von 2009 gewonnen hat. Benedikt Feuchtmüller hat ein Jahr darauf an dem Wettbewerb teilgenommen und ist heute Markenmanager für Klebstoffte für die Region Zentral- und Osteuropa.

Welche Möglichkeiten den Teilnehmern offen stehen, machte in Shanghai der Asienchef von Henkels Klebstoff-Sparte, Michael Olosky, deutlich. Nach den Präsentationen der Studenten im Kongresszentrum schreitet er auf die Bühne und eröffnet seine Abschlussrede mit den Worten: "You're hired!"

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