Im vergangenen Jahr hat eine Gallup-Studie in vielen Unternehmen für Aufregung gesorgt: Das Meinungsforschungsinstitut zeigte nämlich, dass sich nur 15 Prozent der deutschen Arbeitnehmer an ihr Unternehmen gebunden fühlen. Heißt: 85 Prozent sind nicht bereit, sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen. Autsch.
Nun könnte man meinen, dass jeder Personalchef und jeder Vorgesetzte in der Konsequenz alles daran gesetzt hat, dass die innerlich Gekündigten wieder Vertrauen zu ihrem Arbeitgeber fassen. Theoretisch hätten die deutschen Arbeitnehmer im vergangenen Jahr mit Geschenken, Gehaltserhöhungen, flexiblen Arbeitszeiten und Wohlfühlatmosphäre zugeschüttet werden müssen. Dem ist aber offenbar nicht so.
Eine aktuelle Arbeitsmarktstudie des Personalunternehmens Orizon zeigt nämlich: so viel hat sich gar nicht getan. 24,3 Prozent aller Arbeitnehmer sind unzufrieden und suchen aktiv nach einer anderen Stelle. Bei den Beschäftigten in unbefristeter Festanstellung suchen 19,9 Prozent nach einem Job, der besser zu ihnen passt - oder der schlicht weniger frustrierend ist.
Worauf die Deutschen bei einem neuen Job Wert legen
97 Prozent der 2014 von forsa befragten 2.001 Bundesbürger sagten, dass sie bei einem neuen Job sehr viel Wert auf angenehme Kollegen legen.
Nur knapp dahinter folgt der sichere Arbeitsplatz, den 96 Prozent als sehr wichtig erachten.
95 Prozent wünschen sich Respekt und Anerkennung durch die Vorgesetzten.
Ein gutes Gehalt ist 93 Prozent wichtig beziehungsweise sehr wichtig.
90 Prozent wünschen sich von der neuen Stelle, dass sie abwechslungsreiche Tätigkeiten mit sich bringt.
Für 89 Prozent ist es wichtig bis sehr wichtig, dass der neue Job unbefristet ist.
88 Prozent der Befragten sagten, dass ihnen die Moralvorstellungen und das Leitbild des Unternehmens wichtig sind. Ebenfalls 88 Prozent legen sehr großen Wert darauf, dass sie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im neuen Unternehmen haben.
Flexible Arbeitszeiten wünschen sich 70 Prozent im neuen Job.
Wichtig beziehungsweise sehr wichtig finden 65 Prozent Mehrwertleistungen des Unternehmens wie beispielsweise eine Betriebsrente, Mitarbeiterrabatte oder einen Dienstwagen.
64 Prozent wünschen sich, im neuen Unternehmen für besonders gute Leistungen auch Bonuszahlungen zu bekommen.
59 Prozent wünschen sich im neuen Job Führungsverantwortung zu übernehmen, zumindest aber, Projektleiter zu werden.
Die Gründe für die schlechte Stimmung sind dabei vielfältig: Vom jähzornigen Chef über fehlende Aufstiegschancen bis zu monotonen Aufgaben ist alles dabei. "Die zunehmende Befristung von Stellen – selbst im Öffentlichen Dienst – verunsichert die Arbeitnehmer. Sogar wenn die Möglichkeit auf einen Anschlussvertrag besteht, schaut sich ein Arbeitnehmer mit Weitblick nach anderen Optionen um", sagt Dieter Traub, Geschäftsführer von Orizon. Dem wollen viele entfliehen. Dissonanzen im sozialen Gefüge und das Betriebsklima seien weitere Faktoren.
Pfälzer ohne Abschluss besonders unzufrieden
Wenig verwunderlich stellen diejenigen, die keinen beruflichen Bildungsabschluss besitzen, die größte Gruppe der unzufriedenen Jobsucher. Von ihnen suchen 30,5 Prozent eine neue Beschäftigung, weil sie mit der alten nicht zufrieden sind. Doch auch unter Akademikern ist die Unzufriedenheit groß. 23,8 Prozent der Umfrageteilnehmer mit einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss sind derzeit aktiv auf der Suche nach einer neuen beruflichen Anstellung.
Sechs Tipps für Jobsucher
Nicht nach Jobs im "kaufmännischen Bereich" suchen, sondern die exakten Berufsbezeichnungen benutzen, zum Beispiel Industriekaufmann oder Controller.
Der Controller kann auch unter Finanzbuchhalter laufen, der Key-Account-Manager heißt mitunter Großkundenbetreuer.
Auf den meisten Portalen können Jobsucher kostenlose Profile mit ihrem Lebenslauf anlegen. Das ist zwar mühsam und erfordert regelmäßige Aktualisierungen – doch dadurch landen sie in einem Bewerberpool, auf den die Unternehmen zugreifen.
Suchkriterien lassen sich speichern, so bekommen Jobsuchende passende Jobangebote auf ihr Smartphone geschickt. Laut Crosspro-Umfrage machen das derzeit allerdings nur 0,6 Prozent aller Bewerber.
Laut Crosspro-Studie sind kurz vor Ende der Woche die wenigsten Arbeitnehmer in den Jobbörsen unterwegs.
Neben den spezialisierten Jobbörsen sollten Bewerber auch bei den Branchenführern nachgucken – sowie regelmäßig auf den Seiten der Unternehmen. Denn dort veröffentlichen sie viele Stellen zuerst.
Regional gibt es allerdings Unterschiede: Während in Thüringen nur 19,1 Prozent auf der Suche nach neuen beruflichen Möglichkeiten sind, sind es in Rheinland-Pfalz 31 Prozent. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg folgen auf den Plätzen zwei und drei mit 29,9 Prozent und 29,2 Prozent unzufriedenen Jobsuchern.
Zwischen den Geschlechtern gibt es dagegen nur minimale Unterschiede. Die weiblichen Beschäftigten suchen zu 24,4 Prozent nach neuen beruflichen Möglichkeiten und liegen damit 0,2 Prozent über den Männern. Nur bei den Altersgruppen gibt es noch deutliche Unterschiede: Während bei den 20- bis 29-Jährigen 34,4 Prozent nach neuen Herausforderungen suchen, sind es bei den 40- bis 49-Jährigen nur noch 23,6 Prozent. Die Arbeitnehmer über 50 haben sich offenbar mit drögen Jobs und nervenden Kollegen abgefunden. Von ihnen suchen nur noch 16,8 Prozent ihr Heil in einem neuen Job.