Jobsuche Die Lieblingslügen der Headhunter

Headhunter sind Personalberater, die Kandidaten direkt ansprechen, also keine Annoncen im Internet oder in Zeitungen schalten. In der modernen Wirtschaft sind sie unentbehrliche Dienstleister. Die in dieser Branche erforderliche Diskretion wird von ihnen allerdings gern dazu benutzt, eine geheimnisvolle Aura um sich zu schaffen. Dabei werden auch Illusionen für den Markt aufgebaut.

"Unser Honorarumsatz ist wieder gestiegen": Seitdem sich die Ranking-Manie verbreitet hat, will jeder Headhunter in der Spitze vertreten sein. Da aber überhaupt kein einheitlicher Maßstab für den Umsatz existiert, rechnet man sich eben schön. Teilweise werden Umsatzsteuer mit eingerechnet, oder häufig auch durchlaufende Posten wie die Reisekosten und andere. Einige Berater verführt dieser Wettbewerb sogar zu direkten Fälschungen der Umsätze. Der absolute Umsatz sagt gar nichts aus. Es gibt kleine Berater mit Umsätzen von beispielsweise nur einer Million, die aber auf eine Branche spezialisiert sind und diese Branche besser kennen als jede große Beratungsgesellschaft. Große Gesellschaften haben zwei erhebliche Vorteile. Zum einen sind dies ihr Bekanntheitsgrad und zum anderen ihre Internationalität. Quelle: Fotolia
"Ich bin auf diese Branche spezialisiert." In der Tat gibt es zahlreiche Spezialisierungen unter den Headhuntern. Dies muss aber dem Klienten nicht unbedingt etwas nützen. Je spezialisierter ein Headhunter ist, desto mehr Kunden benötigt er in einer Branche, um auf seinen Umsatz zu kommen. Damit ist sein Suchfeld weitaus kleiner, als bei einem nicht spezialisierten Berater. Der betreut nur einen einzigen großen Kunden in einer Branche, weil er in mehreren Branchen zu Hause ist. Der Kunde muss immer selber die Vertrauenswürdigkeit eines Beraters beurteilen. Für bestimmte Suchfelder, wie spezialisierte Techniker oder Vertriebsleute kann die Kenntnis der Branche eine erhebliche Rolle in der Beratung spielen. Für die Suche nach Generalisten oder Finanzer ist sie weniger relevant. Quelle: Fotolia
"Wir besetzen nur Top-Managementpositionen". Die Anzahl der Vorstands- oder Geschäftsführerpositionen in Unternehmen über 500 Mio. € Umsatz ist sehr begrenzt. Zudem ist dieser Markt hart umkämpft Aber zahlreiche Headhunter wollen sich trotzdem mit dieser Aura schmücken. In Wirklichkeit leben auch sie zum größten Teil vom Brot- und Buttergeschäft der Positionen zwischen 100.000 und 250.000 €. Quelle: dpa
"Mein Mindesthonorar beträgt 90.000 Euro". Auch dies ist eine der schmückenden Legenden von Headhuntern. Tatsächlich versuchen die Chefs der großen internationalen Headhunting-Organisationen Mindesthonorare gegenüber ihren Klienten durchzusetzen. Der einzelne Berater muss aber einen hohen persönlichen Umsatz erzielen, da davon wesentlich seine eigene Vergütung abhängt. Deshalb werden zahlreiche Tricks angewendet, um Mindesthonorar zu umgehen, wie z.B. umfangreiche Rahmenverträge. Quelle: Fotolia
"Ich habe nur fest angestellte Researcher". Das Geschäft eines Headhunters ist volatil. Ausschläge im Umsatz nach oben und unten innerhalb eines Jahres sind normal. Würde die Mitarbeiterausstattung auf die Umsatzspitzen ausgerichtet sein, wären die Personalkosten für jede Organisation viel zu groß. Deshalb arbeitet jeder Headhunter von Zeit zu Zeit auch mit externen Researchern zusammen. Zudem ist die Fluktuation bei den festangestellten Researchern relativ hoch und so schnell läßt sich auch in dieser Branche nicht Ersatz finden. Quelle: Fotolia
Doch nicht nur gegenüber den Auftraggebern wird geschummelt. Auch diejenigen, die vermittelt werden sollen, dürfen sich einiges anhören. Zum Beispiel: "Ich rufe Sie in jeden Fall zurück." Nur sehr wenige Headhunter können dieses Prinzip tatsächlich einhalten. Und dies auch meist nur dann, wenn das Geschäft nicht gerade explodiert. Headhunter, die gut im Geschäft sind, haben an den Wochenenden häufig 20 bis 30 Telefonate zu führen. Selbst bei bestens geführten Unterlagen können nicht alle Kandidaten gleichermaßen behandelt werden. Präferierungen sind immer unangenehm, aber sogar bei guten Headhuntern manchmal unumgänglich. Quelle: Fotolia
"Sie sind gut im Rennen, haben Sie noch etwas Geduld". Manchmal stockt ein Suchprozess tatsächlich, weil der Kunde mehr Zeit benötigt. Zumeist jedoch hat diese Aussage einen anderen Hintergrund. Sie ist ein Hinweis darauf, dass ein anderer Kandidat besser im Rennen ist. Der Headhunter will vor einer endgültigen Absage an den Zweitplazierten abwarten, ob der erstplatzierte Kandidat vom Kunden auch tatsächlich genommen wird und dann auch tatsächlich seinen Vertrag unterschreibt. Quelle: Fotolia
"Sie werden in ein Top-Unternehmen kommen mit besten Karriereaussichten." Die allermeisten Unternehmen in Deutschland sind Unternehmen im Mittelfeld. Sie können Top-Unternehmen sein, aber bei den allermeisten der zu besetzenden Positionen sind die Karrieremöglichkeiten arg eingeschränkt, denn die Luft nach oben wird bekanntlich immer dünner. Ein Kandidat sollte sich niemals auf die Aussagen des Headhunters verlassen, sondern im Gespräch mit dem Unternehmen selber die Fragen stellen, von denen er seine Entscheidung abhängen machen will. Quelle: Fotolia
"Ich werde Sie nach der Platzierung auch weiterhin betreuen!" In der Regel betreut ein Headhunter nur diejenigen Kandidaten, von denen er sich auch ein zukünftiges Geschäft verspricht. Alle anderen Manager bleiben mehr oder weniger in den Tiefen der Datenbanken versunken. Erst wenn der Headhunter einmal Informationen benötigt, oder Schwierigkeiten hat, eine Position zu besetzen, dann erinnert er sich wieder an den Kandidaten. Quelle: Fotolia
"Leider sind Sie nur zweiter Sieger geworden, aber das lag nicht an Ihnen, sondern war reiner Zufall." Das ist immer eine glatte Lüge, weil der Headhunter sich scheut, dem Kandidaten offen zu sagen, welche Persönlichkeitsdefizite dieser hat. Dies liegt nicht daran, dass manche Kandidaten die Wahrheit nicht vertragen können, sondern zuerst daran, dass der Headhunter keine psychologische Beratungsstelle ist. Zudem bringt seine Profession eine extreme Scheu vor Konflikten mit sich. Quelle: Fotolia
Der Autor, Klaus Leciejewski, ist selbst Headhunter und Inhaber von KDL Consulting in Köln. Der ehemalige Hochschullehrer war außerdem in führender Position für die Deutsche Bank AG tätig.
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