Kündigungstipps für Vorgesetzte Wie Sie kündigen ohne ihr Gesicht zu verlieren

Weder Mitarbeiter noch Manager sind auf die neue Entlassungswelle vorbereitet. Auch für viele Vorgesetzte sind Kündigungen eine ungeliebte und kaum geübte Aufgabe. Wie Sie damit am besten umgehen und Fehler vermeiden.

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Arbeitgeber können trotz Entlassungen die Reputation wahren Quelle: Christoph Niemann

Zwischen Bewahrung und Bewährung liegt nur die orthografische Bagatelle zweier Pünktchen, manchmal sind es nur Sekunden. Holger Krantz (*Name geändert) weiß das inzwischen. Der Bankmanager leitete eine Abteilung von 150 Mitarbeitern. Dann wurde er zu seinem Chef gerufen: „Herr Krantz, es tut uns leid“, teilte der ihm mit, „aber von Ihren 150 Leuten werden 150 gehen. Sie haben sechs Wochen Zeit, entsprechende Vereinbarungen zu treffen.“

Sechs Wochen. Das gesamte Team feuern. Für Krantz brach eine Welt zusammen. Zweieinhalb Tage habe er mit sich gerungen: „Was soll ich tun? Den Leuten kündigen, einem nach dem anderen: Du bist gefeuert – Nächster bitte? Oder hingehen und sagen, Abbau gerne, aber ohne mich!“ Am Ende machte er den Job, „weil es mir persönlich wichtig war, dass ich es tue, als deren Boss“, sagt er. Es blieben dennoch qualvolle Wochen, eine Bewährungsprobe, vor der er am liebsten bewahrt worden wäre. Zum Schluss schlief Krantz kaum noch, bekam gesundheitliche Probleme. Und nahm schließlich selbst seinen Hut.

Die Zeiten sind turbulent, die Zeitungen voll mit Horrormeldungen. Der britische „Guardian“ erklärte den 26. Januar bereits zum schwärzesten Tag in der Geschichte des Arbeitsmarktes. Rund 80.000 Menschen hätten an diesem Montag ihren Job verloren oder seien von Kündigung bedroht – so viele wie noch nie in der derzeitigen Krise. Gleichzeitig besitzt ein Drittel der Unternehmen nicht mal ein tragfähiges Konzept, um in der Lage zu bestehen, so eine Studie der Strategieberatung Booz & Company. 40 Prozent der Manager unterhalb der CEO-Ebene sprechen ihren Bossen die Krisenkompetenz ab, 46 Prozent bezweifeln gar, dass deren Maßnahmen umsetzbar sind.

Die Wirtschaftskrise – sie ist längst auch eine Vertrauenskrise. Und der zunehmende Personalabbau verbessert die Lage kaum. Zumal: Wirklich sicher ist kein Job.

Kündigen bleibt ein ungeliebter Job, weshalb die betriebliche Demission häufig einer frostigen Verbannung in die Diaspora gleicht. Keine Erklärungsversuche, keine Perspektiven, allenfalls ein sprachsteriles Bedauern. „Dabei sollte das Ausscheiden ein ebenso normaler Prozess im Management‧alltag sein wie Einstellungen und Beförderungen auch“, sagt Heike Cohausz, Geschäftsführerin bei der Outplacement-Beratung von Rundstedt & Partner.

Doch das ist er bis dato nicht. „Ausgerechnet an dieser wichtigen Stelle herrscht oft Dilettantismus auf allen Ebenen“, wundert sich auch Laurenz Andrzejewski, Trennungsberater aus Usingen, der darüber einen Bestseller geschrieben hat. So zeigt eine aktuelle Kienbaum-Umfrage, die die Personalberatung exklusiv für die WirtschaftsWoche durchgeführt hat: Nahezu jeder fünfte Manager wird auf diese Aufgabe gar nicht vorbereitet, das Gros von 63 Prozent wird lediglich grob durch die Personalabteilung aufgeklärt, zwölf Prozent bekommen einen Leitfaden in die Hand gedrückt.

Was viele verkennen: Entlassungen sind Teil der Unternehmenskultur wie der Personalentwicklung. Schwierige Gespräche zu führen ist eine kontinuierliche Managementaufgabe, was gleichfalls bedeutet, dass Führungskräfte schon vorher wahrhaftig mit ihren Rückmeldungen umgehen müssen. Wohl kaum etwas untergräbt ihre Glaubwürdigkeit mehr, als einem Mitarbeiter jahrelang Boni zu zahlen und seine Leistungen zu loben, um ihm bei der Trennung zu offenbaren, dass man ihn schon immer für eine Null gehalten hat.

Manager fürchten Imageschäden - und trotzdem tun sie nichts dagegen

So werden Manager darauf vorbereitet, Mitarbeiter zu entlassen

Sicher, Kündigungsgespräche sind Ausnahmesituationen. Vielen fehlt dabei zwangsläufig die Routine. Doch wer in der Trennungsphase stümperhaft mit seiner Belegschaft umgeht, riskiert nachhaltige Blessuren am Firmenimage.

Es ist geradezu zynisch, dass 64 Prozent der Manager laut Kienbaum-Befragung Imageschäden am meisten fürchten – und trotzdem nichts dagegen tun. Mit gravierenden Folgen: Ganz oft führt Fehlverhalten bei Kündigungen zu erhöhter Fluktuation, dem sogenannten Survivor-Syndrom. Im schlimmsten Fall kündigen dann ausgerechnet jene Mitarbeitern, mit denen man eigentlich die Zukunft gestalten wollte.

Das Dilemma trifft vor allem Manager der mittleren Ebenen, die die Kündigungen exekutieren müssen. Machen sie Fehler, leidet ihr Ansehen und das des Unternehmens; machen sie alles richtig, ernten sie auch keinen Beifall. Die Folge: Die Chefs ducken sich weg, werden einsilbig oder schweigen völlig. Fatal! Denn jedes Informationsvakuum fördert den Flurfunk und forciert weitere Unruhe.

Der erste Schritt in die richtige Richtung ist deshalb eine solide Vorbereitung. Heißt: Alle Informationen über den Betroffenen einholen, nicht nur die Personalakte, sondern auch Betriebsvereinbarungen oder Sozialpläne. Selbst scheinbare Nebensächlichkeiten wie eine Bahncard oder Bonusmeilen gehören dazu. Wer etwa im Kündigungsgespräch auf Rückfragen des Mitarbeiters, ob er diese privat weiternutzen darf, nur mit den Achseln zuckt, „gibt ein armseliges Bild ab“, sagt Andrzejewski.

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