Online-Assessment-Center Was taugen reine Online-Assessments?

Nach dem Online-Psychotest kommt die Absage: Die Bewerberin sei zu schüchtern und habe kein Selbstbewusstsein. Wie aussagekräftig Online-Tests sind und warum Ihnen Ihre Selbsteinschätzung um die Ohren fliegen kann.

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Online Assessments: Wie Aussagekräftig sind Bewerbungstests im Netz? Quelle: dpa, Montage

Viele Unternehmen setzen auf Online-Assessment-Center: Für die Personalabteilungen großer Konzerne mit vielen Bewerbern ist das eine enorme Arbeitserleichterung. Statt alle Kandidaten einzubestellen, werden diejenigen mit einem vielversprechenden Anschreiben und Lebenslauf erst einmal zu einem Online-Test geladen. Den können sie absolvieren, wann immer sie Zeit dazu haben. Wer besteht, kommt in die nächste Phase – in der Regel geht es dann zum Telefoninterview oder ins persönliche Gespräch.

Ungeeignete Kandidaten werden ausgesiebt. So wie Ulrike Weber (Name von der Redaktion geändert). Sie studiert Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Marketing und Management in Wuppertal, gibt planmäßig im August 2016 ihre Masterarbeit ab. Ihre Bachelorarbeit wurde mit der Note 1,8 bewertet. Wie viele andere Studenten ist sie schon jetzt auf der Suche nach einem Job: Sie geht zu Karrieremessen, hat sich bei einem Handelsunternehmen beworben, bei der Bundeswehr – und bei DHL.

Mitte Februar bewarb sie sich auf eine Trainee-Stelle bei dem Logistiker. „Wer im Studium und im Rahmen von Praktika exzellente Leistungen gezeigt hat, verdient einen außergewöhnlichen Berufsstart“, wirbt das Unternehmen auf der Website um potenzielle Nachwuchskräfte. Diesen Talenten bietet DHL mit seinem Trainee-Programm Grow "18 Monate, in denen wir Sie auf verantwortungsvolle Aufgaben in unserem Konzern vorbereiten – und beim internationalen Programm ist der Auslandseinsatz inklusive.“

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Sind Sie kontaktfreudig? Ich stimme voll zu

Weber bewarb sich, ihr Lebenslauf und ihre Noten überzeugten. Sie bekam eine Einladung für das Online-Assessment-Center. 90 Minuten dauerte der Test, den sie zu Hause an ihrem Computer absolvierte. Er bestand aus einer Logikaufgabe, zwei Matheaufgaben, einer Prozessaufgabe, einem Anagramm-Test – und einem Psychotest.

Bei Letzterem sollten sich die Teilnehmer zunächst selbst einordnen, wie wichtig ihnen verschiedene Werte sind und inwiefern sie Aussagen zustimmen. Im nächsten Schritt sollten sie sich in Piktogramme hineinversetzen und ihnen Aussagen zuordnen, wie beispielsweise: „Hier kann ich glänzen“ oder „Hier kann ich Kontakte knüpfen“.

Am 16. März kam dann die Absage vom Grow-Team:

„Sehr geehrte/r Ulrike Weber,

[...] Wir haben hohe Erwartungen an die Teilnehmer/innen [...] und stellen daher sehr hohe Anforderungen. Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass nach der Gesamtbewertung Ihrer Bewerbungsunterlagen und der Ergebnisse aus dem Online-Assessment unsere Erwartungen nicht vollständig erfüllt wurden, sodass wir Ihre Bewerbung im weiteren Prozess leider nicht berücksichtigen können. [...]“

Logik: 1, Selbstvertrauen: 6

Eine Absage, wie sie wohl täglich Hunderte in ihren Briefkästen oder E-Mail-Ordnern vorfinden. Weber war allerdings erstaunt, als sie sich die Auswertung ihres Tests genau ansah. Sie schnitt in drei von vier Kategorien des Testbereichs "Wirtschaftlich denken und handeln" weit überdurchschnittlich ab:
In der Kategorie Problemlösefähigkeit schnitt sie besser ab als 98 Prozent der anderen Teilnehmer. Im Prozessdenken war sie besser als 88 Prozent der Konkurrenten. Auch in der Verarbeitungsgeschwindigkeit lag sie vor 69 Prozent der Mitbewerber. Eigentlich eine Traummitarbeiterin: schnell, analytisch, lösungsorientiert.

Ganz anders sah es in den Kategorien Leistungsmotivation und Selbstvertrauen aus. Bei der Leistungsmotivation schnitt sie schlechter ab als 86 Prozent der anderen, in der Kategorie Selbstvertrauen schnitt sie sogar schlechter ab als 97 Prozent der Konkurrenten.

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