Studie Vorurteil entkräftet: Hartz-IV-Empfänger sind nicht faul

Hartz IV-Empfänger sind faul, antriebslos und unsozial - eine neue Studie räumt mit diesen weitverbreiteten Vorurteilen auf. Demnach sind Arbeitsuchende genauso fleißig und motiviert wie Berufstätige. Doch Unterschiede zwischen ihnen gibt es trotzdem.

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Schild Hartz IV Quelle: dpa

Vor über zehn Jahren erzürnte ein Mann die ganze Republik. Der Hamburger Arno Dübel erzählte in einer Talkshow aus seinem glücklichen Leben als Hartz IV-Empfänger und darüber wie „blöd“ es doch sei zu arbeiten. Dadurch wurde er berühmt, Schlagzeilen wie „Deutschlands frechster Arbeitsloser“ besorgten ihm einen Plattenvertrag, zahlreiche TV-Auftritte und lieferten scheinbar einen Beweis für ein weitverbreitetes Vorurteil: Arbeitslose sind faul. An dieser Meinung hat sich seitdem nicht viel geändert. Vor knapp zwei Jahren gab die Bundesagentur für Arbeit eine Umfrage in Auftrag: Das Image von Hartz IV-Empfängern in Deutschland sollte untersucht werden. Das Ergebnis war denkbar schlecht: So glaubten über 55 Prozent der Deutschen, dass sich Arbeitslose nicht aktiv um einen neuen Job bemühen. Jeder dritte Bundesbürger war sogar der Meinung, dass Hartz IV-Empfänger gar nicht arbeiten wollen.

Jetzt hat die Uni Bochum eine neue Studie veröffentlicht, in der sie genau diese Vorurteile entkräftet. Für die Studie wurden Fragebogen von über 400 Personen ausgewertet. Knapp die Hälfte der Teilnehmer waren Hartz IV-Empfänger des Jobcenter im bayerischen Kaufbeuren, bei der anderen Hälfte handelte es sich um Berufstätige, darunter vor allem Sachbearbeiter und Fachkräfte. Für die Studie wurden 17 berufsrelevante Persönlichkeitsmerkmale abgefragt und ausgewertet, von der Belastbarkeit über die Flexibilität bis zur Gewissenhaftigkeit.

Das Ergebnis: Arbeitssuchende sind nicht fauler, antriebsärmer oder weniger sozial als ihre Mitmenschen mit Job. Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen Berufstätigen und Arbeitssuchenden im Bezug auf die Motivation, der sozialen Kompetenz oder der Begeisterungsfähigkeit. Und auch wenn es um Durchsetzungsstärke oder das Selbstbewusstsein geht, konnten keine Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen festgestellt werden. „Das war schon überraschend, dass wirklich keines der Vorurteile wissenschaftlich bestätigt wurde“, sagt die Autorin der Studie, Rebekka Schulz.

Doch ein paar Unterschiede gibt es dann doch. Zum Beispiel im Bezug auf die Teamarbeit. Die befragten Hartz IV-Empfänger etwa möchten lieber allein als in der Gruppe arbeiten. Außerdem haben sie weniger Interesse daran, eine Führungsaufgabe zu übernehmen und Anweisungen zu erteilen. Ein dritter Unterschied findet sich in der Wettbewerbsorientierung. Arbeitssuchende sind wollen sich nicht im Job mit ihren Kollegen messen.

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