Körpersprache Der richtige Auftritt am Arbeitsplatz

Körpersignale legen gnadenlos unsere Gefühlswelt offen. Wer den Chef überzeugen, Kollegen begeistern oder Fachkompetenz beweisen will, sollte deshalb verbale und nonverbale Sprache in Einklang bringen.

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Was Gesten über Sie verraten
Ein Mann verschränkt die Hände hinter dem Kopf Quelle: Fotolia.com
Vermutlich Angela Merkel mit verschränkten Händen Quelle: dpa
Eine Frau mit verschränkten Armen Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an den Hals Quelle: Fotolia.com
Eine Hand berührt den Ärmel am Anzug der anderen Hand Quelle: Fotolia.com
Eine Frau zeigt mit "zur Pistole" geformten Fingern auf den Betrachter Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an die Nase Quelle: Fotolia.com

Die Folien waren gut und der Referent exzellent vorbereitet. Trotzdem blieb vom Vortrag des jungen Ingenieurs vor allem seine Krawatte im Gedächtnis: Weil er an ihr immer wieder gezupft und das Ende eingerollt hatte. Mit seinen Worten erklärte der Endzwanziger den Kundennutzen eines innovativen Bauteils. Seine Hände präsentierten unterdessen Schlips und Kragen.

Ein Anfängerfehler? Leider nicht. Dass die Worte etwas anderes sagen, als der Körper mit Haltung, Gestik, Mimik oder Stimmklang zeigt, passiert selbst Menschen in den höchsten Führungsebenen. Ob im Vorstellungsgespräch, beim Meeting mit Kollegen oder Kunden, bei Vorträgen und Produktpräsentationen: Wenn das gesprochene Wort nicht mit der Sprache des Körpers übereinstimmt, untergräbt das oft die Kompetenz des Sprechers und die Relevanz des Gesagten. Die Worte verfehlen ihre Wirkung, es kommt zu Missverständnissen und negativen Gefühlen bei den Angesprochenen.

Dass Menschen Körpersignale aussenden und die von Anderen genau lesen, ist evolutionär begründet. Die Körpersprache hat sich lange vor der Verständigung durch Worte entwickelt. Mimik und Gestik von Affen sind in vielen Situationen sogar identisch mit unseren. Sich mit Gebärden und Haltung einen Gegner vom Leib zu halten, konnte für unsere vorgeschichtlichen Vorfahren überlebenswichtig sein. Umgekehrt mussten sie innerhalb kürzester Zeit erkennen, wer Freund ist oder Feind. Diese Analyse funktioniert bis heute: Nur 150 Millisekunden benötigen wir für eine erste Einschätzung des Gegenübers.

Körpersprache ist angeboren und wird vor allem intuitiv benutzt. Das macht sie im Berufsleben in vielen Situationen zum Problem, weil sie die Gefühlswelt gnadenlos offen legt. Karriereratgeber überbieten sich daher mit Tipps, wie man mit entsprechender Haltung oder Gestik überzeugender auftritt. „Im Grunde sind das die Weisheiten des Volksmunds“, erklärt Michael Bennhausen, Coach und Trainer für Persönlichkeitsentwicklung. „Ein Lächeln schenken schafft Vertrauen, jemanden die kalte Schulter zeigen demonstriert Ablehnung, für eine Sache gerade stehen signalisiert Verantwortung.“

Verschränkte Arme vor der Brust werden oft als Skepsis wahrgenommen, eine aufrechte, raumnehmende Haltung präsentiert Stärke, während überkreuzte Beine und zusammengesackte Schultern Zeichen von Schwäche sind. Auch das Distanzverhalten spielt eine große Rolle: Wer mit der Hand in den Distanzradius eines Kollegen eindringt - der zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern etwa 90 bis 150 Zentimeter beträgt - wird als Angreifer wahrgenommen. „Wenn ein Chef mit einer solchen Handbewegung Aufgaben erteilt, wird der Mitarbeiter sie zwar wahrscheinlich erledigen“, sagt Bennhausen. „Aber nicht weil er überzeugt ist, sondern weil er sich gezwungen fühlt.“

Viele Fallstricke nonverbaler Kommunikation liegen auch in persönlichen Angewohnheiten, die ungewollt Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Wer während des Redens aus Nervosität oder Unkonzentriertheit mit Haaren, Schmuck, Kleidung oder dem Kugelschreiber spielt, läuft Gefahr, seine Zuhörer komplett vom Thema abzulenken.

„Vor allem Frauen neigen dazu, durch Haltung oder Gestik ihren Status zu schwächen“, sagt Cornelia Topf, Kommunikationstrainerin und Autorin des Buchs „Körpersprache für Frauen“. „Sie machen sich eher klein und schmal, was dazu führt, dass sie als weniger wichtig wahrgenommen werden.“ Typisch dafür sei, die Füße beim Stehen übereinander zu kreuzen, die Hände vor dem Körper zu falten oder im Sitzen zwischen die Knie zu klemmen. Die Körpersprache von Männern und Frauen werde oft auch durch die Erziehung und gesellschaftliche Codes geprägt, sagt Topf. Männer streckten etwa im Sitzen die Beine breit von sich, während Frauen die Beine überschlügen – auch weil mit engen Röcken fast kein anderer Sitz möglich sei. „Wenn eine Frau als unbedeutend wahrgenommen wird und das ändern will, kann das auch an der Kleidung liegen“, sagt Topf. „Oft hilft schon ein Hosenanzug.“

Gesten, die stark machen

Fünf Tipps nach dem Vorstellungsgespräch
Eine Mail oder ein Brief nach dem Vorstellungsgespräch erhöhen die Chancen auf den Job Quelle: Fotolia
Wann könnte ich einsteigen? Fristen klären!In der Aufregung des Vorstellungsgesprächs vergisst der Bewerber schnell, nach den genauen Deadlines zu fragen. "Wann melden Sie sich bei mir?" "Wann bekomme ich spätestens die Absage?" "Wann könnte ich mit der Arbeit anfangen?" Zum Telefon sollte man frühestens nach einigen Tagen greifen. Und auch da ist es durchaus sinnvoll, nochmal zu betonen, wie interessiert man an der Stelle ist. Quelle: Fotolia
Nicht nervig seinManche Mühlen mahlen langsam. Das gilt auch für interne Abläufe von Unternehmen, die oft nicht viel weniger bürokratisch sind als das Finanzamt. Und wenn dann noch ein Entscheidungsträger krank ist, kann eine Auswahlprozess länger dauern. Schreibt man jeden Tag eine Erinnerungsmail, kann man schnell als Nervensäge auffallen - und das noch bevor man den Fuß in das neue Unternehmen gesetzt hat. Die Eindrücke eines erfolgreichen Vorstellungsgesprächs können dadurch komplett verwischt werden. Zwei Wochen sollte man mit dem ersten Nachhacken schon warten. Quelle: Fotolia
Warten - und sanft nachfragenSouveränität zeigt der Bewerber durch bedachtes Nachhacken. Wenn Unternehmen überhaupt nicht mehr von sich hören lassen, dann hat ein Bewerber zwei Möglichkeiten: Entweder er schreibt nochmal eine Mail, in der er betont, dass er Interesse an der Stelle hat und dass er sich auf eine Rückmeldung freut. Oder aber er findet sich mit der Tatsache ab, dass er sich bei einem extrem unprofessionellen Unternehmen beworben hat. In diesem Fall gilt: Weiter bewerben.
Am Ball bleiben – und weiter bewerbenNach dem Bewerbungsgespräch ist vor dem Bewerbungsgespräch. Wer auf Sieg setzt, muss nach mehreren Stelle Ausschau halten. Mehre Bewerbungen ermöglichen auch mehrere Vorstellungsgespräche. So behält der Jobsuchende die Oberhand - und hat gegebenenfalls den Luxus, sich bei der Zusage von mehreren Unternehmen, die beste Stelle auszusuchen. Quelle: Fotolia

Einfach die Brust rausstrecken, den Kopf heben und sich groß machen, ist aber noch lange kein Patentrezept für schwierige Verhandlungen. Wer sich einem neuen Projekt nicht recht gewachsen fühlt, wer Angst vor kritischen Fragen hat, wird sich schwertun im Meeting die Körpersprache eines Siegers auszustrahlen. „Es gibt keine Erfolgsmoves, die man sich antrainieren kann“, sagt Cornelia Topf. Denn Körpersignale widerspiegelten die innere Gemütslage. „Wenn es innen ängstlich aussieht, transportiert man das auch nach außen.“

Wer überzeugend wirken will, muss deshalb auch üben, tatsächlich überzeugt zu sein. „Vor kniffligen Situationen hilft es, für sich selbst immer wieder zu wiederholen, dass alles gut wird“, sagt Topf. Je öfter man diese Schleife gedanklich abspiele, umso mehr verfestige sie sich im Denken – und wirke nach außen. „Wenn man im Kopf die Zweifel weglässt, zeigt das auch der Körper.“ Eine bewusste Körpersprache könne auch helfen den aufgeregten Geist zu beruhigen. „Wer sich mit einem entspannten Gesichtsausdruck, natürlichem Lächeln, ruhigen Gesten und offener  Haltung bewegt, wird automatisch gelassener“, sagt Topf. Wer zu Hektik und Nervosität neige, solle sich ruhig die britische Königin vor Augen rufen, empfiehlt die Körpersprache-Expertin. „Haben Sie jemals die Queen rennen gesehen? Die Queen rennt nicht. Sie lässt rennen.“

Dass starke Gesten auch stark machen, lässt sich sogar physiologisch nachweisen. Amy Cuddy, Sozialpsychologin an der Harvard Business School, ließ in einem Experiment 42 Teilnehmer jeweils eine Minute lang entweder sogenannte Hoch- oder Tiefstatus-Posen einnehmen. Typische Gesten für den Hochstatus waren zum Beispiel die Arme im Nacken zu verschränken und die Füße vor sich auf den Tisch zu legen oder sich mit breit ausgestreckten Armen an der Tischkante abzustützen. Tiefstatus-Haltungen manifestierten sich etwa im Sitzen mit verschränkten Armen vor der Brust und über Kreuz gestellten Füßen. Vor und nach Einnahme der Gesten wurde den Probanden Blut abgenommen, wobei sich deutliche Veränderungen im Hormonspiegel zeigten: Bei der Hochstatus-Gruppe erhöhte sich der Gehalt des Sexualhormons Testosteron im Blut signifikant, der Anteil des Stresshormons Cortisol sank. Bei der Testgruppe, die Tiefstatus-Posen eingenommen hatte, erhöhte sich dagegen der Cortisol-Spiegel, während der Testosteron-Gehalt im Blut abnahm. Diese physiologischen Veränderungen spiegelten sich auch im Verhalten der Probanden wieder. In Interviews zeigte sich die Hochstatus-Gruppe etwa wesentlich risikofreudiger als die Tiefstatus-Teilnehmer. Das Fazit des Experiments: Vor einer wichtigen Situation für kurze Zeit eine Siegerhaltung einzunehmen, helfe den Körper in die richtige Stimmung zu bringen.

Wer andere überzeugen will, sollte aber auch verschiedene innere Haltungen situationsgerecht abrufen können – eine Eigenschaft, die vor allem von Führungskräften regelmäßig verlangt wird. Wie man das glaubwürdig schafft, trainiert Stefan Spies, ursprünglich Regisseur und Schauspiellehrer, heute Coach und Trainer, in seinem für jedermann offenen Programm Profil 360 Grad. „Es geht dabei allerdings nicht darum, wie im Theater eine fiktive Rolle zu spielen“, erläutert Spies seine Methode.

Improvisationen sollen die nötige Routine bringen

Was Gesten über Sie verraten
Ein Mann verschränkt die Hände hinter dem Kopf Quelle: Fotolia.com
Vermutlich Angela Merkel mit verschränkten Händen Quelle: dpa
Eine Frau mit verschränkten Armen Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an den Hals Quelle: Fotolia.com
Eine Hand berührt den Ärmel am Anzug der anderen Hand Quelle: Fotolia.com
Eine Frau zeigt mit "zur Pistole" geformten Fingern auf den Betrachter Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an die Nase Quelle: Fotolia.com

So wie ein Schauspielschüler ein bestimmtes Repertoire an Emotionen und Haltungen abrufen können sollte, gelte es auch im Berufsleben immer wieder bestimmte Stimmungen zu transportieren. Eine Führungskraft – egal ob im Büro, im OP-Saal oder im Cockpit – muss ihr Team zum Beispiel motivieren oder in heiklen Situationen beruhigen können. „Hier kommt es oft zu Problemen, weil sich natürlich auch ein Chef nicht jeden Tag so fühlt, wie es von ihm erwartet wird“, sagt Spies. Es sei daher Gold wert, Techniken zu beherrschen, die eine solche Stimmung abrufbar machten.

Hinter diesem Konzept steht der Gedanke, dass die innere Haltung die Aktivität und Wirkung des Menschen steuert. Stefan Spies probt daher in seinen Seminaren das Körpergefühl, das bestimmte Situationen beherrscht und sich durch das Improvisieren von sogenannten Als-Ob-Zuständen hervorrufen lässt. Wer zum Beispiel als Experte vor Publikum, etwa Vorgesetzten, sprechen muss und sich dabei wegen fehlender Routine unwohl fühlt, übt ein, sich in eine Situation zu versetzen, in dem ihm diese Expertise ohne Probleme gelingt. Etwa bei der Arbeit mit Jugendlichen im Sportverein oder im Umgang mit den eigenen Kindern. „Wer weiß, wie sich diese Situation anfühlt, weil man sie in der Improvisation abgerufen hat, der kann sich in diese Stimmung auch hineinversetzen, wenn er vor der Geschäftsführung spricht“, erklärt Spies. „Fähigkeiten, die in anderen Lebensbereichen vorhanden sind, werden auf die Business-Situation übertragen.“

Vor herausfordernden Terminen empfiehlt Spies, die Wahrnehmung auf die innere Aktivität zu lenken: Etwa zu prüfen, ob man präsent sei – das heißt 100 Prozent hier und jetzt bei der Sache – oder zerstreut. Es helfe sich zu fragen, was genau ablenke und die Beschäftigung mit diesem Thema auf einen konkreten Zeitpunkt zu vertagen. „Man sollte auch definieren: Was mache ich jetzt, wenn ich in den Raum hineingehe?“, rät Spies. „Am besten funktioniert das, wenn man dafür ein Verb formuliert, zum Beispiel verstehen, klären oder fordern. Das versetzt uns direkt in die Tätigkeit.“

Gedanken und Körpersignale stimmen auf diese Weise überein. „Ein bewusstes Steuern des eigenen Auftritts ist deshalb auch kein Verlust von Authentizität“, entkräftet Stefan Spies das oft gegen den kontrollierten Einsatz von Körpersprache benutzte Argument des „Sich-nicht-Verbiegen-Wollens“.

Auch Bernhard Wirth, Coach und Trainer für Kommunikation, hält das reine Antrainieren von Gesten für zwecklos. Da sich der nonverbale Ausdruck ausschließlich am inneren Denken orientiere, könne ihn der Mensch ohnehin nur etwa sieben Sekunden durch das bewusste Einnehmen einer äußeren Haltung steuern. Was allenfalls Zeit für einen ersten Eindruck lässt. „Doch wenn der schiefläuft, ist noch nichts verloren“, sagt Wirth. „Dann nutzt man einfach den zweiten und der kommt sowieso von innen.“

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