Gerade wer im Berufsleben täglich mit komplizierten Entscheidungen konfrontiert wird, sehnt sich oftmals nach einem Schema-F. Einfach ein paar grundsätzliche Regeln beachten und schon steht der richtigen Entscheidung – und damit dem Erfolg – nichts mehr im Wege.
So schön das in der Theorie klingt, in der Praxis ist es schwierig umzusetzen. „Leider kann man aus psychologischer Sicht keinen Verhaltensplan aufstellen, der einem sagt, mit welcher Strategie man welche Entscheidungen fällen sollte“, erklärt Psychologin Nadine Nett von der Fernuniversität Hagen.
Ohne Gefühle geht es nicht
Dabei scheint zumindest eine Sache auf den ersten Blick klar: Gefühle sind bei wichtigen Entscheidungen doch wohl fehl am Platz – wer richtig entscheiden will, sollte rational handeln. Oder? Was der Wirtschaftswissenschaftler als Homo Oeconomicus kennt, konnte sich in der Praxis nicht bewähren. Im Gegenteil. Die Empirie zeigt uns: Ohne Gefühle bewegt sich an der Entscheidungsfront erst einmal gar nichts.
Die Entscheidungs-Studie: Entscheiden wir mit Kopf oder Bauch?
Für die Studie befragten die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts 149 Studenten mit einem Altersdurchschnitt von 25,8 Jahren. 102 von ihnen waren Frauen, 47 Männer. Zunächst wurden die Studienteilnehmer gefragt, wie selbst ihre Entscheidungenfindung bewerten — also ob sie eher intuitiv oder eher rational entscheiden. Zusätzlich wurde abgefragt, wie sie Entscheidungen in bestimmten Alltagssituationen treffen. Dabei wurden die Domänen Partnerwahl, Kleidung, Restaurants, Medizin, Elektronik und Urlaub abgefragt. Zuletzt schätzten die Probanden dann ihre eigene Expertise in den jeweiligen Bereichen auf einer Skala von eins bis fünf.
... entscheiden wir laut Studienergebnissen eher intuitiv. Hier liegt die Bauchentscheidung klar vorne.
... ist die Bauchentscheidung bei Männern wie Frauen beliebter. Allerdings spielt hierbei der Kopf eine etwas größere Rolle als noch bei der Partnerwahl.
...ist es ebenfalls eher der Bauch, der entscheidet. Wie passend... Allerdings sind die Kopfentscheider nur unwesentlich weniger, so das Ergebnis der Studie.
... ist es genau umgekehrt zu den Restaurants: Hier liegen die Kopfentscheidungen laut Studie ein Stück weit vorne. Trotzdem spielt der Bauch bei den Entscheidungen noch eine große Rolle.
...ist die Bauchentscheidung eher Nebensache. Der Kontrast Bauch-Kopf ist bei Elektronik noch etwas deutlicher als bei der Partnerwahl - nur eben umgekehrt. Laut der Studienergebnisse entscheiden wir hierbei eindeutig rational. Die Bauchentscheidungen sind deutlich seltener.
... ist die Entscheidung ziemlich ausgewogen. Einen Hauch liegt bei der Studie die Kopfentscheidung vorne. In keiner anderen Entscheidungsdomäne, die überprüft wurde, ist das Ergebnis so knapp. Das zeigt, bei der Wahl des Urlaubsziels sind Intuition und rationale Erwägungen in etwa gleich wichtig. Das heißt, das, was uns vom Bauch her zusagt, muss darüber hinaus auch logisch die beste Wahl sein. In keinem Bereich im Test scheint das so wichtig, wie bei der Wahl des Urlaubsortes.
So hat der Neurobiologe Antonio Damasio in den Achtzigerjahren herausgefunden, dass Menschen, die keine Emotionen haben, auch ein Problem dabei haben, Entscheidungen zu treffen. Damals saß Damasio einem Mann gegenüber, der völlig lebensuntauglich geworden war, da er sich nicht entscheiden konnte. Selbst die Frage, ob er einen blauen oder einen schwarzen Stift zum Schreiben verwenden sollte, stellte den Mann vor eine nahezu unlösbare Aufgabe.
Damasio suchte nach ähnlichen Fällen, fand sie und stellte eine Gemeinsamkeit fest: Sie alle hatten Verletzungen in dem Teil des Gehirns, der für die Verarbeitung von Gefühlen zuständig ist. Daraus schloss er, dass Emotionen elementar sind, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen.
Verstand trifft Gefühl
Inzwischen hat sich diese Ansicht bei vielen Forschern durchgesetzt. Trotzdem beinhalten die meisten Entscheidungsstrategien, die die Psychologie kennt, rationale Methoden. Im Kern betrachtet der Mensch bei jeder Strategie die Eigenschaften der verschiedenen Wahlmöglichkeiten.
Wollen Sie beispielsweise einen Gebrauchtwagen kaufen, könnten Sie sich rein anhand der Farbe entscheiden. Ist das eine Auto blau und das andere rot - und Sie sind ein wahrer Fan der Farbe Rot - fällt die Entscheidung leicht. Andere Eigenschaften wie den Kaufpreis oder die gefahrenen Kilometer ignorieren Sie.
Natürlich ist es auch möglich, dass Sie sich mit verschiedenen Eigenschaften des Autos beschäftigen und abwägen, welches Kriterium Ihnen wichtiger ist. Das gewinnt vor allem dann an Bedeutung, wenn die Wahlmöglichkeiten bei einem Kriterium zum gleichen Ergebnis kommen: Sind beide Autos rot, hilft die Lieblingsfarbe als Entscheidungskriterium nicht weiter.