Fachkräfte und Nachfolge Was Unternehmen beim Recruiting besser machen können

Mitarbeitersuche per Plakat

Hunderttausende Fachkräfte und Nachfolger in Chefetagen fehlen kleineren Unternehmen in den nächsten Jahren. Viele tun sich bei der Suche schwer. Ohne leere Stühle bleiben die, die ein paar clevere Ratschläge befolgen.

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Dirk Hörner und seine Kollegen in der Geschäftsführung haben eine klare Haltung zu Fachkräftemangel: „Der Mangel darf gar nicht erst entstehen“, sagt der Stuttgarter. In seiner Firma 4P-Consulting arbeiten rund 50 Berater für Banken und Versicherungen – alle „handverlesen“, wie Hörner sagt. Von der klassischen Stellenanzeige sind die Geschäftsführung und die Personalverantwortliche Vera Weidenbrück längst abgerückt. Die für das Unternehmen gesuchten Top-Absolventen sollen genau zu Arbeitsweise und Kultur passen und ausgeprägte Begeisterung fürs Consulting mitbringen. „Sie sind Markenbotschafter. Wir brauchen Spitzenleistungen für die Kunden, dann bleiben die erhalten und werben neue“, sagt Dirk Hörner.

Die Firma setzt zum einen auf ihre Bekanntheit in der Branche, die die eine oder andere gute Initiativbewerbung in Vera Weidenbrücks Postfach spült. Zum anderen funktioniert das Prinzip „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ laut Geschäftsführer Hörner für das Unternehmen besonders gut. Man spare sich so auch Zeit bei der Rekrutierung – die Neuen wissen dann ja schon, was ein Arbeitsplatz bei 4P-Consulting bedeutet. Noch besser sei es, wenn die Mitarbeiter einfach lange im Unternehmen bleiben – mit durchschnittlich sechs Jahren Verweildauer setzt Hörner auf „Hochleistungskultur statt ‚hire and fire‘“.

Das Beispiel aus Stuttgart zeigt, wie es kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) hinkriegen können, den grassierenden Fach- und Führungskräftemangel elegant zu umgehen. Der ist derzeit das meistbeklagte Problem der deutschen Wirtschaft – was eigentlich unglaublich ist angesichts des Rufs, den diese KMU nicht nur im Inland, sondern weltweit haben: Sie erbringen im Schatten der Großkonzerne den größten Teil der deutschen Wirtschaftsleistung. Sie beschäftigen rund 60 Prozent der Arbeitnehmer. Unter den KMU ist eine beachtliche Zahl an Weltmarktführern.

Trotzdem ist all das ist wegen Fachkräftemangels und ungeklärter Nachfolge in den Chefetagen in Gefahr. Die KfW rechnete im Januar vor, dass bis 2019 rund 240.000 altersbedingte Führungswechsel anstehen. Davon sind 100.000 geplant, ohne dass Nachfolger gefunden wären. Weitere 1,4 Millionen Chefs dieser kleinen Unternehmen sind bereits 55 Jahre alt oder älter. Doch diese ganzen Schwierigkeiten müssten so nicht existieren. Eine Reihe von Firmen, Beratern und Coaches bietet bereits Lösungen an – zum Teil maßgeschneidert.

Der Jungunternehmer Martin Grupp sieht den wichtigsten Ansatzpunkt bei der völlig überholten Art, wie immer noch viele Unternehmen auf Bewerbersuche gehen. Mit einem Studienfreund gründete er 2016 das Startup „Jobify“. Jobsuchende können auf der Online-Plattform ihre Qualifikationen und alles, was ihnen bei ihrer künftigen Stelle wichtig ist, in einem recht umfangreichen Fragebogen erfassen. „Das dauert etwa eine Stunde und ist damit etwas aufwendiger als bei anderen Bewerberportalen“, sagt der 30-Jährige. Dafür sei die Trefferquote höher. Es ist ähnliches Prinzip wie bei Datingportalen.

Angesichts der immensen Zahlen von gesuchten Bewerbern deckt Jobify bislang nur einen winzigen Teil des Marktes ab: 12.000 Nutzer sind laut Grupp registriert, etwa die Hälfte davon aktiv. Von denen, die über das Matching-Prinzip mit Arbeitgebern ins Gespräch kamen, haben allerdings rund 60 Prozent die Jobs bekommen.

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