Deutschland gilt als Entwicklungsland, was die Digitalisierung der Arbeitswelt angeht. Jetzt soll alles ganz schnell gehen. Für Unternehmen hat sich ein Berg aufgetürmt: Nicht nur muss bei Ausstattung und Abläufen vieles nachgeholt werden. Auch die Mitarbeiter müssen geschult, vorbereitet und in vielen Fällen auch beruhigt werden.
Eine vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Studie der Initiative D21 zeigte vor wenigen Tagen, dass sich eine Mehrheit der Deutschen von der Digitalisierung überfordert fühlt und sich bereits innerlich ausgeklinkt hat. Zwar nutzen natürlich die meisten Menschen inzwischen Smartphones und andere smarte Geräte – rund die Hälfte der Deutschen bewegt sich bei ihrer beruflichen und privaten Internetnutzung aber in engen Grenzen. Lebenslanges Lernen ist zwar ein uraltes Schlagwort, am eigenen Arbeitsplatz fehlt die Bereitschaft häufig.
Damit steht Managementabteilungen in Unternehmen eine riesige Aufgabe und doppelte Herausforderung bevor. Sie müssen einerseits die eigenen Versäumnisse schnell aufholen und andererseits die Belegschaft dabei mitnehmen. Die ist nämlich nicht grundsätzlich fortschrittsfeindlich, sondern weiß häufig einfach nicht, wohin das Unternehmen steuert. Kein Wunder, wissen es die Chefs doch mitunter selbst nicht. Doch weggucken hilft nicht: „Egal, welchen Wirtschaftszweig man ansieht, mittelfristig werden alle mit großen Veränderungen konfrontiert sein“, sagt Klaus Schwarz, Direktor für Digitalisierung beim Nürnberger Schulungsanbieter New Elements.
"Menschen müssen in neuer Arbeitswelt mitkommen"
„Digitalisierung ist ein sehr weiter Begriff“, sagt Schwarz. Gerade kleinere mittelständische Unternehmen könnten noch immer nicht viel damit anfangen. Gemeint sein kann tatsächlich vieles, immer ist es jedoch mehr als nur die Ausstattung mit neuen Geräten. Im produzierenden Gewerbe geht es um zunehmend automatisierte Prozesse und neu gestaltete Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Andere Branchen wie das Bankenwesen haben bereits stark auf digitale Prozesse umgestellt, bis hin zu durch künstliche Intelligenz ausgelesenem Mailverkehr, und werden darin fortschreiten.
Digitalisierung macht Mitarbeitern Angst
Grundsätzlich bedeute Digitalisierung schlicht eine neue Form der Automatisierung, sagt Schwarz. „Das betrifft alle Berufe und geht so weit, dass man bereits von der digitalen Pizza spricht, die aus einer Art 3D-Drucker für Lebensmittel kommt.“ Merke: Auch der eine oder andere Pizzabäcker muss vielleicht früher oder später umdenken. Wobei, und auch das ist Digitalisierung: Nicht in jedem Bereich ist sie sinnvoll und genau das muss in den Strategien der Unternehmen auch festgehalten werden. Die handgeknetete und -belegte Pizza dürfte der Menschheit als Kulturgut und Spezialität erhalten bleiben.
Eine digitale Strategie zu entwickeln ist die dringendste Aufgabe für Unternehmenslenker, wenn sie noch keine haben. Je länger die unausweichliche Veränderung ein schwer greifbares Zukunftsszenario bleibt, desto größer werden Unsicherheit und Sorge in der Belegschaft. „Digitalisierung ist für viele ein Angstthema – Mitarbeiter, die bisher im Unklaren gelassen wurden, was die Firmenstrategie betrifft, haben Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und davor, bestimmte Skills nicht mehr aufzuholen“, sagt Digitalisierungscoach Klaus Schwarz.
Zentral sei deshalb zweierlei: Erstens ein Umdenken in den Chefetagen hin zu mehr Transparenz und Einbeziehung der Mitarbeiter bei den digitalen Strategien. Zweitens seien aber auch die Arbeitnehmer gefragt. Passives Abwarten ist keine Lösung. „Jeder kann sich fragen: Wie kann ich mich als Mitarbeiter für das Unternehmen attraktiv machen, wie kann ich mich selbst um Weiterbildungsmaßnahmen kümmern?“ Entsprechende Angebote, die bei der Antwort auf die Frage helfen sollen, was überhaupt erlernt werden muss, entstehen gerade erst.
Mitarbeiter reagieren sensibel, wenn sie Veränderung wittern
Dabei ist Digitalisierung eigentlich nichts, wovor man Angst haben müsste. Im privaten Bereich hat sie meist längst Einzug gehalten. Geräte werden durch sie immer leichter und intuitiver bedienbar. „Der Fehler war, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter im Dunkeln gehalten haben“, kritisiert Klaus Schwarz. „Das muss sich ändern, denn Entscheidungen von oben funktionieren in der digitalen Welt nicht mehr.“
Genauso müsse eine neue Fehlerkultur Einzug halten, denn nur durch Ausprobieren und auch Fehlschläge kann der richtige digitale Weg für jedes Unternehmen gefunden werden.
Ohne Transparenz, klare Ansagen und Anleitung zerbrechen sonst schlimmstenfalls ältere Mitarbeiter an den neuen Anforderungen – und die Firma verliert unnötigerweise wichtiges Expertenwissen. „Es ist oft so, dass Mitarbeiter es falsch interpretieren, wenn sie spüren, dass sich etwas verändern wird. Deshalb müssen Unternehmen ganz klar kommunizieren, in welchem Zeitrahmen die Veränderung stattfindet, worum es geht und mit welchen Maßnahmen der Arbeitsgeber unterstützend beiträgt“, erklärt Schwarz.
Diese Jobs sind durch die Digitalisierung entstanden
Der Data Engineer sorgt dafür, dass Data Analysten und Data Scientisten erfolgreich arbeiten können. Denn die Data Engineers sammeln, generieren und säubern die Daten und bereiten sie auf, um sie dann den Analysten und Scientists zur Verfügung zu stellen. Sie stehen in der Wertschöpfungskette quasi ganz am Anfang aber gleichzeitig in enger Abstimmung mit den Fachbereichen und konkreten Inhalten. Eine Herausforderung, mit der sich Data Engineers immer stärker beschäftigen, ist das Thema Big Data und die damit verbundene Komplexität der Daten.
Quelle: Telefónica
Neben der Anwendung klassischer Analysemodelle zur Generierung von Business-Insights (Job des bisherigen „Data Analyst“), wendet der Data Scientist komplexere statische Methoden an, hat Kenntnisse im Bereich maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Außerdem spielt beim Data Scientist am Ende eines Projekts die Visualisierung der Ergebnisse und das sogenannte Storytelling eine große Rolle. Das heißt, er muss nicht nur gut mit Zahlen jonglieren, sondern auch kommunikative Fähigkeiten besitzen.
Bei der Arbeit mit Daten kommen die Spezialisten mit Themen wie Datensicherheit und Datenschutz in Kontakt, wodurch wiederrum neue Berufsprofile entstehen. So sucht Telefónica aktuell nach einem Data Protection & Data Security Consultant, der sich als erster Ansprechpartner und Berater um alle internen Themen rund um den Datenschutz bei der neuen Tochtergesellschaft Telefónica NEXT kümmert.
Der Take-to-Market Analyst ist Bindeglied und Übersetzter zwischen Analysten und externen Partnern. Wenn die Mitarbeiter anonymisierte Bewegungsdaten der Kunden nutzen wollen, um ihren Service zu verbessern, übersetzt der TTM Analyst die Anforderung jeweils in die Sprache des anderen. Dafür muss er – wie alle anderen Rollen auch – beide Parteien verstehen können. Er benötigt dazu ein gewisses technisch-analytisches Know-how und zugleich ein unternehmerisches Verständnis. Der TTM Analyst ist ein Allrounder, denn er schreibt ebenso Verträge und begleitet die Produktmanager zum Kundentermin. Anschließend erklärt er den Analysten, was genau zu tun ist.
Er gibt die Leitlinien für den Umgang mit Daten vor. Welche Informationen können bedenkenlos in welchem Zusammenhang verwendet werden? Wo liegen rechtliche Grauzonen bei der Auswertung von Daten? Wo ethische Barrieren? Seine Position ist meist nah am Vorstand angesiedelt, da eine Fehlentscheidung schnell ernsthafte Probleme verursachen kann.
Sowohl Mathematiker und Informatiker als auch Physiker sind für die Tätigkeit des Data Strategist besonders geeignet. Denn hohes technisches Verständnis ist Grundvoraussetzung, um nachvollziehen zu können, wie die Daten überhaupt erhoben werden.
Der CDO ist der oberste Digitalisierungsbeauftragte eines Unternehmens – oftmals sogar auf Vorstandsebene. Er gibt die Leitlinien für die Digitalisierung vor: entwickelt neue Geschäftsmodelle, führt innovative Technologien ein und fördert vernetztes Arbeiten in seinem Konzern. In seiner Position muss er die zukünftige Richtung vorgeben, Mitarbeiter und Anteilseigner in die digitale Transformation mitnehmen. Dazu braucht er neben fachlichen Qualifikationen vor allem Überzeugungskraft, Risikobereitschaft und Neugier.
Dieser Entwickler kümmert sich um neue Programme für Smartphones und Tablets. Bei kleineren Unternehmen ist er nicht nur Ideengeber, sondern programmiert die Anwendungen auch selbst.
Die meisten Mobile Developer sind entweder auf das Apple-Betriebssystem iOs oder Googles Konkurrenzprodukt Android spezialisiert. Früher ein Feld für Autodidakten, ist dieser Job heutzutage am besten für Informatiker geeignet – egal, ob studiert oder mit Berufsausbildung zum Fachinformatiker.
Der SEO-Manager – die Abkürzung steht für Search Engine Optimization, zu Deutsch: Suchmaschinen-Optimierung – ist der wohl bekannteste Performance Marketing Manager. Er ist dafür verantwortlich, Inhalte von Web-Seiten so zu optimieren, dass sie von Suchmaschinen möglichst gut gefunden werden.
Ebenfalls dazu gehören der SEM- und der SEA-Manager. Sie sind für Search Engine Marketing beziehungsweise Search Engine Advertising zuständig. Das heißt, sie entscheiden unter anderem, bei welchen Suchbegriffen eine Anzeige ihres Arbeitgebers erscheint, und kontrollieren den Erfolg solcher Maßnahmen. Ebenfalls in den Aufgabenbereich von Performance Marketing Managern fallen Direktmarketingaktionen zum Beispiel via E-Mail oder die Schaltung von Werbebannern.
Tandems aus Jüngeren und Älteren bewähren sich
Das Bild von den jungen Nerds und den alten Veränderungsfeinden ist dabei ein unfaires Klischee. „Ich halte gar nichts von diesen Stempeln“, sagt der Businessberater Peter Geißler. Er berät Unternehmen beim Aufbau digitalisierter und vernetzter Arbeitsplätze. „Ich stelle immer wieder fest, dass gerade ältere Mitarbeiter ab 60 der Digitalisierung gegenüber sehr offen eingestellt sind.“ Er erklärt das mit einer gewissen Gelassenheit und der komfortablen Lage, dass bei dieser Gruppe von außen nicht so viel an digitaler Kompetenz vorausgesetzt wird. Anders sei das bei vielen Mitarbeitern um die 50 Jahre, die teilweise eher Widerwillen gegenüber Umstellungen zeigten. Doch auch bei den sogenannten "Digital Natives" gibt es Probleme. „Da ist auch nicht immer alles super“, sagt Geißler. "Die sind teilweise chaotisch unterwegs und so erschlagen von den Möglichkeiten, dass das auch nicht zwangsläufig alles zum Selbstläufer wird.“
Bewährt haben sich Tandems aus jüngeren und älteren Mitarbeitern. Die einen sind angstfrei und versiert im Umgang mit neuer Technik. Die anderen können mit Erfahrung und einem gelassenen Überblick aufwarten. Wichtig sei aber, mahnt Geißler, dass die Tandems zueinander passen. „Wenn ein älterer Mitarbeiter zum Beispiel seine Arbeit einfach nur gut machen will und dafür ein wenig digitales Know-how braucht, heißt das nicht, dass sein Tandempartner ihn ständig mit dem neuesten ‚heißen Zeug‘ überschütten darf“, mahnt er.
Junge Leute könnten von den älteren auch lernen, sich einfach mal wieder konzentriert zwei Stunden lang zurückzuziehen und Dinge abzuarbeiten – ganz ohne digitalen Schnickschnack.