Management Frauenquote bedroht Männerkarrieren

Unternehmen verordnen sich freiwillig eine Frauenquote, weil sie befürchten, dass sie sonst per Gesetz dazu gezwungen werden. Nun droht vielen hoch qualifizierten Männern eine Diskriminierung.

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Die Quotenfrau Quelle: Daniel Stolle

Prädikatsexamen, beste Zeugnisse, knapp zehn Jahre Personalverantwortung in verschiedenen Unternehmen, aufgestiegen bis zur zweiten Managementebene, darunter drei Jahre in Peking verantwortlich fürs Asien-Geschäft – und vor Kurzem noch einen MBA draufgesattelt: Jürgen Grüttner hatte jahrelang zielgerichtet darauf hingearbeitet, es bis ganz nach oben zu schaffen. Als ein Konzern vor einigen Wochen einen neuen Personalchef suchte, schien er kurz vor dem Ziel: Die Stelle passte perfekt zu dem 49-Jährigen, aus Sicht des vom Unternehmen beauftragten Headhunters war Grüttner der am besten qualifizierte Kandidat.

Das Problem: Das Unternehmen wollte ihn nur der Form halber kennenlernen. Der Grund: Unter den drei Kandidaten der letzten Runde waren neben ihm auch zwei Frauen mit beachtlichen, wenn auch nicht besseren Lebensläufen.

Einzige Chance Geschlechtsumwandlung

„Der Mann hatte von Anfang an keine Chance“, erinnert sich der mit der Kandidatensuche beauftragte Partner einer großen deutschen Personalberatung – der seinen wahren Namen genauso wenig preisgeben möchte wie Grüttner. Zu groß ist die Angst vor Repressalien. „Um eine Chance auf den Posten zu haben, hätte ich ihm eigentlich nur einen Rat geben können: eine Geschlechtsumwandlung.“

Was auf den ersten Blick wie ein billiger Witz wirkt, entwickelt sich für immer mehr hoch qualifizierte Männer zur bitteren Realität: Weil die Unternehmen eine gesetzliche Frauenquote fürchten wie der Teufel das Weihwasser, üben sie sich panikartig in vorauseilendem Gehorsam. Verpflichten sich freiwillig, den Frauenanteil in ihren Führungsetagen und Aufsichtsräten in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. Suchen im In- und Ausland händeringend nach geeigneten Kandidatinnen. Und verordnen sich Frauenförderprogramme, um zumindest in ein paar Jahren die Chance zu haben, die selbst auferlegten Quotenziele zu erfüllen.

Kein Unternehmen will sich noch länger das Image eines Macho-Ladens leisten, kaum ein Konzernlenker lässt eine Gelegenheit aus, um zu betonen, sich nichts sehnlicher zu wünschen als mehr Frauen in Führungspositionen. Dass hoch qualifizierte Männer deshalb auf dem Karriere-Abstellgleis landen, wird stillschweigend in Kauf genommen. Die Ausgebremsten erfahren nun am eigenen Leib, was Frauen jahrzehntelang erdulden mussten.

Vorauseilender Gehorsam

Nach einer aktuellen Umfrage der WirtschaftsWoche unter allen börsennotierten deutschen Unternehmen breitet sich diese Haltung vor allem in Konzernen immer weiter aus: War die Deutsche Telekom vor gut einem Jahr noch einsamer Rufer in der Wüste, als sie sich öffentlichkeitswirksam eine Frauenquote von 30 Prozent für Management und Aufsichtsrat auferlegte, die bis 2015 erfüllt sein soll, ziehen nun immer mehr Unternehmen nach. Knapp die Hälfte der im Dax 30 notierten Arbeitgeber hat sich mittlerweile selbst eine Quote verordnet, will in den kommenden Jahren die Zahl der Frauen in Top-Management und Aufsichtsrat deutlich aufstocken. Autobauer BMW etwa möchte den Frauenanteil im Top-Management bis 2020 von derzeit 9 auf 16 Prozent erhöhen, Chemiekonzern Bayer bis 2017 jeden fünften Aufsichtsratssitz und schon bis 2015 rund jede dritte Führungsposition im Management mit einer Frau besetzen. Versicherungsriese Allianz plant, mittelfristig seinen Frauenanteil im Aufsichtsrat von derzeit 10 auf 25 Prozent, den im Top-Management gar auf 30 Prozent zu steigern.

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