Endlich ist es geschafft, und spontan muss zumindest eine kleine Feier her. Und so versammeln die frisch gekürten künftigen Deutsche-Bank-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen einige Manager des Instituts um sich, um im Hotel Villa Kennedy auf die gemeinsame Nachlasspflege Josef Ackermanns und hoffentlich gute Zusammenarbeit anzustoßen.
Freudenfeier im Verborgenen
Solch spontane Freudenfeiern sind in Frankfurt nicht nur wegen der mal mehr, mal weniger ausgeprägten Krisenstimmung selten – und wenn es sie gibt, finden sie im Verborgenen statt. Die Finanzbranche bevorzugt nicht nur bei der Erstellung ihrer Bilanzen, sondern auch bei der Pflege ihrer Netzwerke die Intransparenz. „Im Vergleich zu Berlin ist Frankfurt deutlich unterentwickelt“, sagt ein Vorstand. In den zahlreichen auf die zahlungskräftige Klientel ausgerichteten Restaurants finden vor allem informelle Plaudereien statt. Clubleben gibt es deutlich weniger als in der Hauptstadt.
Leichter Einstieg in schwierige Gespräche
Die entscheidenden Treffen laufen in blickdicht verschlossenen Türmen. Bei der Deutschen Bank finden harte Verhandlungen in den Hochhaustürmen statt; soll es jovialer zugehen, laden Ackermann und Kollegen in die Villa Sander fast direkt nebenan. Schon das Foyer des Gästehauses symbolisiert mit den Marmorsäulen Geldgeschichte, in den traditionell möblierten Verhandlungs- und Speiseräumen in den oberen Etagen fällt auch der Einstieg in schwierige Gespräche leicht. So führten Deutsche-Bank-Vorstände 2009 hier erste Sondierungsverhandlungen mit den Eigentümern der angeschlagenen Privatbank Sal. Oppenheim.
Frankfurt ist zu übersichtlich
Für diskrete oder gar konspirative Treffen in Restaurants „ist Frankfurt zu übersichtlich“, sagt der Personalberater Heiner Thorborg. Das Ausgehviertel konzentriert sich auf wenige Straßen rund um den Opernplatz. Eine Vielzahl von Restaurants lebt hier von größeren Spesenkonten. Hier verabreden sich Banker, Anwälte, Unternehmens-, PR-Berater – und treffen dabei eigentlich immer jemanden, mit dem sie nicht verabredet waren.
Wichtige Gäste bleiben aus
Trotz der Dominanz der Finanzbranche sucht man Magnumflaschen bechernde Bonibanker vergebens. Versuche, das je nach Geschmack biedere oder solide Image mancher Spesenritter-Paläste aufzumöbeln, waren durchaus von Erfolg gekrönt. Der im Kolonialstil gehaltene Ivory Club oder die Fleischtempel Surf’n’Turf und M-Steakhouse ziehen zwar auch einige Banker an, doch viele halten sie für zu protzig und neureich. Auf wirklich wichtige Gäste wartet man deshalb meist vergebens. Ähnliches gilt für die King Kamehameha Suite, vor der abends schon mal ein Bentley quer auf dem Bürgersteig parkt. Der gehört vermutlich einem Immobilienmakler und keinem Bankvorstand.
Salons und Hauskonzerte
Für Verhandlungen, die auf neutralem Boden und etwas diskreter stattfinden sollen, weichen Manager gerne in die Nobelhotels im Taunus aus. Sie laden sich in Kronberg, Königstein und Bad Homburg zu Dinnerpartys ein, sehen sich auf dem Golf- oder Tennisplatz. Manche unterhalten regelrechte Salons, zu denen sie regelmäßig wechselnde Gäste aus Finanzwesen, Kultur und Medien einladen. Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer etwa lädt zu Hauskonzerten, und nach Ausstellungseröffnungen bittet die Bankiersfamilie von Metzler gerne Besucher zu sich – nach Frankfurt-Sachsenhausen, in die private Villa.
Schlosshotel Kronberg
Selbst hartgesottene Banker verspüren bisweilen den Drang, dem Trubel des Finanzplatzes zu entfliehen. Am besten in den Taunus, von dessen Höhen die Frankfurter Wolkenkratzer wie Spielzeug erscheinen. Hier bietet das Schlosshotel Kronberg eine standesgemäße Kulisse. Entscheider laufen nicht Gefahr, dass Konkurrenten von ihren Treffen Wind bekommen, was in den großen Hotels der Mainmetropole leicht passiert. Das Schlosshotel verzichtet auf Schilder an den Saaltüren, die verraten könnten, wer sich gerade in welcher Tagungsstätte zurückgezogen hat.
Legendäre Gäste
Hier weilten schon der legendäre Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen oder Ex-Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl. Aber auch Industriegrößen, die nicht zum Dunstkreis der Finanzbranche zählen, schätzen das Schlösschen, wie der ehemalige Porsche-Lenker Wendelin Wiedeking, Ex-Siemens-Manager Heinrich von Pierer oder Klaus Schwab, der das Gipfeltreffen der globalen Wirtschaftselite in Davos ins Leben rief. Auch der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, zog sich gern mit Getreuen zur Beratung hinter das Gemäuer zurück, das die Mutter des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. 1893 errichten ließ. Weit ab vom Schuss liegt der Treffpunkt der Mächtigen nicht einmal. Vom Frankfurter Flughafen schafft es ein talentierter Chauffeur bei guter Verkehrslage in 20 Minuten bis zur Einfahrt des Schlosshotels.
Union Club
Die Hecke bietet Schutz vor neugierigen Blicken. Dahinter lockt im Sommer ein Pool nebst Tennisplatz, umrahmt von gepflegtem Rasen. Doch die Mitglieder des Union International Clubs kommen nicht in erster Linie zum Bälleschlagen ins Frankfurter Diplomatenviertel gegenüber dem Palmengarten. In der Villa Merton, deren neobarockes Portal durch das schützende Gartentor hervorlugt, suchen sie in sicherer Entfernung vom Rummel des Bankenviertels Kontakt zu Entscheidern aus Industrie und Finanzwelt. So bietet das Anwesen gesellige Räume für Auftritte von Dax-Konzernchefs und anderen Wirtschaftsgrößen, die im Wintergarten exklusive Reden halten. Im April schilderte Post-Chef Frank Appel seine Auffassung von unternehmerischer Verantwortung. Im Februar noch hatte der inzwischen gescheiterte Haniel-Chef Jürgen Kluge aufmerksamen Vereinsmitgliedern erklärt, wie Familienunternehmen die Globalisierung meistern können.
Abends lagern die Mächtigen dann in gemütlichen Suiten ihre erschöpften Häupter auf bequeme Kissen, bevor sie am nächsten Morgen wieder ausgeruht in den Flieger steigen. Zudem lockt die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Küche des Clubs, die auch Nicht-Mitglieder bedient. Ex-Bahn-Boss Hartmut Mehdorn, jetzt Air-Berlin-Chefpilot, schaut hin und wieder vorbei. Auch der ehemalige Vorstandssprecher und spätere Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf-Ernst Breuer, kommt gerne her – Gleiches gilt für den Investmentbanker Lutz Raettig von Morgan Stanley und den US-Generalkonsul in Frankfurt, Edward Alford.
Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen
Seit 1956 pachtet der Verein die Villa plus Park von der Stadt Frankfurt. In der Nachkriegszeit diente das Anwesen der amerikanischen Armee als Pressezentrum. Gemäß dieser Tradition pflegt der Club die deutsch-amerikanischen Beziehungen und widmet sich der Völkerverständigung. Wer zum erlauchten Kreis der aktuell 600 internationalen Mitglieder gehören will, braucht Geduld und Kontakte. Für jeden Bewerber müssen jeweils ein einfaches Clubmitglied und ein Mitglied des Vorstands unter Leitung von Präsident Andreas Povel bürgen. Für Kandidaten ist es nicht einfach, den charismatischen Redner für sich einzunehmen. Der fesselt das Publikum bei der Einführung prominenter Gäste meist besser als die Hauptredner selbst. Über Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren schweigt der Union Club sich aus.
Frankfurter Hof
Wer im Frankfurter Hof der Steigenberger-Gruppe isst oder übernachtet, befindet sich im Zentrum der Macht. Das Luxushotel am Kaiserplatz steht im Schatten des Commerzbank-Towers, des höchsten Wolkenkratzers Mainhattans und Hauptquartiers des zweitgrößten deutschen Kreditinstituts.
Nur ein paar Schritte vom wohl angesehensten Hotel Frankfurts entfernt ist der Eingang zum Hochhaus der Europäischen Zentralbank. Ihr ehemaliger Präsident Jean-Claude Trichet floh gern vor der faden Küche des eigenen Hauses an einen Tisch im Restaurant Français, wo nicht nur die Gäste des Frankfurter Hofs von Chefkoch Patrick Bittner bewirtet werden.
Geschäfte abwickeln hinter denkmalgeschützter Fassade
Diese Gewohnheit dürfte Trichets Nachfolger Mario Draghi weiter pflegen. Auch einzelne Commerzbanker nutzen zuweilen verstohlen die Gelegenheit, direkt vor der eigenen Haustür edel zu speisen – doch dabei lassen sie sich ungern erwischen, denn wegen der Teilverstaatlichung ihres Arbeitgebers wird selbst das Spesenkonto zum Politikum.
Auf solche Befindlichkeiten muss die oberste Führungsriege der internationalen Investmentbank JP Morgan keine Rücksicht nehmen. Ihre Vertreter quartieren sich im Frankfurter Hof ein, wenn sie Deutschland-Chef Karl-Georg Altenburg einen Besuch in dessen Büro in der Junghofstraße gleich um die Ecke abstatten. Ansonsten zählen zu den Gästen die üblichen Verdächtigen: Private-Equity-Leute, Unternehmensberater und Anwälte, die hinter der denkmalgeschützten Fassade wohnen, wenn sie in der Finanzmetropole neue Deals eintüten.
Opera
Die Alte Oper liegt zentral in Nachbarschaft von Opernturm und Deutscher Bank. Im mit schweren Spiegeln dekorierten historistischen Speisesaal im dritten Stock gibt es Platz für 120 Gäste, im Sommer haben noch mal rund 100 auf dem Balkon Platz. Das Essen ist bewährter Käfer-Catering-Standard.
Sitzen wie auf einer Bühne
Zum „Promispotting“ ist das Opera der beste Platz in Frankfurt. Jeden Mittag trifft man bekannte Gesichter, wobei die gediegene Umgebung vor allem etwas gesetztere Herren anzieht. Zu ihnen zählen der langjährige Morgan-Stanley-Deutschland-Chef Lutz Raettig, DWS-Manager Klaus Kaldemorgen, der frühere KfW-Chef und heutige Citigroup-Banker Hans Reich und Rechtsanwalt Wilhelm Haarmann. Auch Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber ließ sich während seiner Amtszeit gerne hier blicken. Max Hollein, der umtriebige Chef des Städel-Kunstmuseums, ist ebenfalls ein regelmäßiger Gast. Wer sich hier niederlässt, sitzt wie auf einer Bühne. Die Besucher registrieren genau, wer alles da ist, und da die Tische nicht weit voneinander entfernt stehen, hört der Nebentisch leicht mit – schnappt aber eher Branchenklatsch als Geschäftsgeheimnisse auf.
Airport Club
Weniger als zehn Minuten brauchen Vielflieger vom Terminal an einen der diskretesten Orte Deutschlands. So schnell schaffen sie es in den Frankfurter Airport Club. „Nur für Mitglieder“ steht auf dem Knopf für die 9. Etage. Oben erwartet die rund 2000 Mitglieder und ihre Gäste eine gediegene Atmosphäre. „Hier werden Gespräche geführt, die bewusst nicht jeder mitbekommen soll“, sagt Geschäftsführer Roland Ross. Dafür können Mitglieder einen der insgesamt 32 Konferenzräume reservieren. Mit Holz vertäfelt und durch Stoffwände schallsicher gedämpft, garantieren sie Anonymität. „Besonders beliebt sind die Plätze mit Blick auf das Rollfeld“, verrät Ross.
Einladung vonnöten
Im Juli 2008 eröffnete hier Familie Schaeffler dem Continental- Management ihre Übernahmepläne. Nicht nur der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat hier schon geheime Gespräche geführt. Siemens-Chef Peter Löscher besucht die Räumlichkeiten ebenso wie auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Kein Wunder, ist die Deutsche Bank neben der Lufthansa einer der Inhaber des 1988 gegründeten Clubs. Interessenten brauchen eine Einladung von Lufthansa oder Deutscher Bank oder die Empfehlung eines Mitglieds. Wer ganz unter sich bleiben will, kann sich das Essen gleich im Konferenzraum servieren lassen – und statt des Fahrstuhls den Hintereingang durch die Küche nehmen.