Arbeitsmarkt Frauen, die zuhause bleiben, kosten Billionen

Würden in Europa alle Frauen arbeiten gehen, stiege das BIP in den nächsten acht Jahren um 2,1 Billionen Euro. Von der Innovationskraft ganz zu schweigen. Unternehmen und Politik müssten hier zusammen arbeiten.

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Frauen, die dem Arbeitsmarkt fernbleiben, kosten die Wirtschaft Billionen. Quelle: dpa

In Sachen Gleichstellung sieht es auf dem deutschen Arbeitsmarkt - im Vergleich - gar nicht mal so schlecht aus. Und das nicht nur, weil es hierzulande durchaus Vorstandsfrauen und Männer in Teilzeitjobs gibt. In Deutschland sind 71 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter berufstätig.

Zum Vergleich: Auf Malta gehen nur 43 Prozent der Frauen einer bezahlten Arbeit nach, in Griechenland sind es 49 Prozent, der EU-Durchschnitt liegt bei 62 Prozent. Das geht aus dem Bericht "Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt – Deutschland und Europa" des Statistisches Bundesamtes hervor.

Das bedeutet: Die EU verzichtet auf 38 Prozent der Arbeitskräfte. Ein teurer Spaß, wie die aktuelle Studie "Women Matter" der Unternehmensberatung McKinsey zeigt. Demnach würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) allein in Westeuropa um 2,1 Billionen Euro steigen, wenn alle Frauen im erwerbstätigen Alter arbeiten gingen.

Auch die Studie "The Mix That Matters: Innovation Through Diversity" der Boston Consulting Group (BCG) und der Technischen Universität München (TUM) belegt: Je mehr Frauen einer bezahlten Arbeit nachgehen, desto besser geht es der Wirtschaft eines Landes. Und: Mit einer höheren Gesamtbeschäftigung steigt auch die Innovationskraft.

Diese Länder haben den höchsten Anteil von Frauen in Führungspositionen

Nationen, in denen besonders viele Frauen zuhause bleiben und die Kinder hüten, stehen wirtschaftlich also nicht nur schlechter da, sie lassen auch ihr Innovationspotenzial brach liegen und verschlechtern so ihre Wettbewerbsfähigkeit. Um die Innovationskraft eines Landes zu steigern, reicht es aber nicht, die Zahl der Kellnerinnen, Kassiererinnen oder Zimmermädchen zu erhöhen: Damit gute Ideen auch umgesetzt werden, müssen auch mehr Frauen in Positionen arbeiten, wo sie Entscheidungen treffen können. Das ist nicht nur in Malta oder Spanien so, auch in Deutschland. "Geschlechtervielfalt in der Führungsetage ist entscheidend für die Innovationsstärke eines Unternehmens", sagt Rocío Lorenzo, Partnerin bei BCG und eine der Studienautorinnen.

So hoch ist der Frauenanteil in den Dax-Konzernen

Damit mehr Patente angemeldet werden, reicht eine Quotenfrau jedoch nicht aus. Einen deutlichen Innovationsschub gebe es erst ab einem Frauenanteil von 15 bis 20 Prozent im Management. Unternehmen mit einem Frauenanteil jenseits der 15 bis 20 Prozent haben einen mehr als 30 Prozent höheren Umsatzanteil von innovativen Produkten als andere. Spitzenreiter in Sachen Innovation sind Länder wie Schweden, Island, Norwegen, Finnland und Dänemark - wo auch überdurchschnittlich viele Frauen erwerbstätig und in höheren Positionen sind.

Damit Deutschland nicht weiterhin von den skandinavischen Ländern abgehängt wird, was Innovationskraft und Gleichstellung angeht, bräuchte es einen Mix von Maßnahmen. Und zwar nicht nur von Seiten der Unternehmen "Politische Besonderheiten wie Ehegattensplitting, aber auch das Betreuungsgeld und traditionelle Rollenbilder für Männer und Frauen schwächen die Wirtschafts- und Innovationskraft unserer Ökonomie", sagt Isabell Welpe, Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie und Organisation an der TUM und Koautorin der Studie. "Solange sich die Bedingungen in Politik und Gesellschaft nicht deutlich verbessern, laufen zusätzliche Förderinitiativen der Wirtschaft wie etwa Mentorenprogramme oft ins Leere."

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