Arbeitsrecht Überstunden, die der Chef verlangen kann

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Ob Überstunden bezahlt werden, hängt vom Gehalt ab

Weshalb Ihr Boss Sie feuern müsste
Bei Spesenabrechnungen geht oft einiges schief, weshalb der schnellste Weg, einen unliebsamen Angestellten loszuwerden, über dessen Reisekostenabrechnungen führt. Wenn Sie schon einmal blind den Beleg unterschrieben haben, denen Ihnen Ihre Sekretärin vorgelegt hat oder Belege gesammelt und dann aus dem Gedächtnis Reisen (falsch) rekonstruiert haben, kann ihr Chef Sie entlassen. Eine falsche Spesenabrechnung ist nämlich nichts anderes als ein Versuch, sich auf Kosten des Unternehmens zu bereichern. Quelle: Reuters
Hand aufs Herz: Haben Sie noch niemals während der Arbeitszeit eine private E-Mail geschrieben? Doch? Dann kann Ihr Chef Sie rausschmeißen - und zwar unabhängig davon, ob Sie die Mail über Ihre Firmenadresse oder Ihren privaten Anbieter wie Gmail oder web.de verschickt haben. Er hat nämlich das Recht, private E-Mails vollständig zu verbieten. Quelle: dpa
Genauso hat Ihr Chef das Recht, Ihnen das private Surfen am Arbeitsplatz zu verbieten. Wird gegen das Verbot verstoßen, müssen Beschäftigte mit Abmahnungen oder Kündigungen rechnen. Quelle: dpa
Gleiches gilt für private Telefonate - das schließt auch Ihr privates Handy mit ein. Prinzipiell sind Privatgespräche während der Arbeitszeit nur in Notfällen erlaubt. Quelle: AP
Auch Arztbesuche sind Ihr Privatvergnügen. Während der Arbeitszeit dürfen Sie nur im Notfall zum Arzt. Quelle: dpa
Wenn Sie Ihr Handy im Büro aufladen, wären Sie nicht der erste, der deshalb eine Kündigung erhält. Faktisch ist das Laden des Handys im Büro Diebstahl. Nur wer das Handy auch dienstlich nutzt, darf es auch im Unternehmen aufladen. Quelle: dpa
Weil Sie so viel arbeiten, trifft der Postbote Sie nie an und zur Filiale schaffen Sie es auch nie? Lassen Sie sich Ihre Pakete trotzdem nur mit der Genehmigung Ihres Vorgesetzten an die Arbeit schicken. Denn auch die Poststelle dürfen Sie nicht für private Zwecke nutzen. Quelle: dpa

Davon profitierte etwa ein Lagerarbeiter, der in einer Spedition für 42 Stunden die Woche 1.800 Euro monatlich erhielt. Das Bundesarbeitsgericht erklärte die in seinem Vertrag festgehaltene Regelung für unwirksam, Überstunden nicht zu bezahlen. Schließlich habe der Mitarbeiter bei der Unterzeichnung nicht ahnen können, wie viel Arbeit auf ihn zukommt. Im Prozess nach Vertragsende sprachen ihm die Bundesarbeitsrichter eine Überstundennachzahlung für drei Jahre zu.

Kein Glück hatte ein Rechtsanwalt vor dem Bundesarbeitsgericht. Auch er forderte die Bezahlung seiner Überstunden ein und scheiterte. Als Grund nannten die Richter sein Jahresgehalt von rund 80.000 Euro brutto. Bei dieser Bezahlung sei es, wie bei einer Führungsposition, üblich, Leistung zu erwarten, die über das Normalmaß hinausgeht. Es ist fraglich, wie gerecht dieses zweierlei Maß ist. Schließlich ist in beiden Fällen Mehrarbeit mehr Arbeit.

Die verschiedenen Urteile zeigen, dass es sich lohnen kann, für seine Extra-Bezahlung zu kämpfen. „Zuerst sollte man mit dem Chef sprechen und dabei auch den Betriebsrat einschalten. Wenn das nicht fruchtet, sollte man vor Gericht ziehen“, empfiehlt Christian Götz von Verdi. „Viele Arbeitnehmer scheuen sich, vor Gericht zu ziehen, aber dafür gibt es keinen Grund.“

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