Aufsichtsräte Kontrolleure kämpfen um mehr Einfluss

Die Machtbalance zwischen Vorständen, Aufsichtsräten und Wirtschaftsprüfern ist nicht austariert. Vor allem die Kontrolleure wollen mehr Mitsprache – ein neuer Berufsverband soll ihnen dabei helfen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Aufsichtsratschef der Commerzbank Klaus-Peter Müller Quelle: AP

Eigentlich hatte er nur einen Vortrag vor gleichgesinnten Spezialisten halten wollen. „Was erwartet ein Konzern wie die Deutsche Telekom bei Ausschreibungen von Abschlussprüfern?“, fragte Telekom-Finanzvorstand Timotheus Höttges in die illustre Runde. Und die 320 Wirtschafts- und Finanzexperten, die die Schmalenbach-Gesellschaft zu ihrer traditionellen Jahrestagung nach Köln geladen hatte, staunten nicht schlecht über die Antworten, die Höttges auf seine rhetorische Frage parat hatte.

Wirtschaftsprüfer müssten ihm, dem Finanzvorstand, „rund um die Uhr, sieben Tage die Woche“ zur Verfügung stehen. Er fordere zudem aktive Beratung der Verwaltung in aktuellen Entscheidungssituationen, „um Haftungsfragen zu entgehen“. Außerdem sollten sowohl die Vertretung der Unternehmensinteressen bei internationalen Standardsetzern als auch die Telekom – gemeint war wohl der Vorstand – jederzeit den „Bearbeitungsstand des Prüfungsprozesses einsehen können“.

So gut sind die Aufsichtsräte der Dax-Konzerne
Manfred Schneider Quelle: AP
Jürgen Weber Quelle: Reuters
Fritz-Jürgen Heckmann Quelle: Presse
Wolfgang Mayrhuber Quelle: dpa
Ferdinand Piech Quelle: AP
Eggert Voscherau Quelle: Presse
Ralf Bethke Quelle: Presse

Dumm nur, dass die Usancen, die Telekom-Vorstand Höttges als vorbildlich deklarierte, glatt gegen geltendes Recht verstießen. Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW), klärte den Top-Manager daraufhin vor dem fachkundigen Publikum auf, dass Wirtschaftsprüfer von Berufs wegen zwar das Management kontrollierten – dass sie aber mitnichten dessen Hilfsorgan seien.

Ein Jahr liegt der Vorfall mittlerweile zurück. Doch das fulminante Eigentor des bekennenden Bayern-Fans, der außerdem im Aufsichtsrat des Münchner Fußballclubs sitzt, löst in Fachkreisen immer noch wahlweise Schmunzeln oder Kopfschütteln aus. Vor allem aus einem Grund: Höttges’ entlarvendes öffentliches Bekenntnis ist ein klares Indiz dafür, dass die Machtbalance zwischen Aufsichtsrat, Abschlussprüfer und Vorstand nicht austariert ist – und das nicht nur bei der Telekom.

Mehr Abstand

„Per Gesetz ist zwar der Aufsichtsrat der offizielle Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers“, sagt Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Herausgeber der Zeitschrift „Der Aufsichtsrat“: „Die Prüfer aber konzentrieren sich lieber auf den Finanzvorstand, weil sie sich von ihm zusätzliche Beratungsaufträge erhoffen.“

„Der Abstand zwischen Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat ist häufig noch zu groß“, sagt auch Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratschef der Commerzbank und Präsident der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. „Aufsichtsrat und Abschlussprüfer tragen Mitverantwortung für die Zukunft des Unternehmens. Beide sind völlig zu Recht in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%