Aufsichtsräte Kontrolleure kämpfen um mehr Einfluss

Seite 2/3

Verbindliche Grundsätze

Multi-Aufsichtsrat Hans-Joachim Körber Quelle: AP

Als vor drei Jahren die Banken infolge der Finanzkrise reihenweise zusammenklappten, läuteten nicht einmal die Alarmglocken. Seitdem werden alle rund 100 000 Aufsichtsräte in den etwa 18 000 Aktiengesellschaften hierzulande mit neuen Gesetzen, Regelungen und Verbesserungsvorschlägen konfrontiert. Und zwar gleich von mehreren Seiten: vom deutschen Gesetzgeber, von der Regierungskommission Corporate Governance sowie der Europäischen Union.

„Die Anforderungen werden immer höher“, sagt dementsprechend auch Ex-Metro-Chef und Multi-Aufsichtsrat Hans-Joachim Körber. „Die Aufsichtsräte sollen unabhängiger, weiblicher, professioneller werden. Bei all diesen Initiativen und Vorschlägen wurde bislang aber mehr über als mit denjenigen gesprochen, die all das in der Praxis umsetzen sollen.“

Auch deshalb hat Körber gemeinsam mit rund 20 weiteren Aufsichtsratskollegen gehandelt und vor acht Wochen die Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland (VARD) gegründet.

Der Berufsverband will erstmals verbindliche Grundsätze für die Arbeit von Aufsichtsräten formulieren. Außerdem will er erreichen, dass der Berufsstand in der Diskussion um die Verbesserung der Unternehmenskontrolle erstmals mit einer eigenen Stimme spricht.

Wo Europas Chefs entscheiden
Assicurazioni GeneraliFür ihr Buch "The Table of Power 2" hat die niederländische Künstlerin Jacqueline Hassink die Konferenzräume der größten europäischen Konzerne fotografiert. Direkt am berühmten Markusplatz in Venedig liegt beispielsweise der exklusive Konferenzraum der italienischen Versicherungsgruppe Generali. Das Hauptquartier befindet sich zwar inzwischen in Triest, doch mehrmals im Jahr werden auch Meetings in dem alten Palast aus dem zwölften Jahrhundert abgehalten. Doch nicht immer trifft sich die Führungsriege in so exklusivem Ambiente. Quelle: Jacqueline Hassink
VolkswagenEntscheidend bei der Gestaltung der meisten Konferenzräume ist, dass es nicht zuviel Ablenkung gibt. "Die Räume sind sehr beruhigend, die Symmetrie ist wichtig und alles darauf ausgerichtet, dass man fokussiert arbeiten kann", sagt Hassink. Selten fand sie teure Kunstwerke, die möglicherweise nur zum Abschweifen der Gedanken führen könnten. Ein paar lose Kabel, wie hier bei Volkswagen stören dagegen wohl nicht. Quelle: Jacqueline Hassink
BNP ParibasDie französische BNP Paribas war eine der wenigen Großbanken, die Hassink in ihren Konferenzraum ließ. Etwa sieben Mal im Jahr trifft sich der Aufsichtsrat der Bank im ehemaligen Pariser Paribas-Hauptquartier. Quelle: Jacqueline Hassink
ThyssenKrupp"Die deutschen Unternehmen sind vergleichsweise bescheiden", sagt Hassink. ThyssenKrupp ist dafür ein gutes Beispiel. Quelle: Jacqueline Hassink
Deutsche TelekomAuch bei der Deutschen Telekom in Bonn war die Künstlerin über die simple Ausstattung überrascht: "Billig ist vielleicht nicht das richtige Wort aber die Materialien schienen nicht die höchste Qualität zu haben." Quelle: Jacqueline Hassink
SiemensVor fünfzehn Jahren hat die Fotografin schon einmal die "Tische der Macht" fotografiert. Den Konferenzraum von Siemens hat Hassink kaum wiedererkannt: "Das war früher ein eher futuristischer Raum, mit grün-metallischen Wänden, grünlichem Teppich". Die Stühle seien jedoch die gleichen geblieben. Quelle: Jacqueline Hassink
MetroDie Konferenzräume sind heute viel technischer als früher. Bei der Metro AG sind Bildschirme im Tisch integriert. Eine besondere Lichtinsel sorgt automatisch dafür, dass während einer Videokonferenz alle Mitglieder gleich ausgeleuchtet sind. Quelle: Jacqueline Hassink

„Der Posten eines Aufsichtsrats ist längst kein Ehrenamt mehr, sondern ein Beruf“, sagt auch Peter Dehnen, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Aufsichtsratsagentur Germanboardroom in Düsseldorf. Er unterstützt Aufsichtsräte bei ihrer Arbeit mit Back-Office-Dienstleistungen und hat die Gründung des Berufsverbands mit vorangetrieben. „Die gestiegenen Anforderungen an die Aufsichtsräte erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Arbeit, des Einzelnen wie auch des gesamten Gremiums.“

Blind in die Falle

Und ein Überdenken der Rahmenbedingungen, die sich durch seinen besonderen Status als freiberuflich tätiger Unternehmer ergeben. Denn Aufsichtsräte werden von der Hauptversammlung gewählt. Einen Vertrag mit dem Unternehmen, das sie kontrollieren und für dessen Schicksal sie mit ihrem persönlichen Vermögen haften, hat aber keiner von ihnen.

Um nicht blindlings in die Haftungsfalle zu tappen, brauchen Unternehmenskontrolleure heute in sehr viel stärkerem Maße operatives Know-how in der Branche des Unternehmens, über das sie wachen sollen. „Außerdem ist ein starkes Selbstbewusstsein gefragt. Aufsichtsräte müssen Rückgrat besitzen. Ihr Job ist es, dem Vorstand die richtigen Fragen zu stellen“, sagt Dehnen. „Nur so kann Kontrolle wirksam funktionieren.“

Multi-Aufsichtsrat Körber, erster Präsident der VARD, will deshalb Mindeststandards erarbeiten, die sich auf unterschiedliche Unternehmenstypen übertragen lassen. „Schließlich macht es einen Riesenunterschied, ob man Aufsichtsrat in einem Dax-Konzern, in einem Familienunternehmen mit Fremdgeschäftsführer oder einem familiengeführten Unternehmen ist.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%