Berühmte letzte Worte

Wann werden Investoren wach und weise?

Investoren wie Pensions- und Rentenkassen, Versicherungen oder Banken sollten nicht länger in sich-gesundschrumpfende Unternehmen investieren, sondern früher intervenieren.

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Nach vielen missglückten Versuchen sollten Manager erkennen, dass Gesundschrumpfen nicht der richtige Weg sein kann, findet unser Kolumnist. Quelle: Fotolia

Liebend gerne würde ich aus aktuellem Anlass folgende - imaginierte - Pressemitteilung einer deutschen Investorengruppe lesen:

In den letzten Wochen lesen wir allüberall immer wieder von Mitarbeiterentlassungen. Gesundschrumpfung scheint an der Tagesordnung. Dies ist mittelalterliche Managementphilosophie. Aderlass hat noch den Wenigsten geholfen. Gesundschrumpfen schwächt. Es heilt nicht, und stärkt keinesfalls.

Gesundschrumpfen ist eine Ohrfeige für unser wichtigstes Asset, die menschliche Arbeitskraft und ihre Quelle von Leidenschaft, Vielfalt, Kreativität und Innovationsstärke.

Gesundschrumpfen ist ein Zeichen katastrophalen Managements, lautet unsere einhellige Meinung.

Gesundschrumpfen ist die allerletzte Rettung des Unternehmens von Gestern. Das Unternehmen von Morgen kann derartiges nicht nötig haben. Ebenso wenig wie eine vorbildliche Führungspersönlichkeit.

Wir können eher auf einen Top-Manager verzichten als tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit, die ARGE und damit ein wahrlich ungewisses Schicksal zu entlassen.

Der erfolglose Top-Manager ist - ähnlich dem erfolglosen Politiker - über Jahre hinweg fürstlich abgesichert, weil er sich via Gesetz bzw. Arbeitsvertrag längst selbst bedient hat. Aber irgendwann muss Schluss sein.

Kein Unternehmen kann sich Gesundschrumpfung leisten. Kein Unternehmen kann sich effizienz-optimierende Gesundschrumpfer leisten.

Kein Unternehmen kann sich den Verzicht von buchstäblich tausenden Jahren Erfahrung durch den Verlust seiner Mitarbeiter leisten. Kein einzelner Top-Manager kann das aufwiegen.

Keine noch so schön benannte Effizienz-Optimierungs-Initiative kann diesen Verlust ausgleichen. Keine aktuelle Dividende kann den Zukunftsschaden, den das Unternehmen mit einer Gesundschrumpfung nimmt, wiedergutmachen.

Top-Manager sind eingestellt, Schaden vom Unternehmen abzuwenden, Probleme erst gar nicht entstehen, Gewinne nicht sinken, sondern steigen zu lassen.

Dies nicht kurzfristig, sondern langfristig. Nicht als Reaktion, sondern vorausschauende Aktion. Kreativ, innovativ, relevant. Distinktiv. Zukunftsfähig.

Und bestimmt nicht auf Kosten der Mitarbeiter. Versagt das Management - und das hat es wohl schon Jahre zuvor, wenn plötzlich so viele Menschen gehen müssen - können nicht die Mitarbeiter bestraft werden.

Wir Investoren haben es soweit kommen lassen, weil wir in zu vielen Aufsichtsräten sitzen. Weil wir eigentlich keine Ahnung vom Geschäft haben. Weil wir (auch) nicht in der Zukunft leben, die Menschen und die Welt nicht verstehen. Weil der CEO unser Freund ist und wir ihm deshalb den Job zutrauten. Weil wir nur auf das schnelle Geld schauten, aber die langfristigen Verluste eines konservativen Managements und einer konservativen Kultur nicht einkalkulierten in unsere langfristigen Gewinnrechnungen, die schließlich auch unseren Töchtern und Söhnen ein erquickliches Einkommen sichern sollen.

Damit ist nun Schluss.

Gesundschrumpfen macht weder für den Einzelnen, noch die Gesellschaft, noch das Unternehmen irgendeinen Sinn. Gesundschrumpfen kann also auch für uns Investoren keinen Sinn machen.

Natürlich müssen marode Unternehmen gerettet werden - aber nicht durch Entlassungen, sondern durch kurzfristigen Verzicht der Top-Manager und Aktionäre. Diese können Einschnitte am ehesten verkraften und werden beim nächsten Mal besser aufpassen, um es etwas flapsig auszudrücken.

Darauf in Zukunft zu achten gebietet uns der Anstand, unser Respekt vor den hart arbeitenden Menschen und unser Gesunder Menschenverstand.

Wir können nicht länger ein Management in Verlags-, Auto-, Energie- und weiteren Industrie dulden, das Jahrzehnte notwendigen Wandels verschläft, um sich anschließend der humanitären Verantwortung für unsere Mitarbeiter, unsere Wirtschaft und unseren gesellschaftlichen Wohlstand zu entziehen.

Vielen Dank für Ihre Zeit.

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