Best of Consulting 2017 Das sind Deutschlands beste Unternehmensberatungen

In Deutschland gibt es 16.000 Beratungsfirmen. Aber welche sind ihr Geld wert? Zum neunten Mal zeichnet die WirtschaftsWoche die besten Unternehmensberatungen aus.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das sind Deutschlands beste Unternehmensberater
Best of Consulting Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Über den ersten Platz in der Kategorie Restrukturierung freuen sich die Berater von Ebner Stolz (v.l.n.r): Andreas Schüren, Marcus Losch und Jens Petersen. Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Es läuft immer nach dem gleichen Muster: Zuerst entdeckt die Führung eines Unternehmens ein Problem. Mal läuft es schlecht in der Produktion, mal mies im Vertrieb, im Kern geht es jedoch immer um zwei Punkte: Entweder das Unternehmen nimmt zu wenig ein, oder es gibt zu viel aus. Doch egal, wie bedrohlich die Lage, wie unzufrieden die Angestellten, wie planlos die Führungsebene: Berater sollen es richten, wenn Manager nicht mehr weiterwissen.

An Auswahlmöglichkeiten mangelt es hierzulande nicht. 2016 boten in Deutschland mehr als 115.000 Unternehmensberater in über 16.000 Beratungsfirmen ihre Dienste an. Aber welche sind ihr Geld wirklich wert?

Diese Frage steht im Zentrum des Wettbewerbs Best of Consulting. Zum insgesamt neunten Mal zeichnet die WirtschaftsWoche die besten Beratungsprojekte aus, und zwar in verschiedenen Kategorien: Wettbewerbsstrategie, Finanz- und Risikomanagement, Marketing und Vertrieb, Personal-, Supply-Chain- und IT-Management.

Best of Consulting 2017: Die besten Projekte deutscher Unternehmensberater.

Außerdem gibt es Sonderpreise in den Bereichen Innovation, Pro Bono und Digitalisierung. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) setzte die Branche in Deutschland im Jahr 2016 29 Milliarden Euro um, die Top drei waren McKinsey, BCG und Roland Berger. Doch es gibt eben auch Beratungen, die weniger einnehmen, aber viel Gutes tun. Sie konnten sich beim Best of Consulting mittelständische Beratungen bewerben. Über die Siegerprojekte lesen Sie auf den kommenden Seiten.

Weitere Infos: award.wiwo.de/boc

Best of Consulting - Die besten Beratungsprojekte 2017

Die Sieger der Kategorie M & A und Finanz- und Risikomanagement

Platz 1: Network Corporate Finance
Platz 2: Clearwater International
Platz 3: Goetzpartners Corporate Finance

Diskrete Vermittler

Network Corporate Finance brachte zwei Manager, zwei Firmeninhaber und einen Investor zusammen. Das Ergebnis: ein neuer Hersteller für Fertiggerichte.

Eigentlich hat Joachim Dübner nur zwei Arten von Auftraggebern. Der Gründer der Beratung Network Corporate Finance (NCF) verdient sein Geld damit, Fusionen und Übernahmen einzufädeln, entweder für den Käufer oder für den Verkäufer. Insofern war eine Anfrage ungewöhnlich, die Dübner im Jahr 2014 erhielt. Ein Bekannter erzählte ihm von einem Plan. Er wollte mit einem Geschäftspartner zwei Unternehmen der Lebensmittelbranche übernehmen, allerdings zusammen mit einem Investor – und der sollte die Mehrheit halten. Welche Firmen genau? Unklar. Welcher Investor? Ebenfalls.

Best of Consulting 2017 Mittelstand: Die besten mittelständischen Beratungen.

Umso dringender brauchte Dübners Bekannter externes Fachwissen. Dass sich der Berater auf den zunächst vagen Auftrag einließ – inklusive vollständig erfolgsabhängiger Bezahlung –, war allerdings kein reiner Freundschaftsdienst. „Das Projekt hat mich gerade deswegen gereizt, weil es so ungewöhnlich war“, sagt er. „Und die Initiatoren sind auf ihrem Gebiet absolute Experten.“ Sein Bekannter Helmut Morent war bis Mitte 2013 Geschäftsführer von Freiberger Lebensmittel. Die Berliner Firma stellt Tiefkühlpizzen her, die Supermärkte unter eigenem Markennamen verkaufen. Morents Kompagnon François Legrain war zuvor Manager bei der französischen Großbäckerei Délifrance. Zusammen wollte das Duo einen Hersteller von „Convenience Food“ – neudeutsch für Instantsuppen und Fertiggerichte – aufbauen. Ein Investor sollte dazu bereits bestehende Firmen übernehmen, die diese Lebensmittel im Auftrag von Handelsketten herstellen.

Morent und Legrain hatten zehn Unternehmen identifiziert, deren Eigentümer über einen Verkauf nachdachten. Dass die beiden als Unternehmer und nicht als Investoren vorsprachen, sei ein Vorteil gewesen, sagt Morent: „Gerade Familienunternehmer wollen ihren Betrieb in guten Händen wissen.“ Dübner half, alle wichtigen Finanzdaten zusammenzutragen und die Frankfurter Private-Equity-Gesellschaft Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) als Partner zu gewinnen, parallel liefen die Gespräche mit möglichen Verkäufern. Zwei Jahre lang. „Ein großer Teil meiner Arbeit bestand darin, zwischen den Parteien zu vermitteln und zu moderieren“, sagt Dübner. Letztlich einig wurden sie mit den Inhaberfamilien der Frikadellenbraterei Abbelen aus dem nordrhein-westfälischen Tönisvorst und dem britischen Fertiggerichtproduzenten Oscar Mayer.

Hidden Consultants - Die besten mittelständischen Beratungen

Kleine Details, große Bedeutung

Bis zum Kaufabschluss im April 2017 stand das Projekt immer wieder vor dem Scheitern, Diskussionen gab es vor allem über den Kaufpreis. Aber auch vermeintliche Kleinigkeiten bekommen große Bedeutung, wenn jemand sein Lebenswerk verkauft. „Es kam vor, dass mich der englische Unternehmer spätabends anrief und bestimmte Formulierungen im Kaufvertrag haargenau erklärt haben wollte“, sagt Dübner. Auf der anderen Seite forderte die DBAG Kennzahlen ein, um die sich die Familienunternehmer bis dato nie geschert hatten. In Spitzenzeiten waren daher zwei weitere NCF-Partner und zwei Mitarbeiter beteiligt.

Inzwischen leitet Morent die Geschäfte von Abbelen, Legrain jene bei Oscar Mayer, gemeinsam beschäftigen sie mehr als 3000 Mitarbeiter. An der neuen Holding More than Meals hält die DBAG 90 Prozent, die Manager halten den Rest. Das Duo will nun international expandieren und weitere Zukäufe tätigen. Dübner kann sich auf weitere Aufträge freuen.

Die Sieger der Kategorie Restrukturierung

Platz 1: Ebner Stolz Management Consultants
Platz 2: PwC
Platz 3: Detecon

Wieder gesund

Das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) befand sich in einer existenziellen Krise. Dank Ebner Stolz laufen die Geschäfte wieder gut.

Medizinisch betrachtet lag der Patient auf der Intensivstation. Bereits seit 1969 will das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) in Deutschland eine flächendeckende Dialysebehandlung ermöglichen. Der Gründer des gemeinnützigen Vereins wollte damals einen nierenkranken Freund unterstützen, daraus entstand ein bundesweites Netzwerk mit mehr als 200 Nierenzentren. Dort können sich Patienten vor Dialysen von Ärzten beraten, während des Blutaustausches behandeln oder nach Transplantationen betreuen lassen. Die Rechnungen begleichen die Krankenkassen. Doch weil die gesetzlich festgelegten Sätze im Jahr 2013 reduziert wurden, stand das KfH ein Jahr später vor einer existenziellen Krise. Die Erlöse waren eingebrochen, ein interner Konflikte zwischen Mitarbeitervertretern und Geschäftsführung aufgebrochen. Gleichzeitig ließen sich die Preise nicht beliebig erhöhen, weil sie von einem öffentlich-rechtlichen Ausschuss festgelegt werden. Die Vereinsmitglieder der KfH sind zudem größtenteils genau jene Mediziner, die die Standorte betreiben.

Best of Consulting 2017

Deshalb fand Jens Petersen „eine bunte Mischung an Interessen vor“, wie er heute sagt. Als Partner im Kölner Büro der Beratung Ebner Stolz nahm er sich des schwierigen Patienten im Frühjahr 2014 an. Zuerst gelang es den Restrukturierungsspezialisten, einige Einkaufsleistungen zu bündeln. „Das war noch ein Klassiker“, sagt Petersen. Dann analysierten die Berater an allen Standorten die Geschäftszahlen, um das bundesweite Netzwerk miteinander vergleichen zu können.

Der Weg zur Wende

Die neue Transparenz sollte helfen, die besten Standorte zu erkennen – und von ihnen zu lernen. Mit Erfolg. „Sowohl auf der Personal- als auch auf der Sachkostenseite wurden erhebliche Optimierungspotenziale gefunden“, sagt KfH-Chef Dieter Bach in schönstem Beratersprech. So gelang es etwa, einige Kooperationsverträge mit Kliniken neu zu verhandeln – in guten Zeiten hatten die von den jahrzehntealten Dokumenten profitiert, ohne dass irgendjemand über die Konditionen nachdachte. Doch auf dem Weg zur Wende lauerte noch ein anderes Problem. Nicht jeder Standortverantwortliche erkannte den Ernst der Lage. Wie wollte man sie von der Notwendigkeit der Veränderungen überzeugen?

Berater und Vorstand sprachen viel mit den Medizinern, erklärten die Ursachen der akuten Krise und schworen das Team auf die gemeinsamen Anstrengungen ein. Auch die Berater mussten sensibel vorgehen: „Solch ein Unterfangen kann nur gelingen, wenn wir als temporärer Partner der Organisation akzeptiert werden“, sagt Petersen. Eine Zeit lang war er als externer Generalbevollmächtigter sogar Mitglied der KfH-Geschäftsführung.

Schritt für Schritt gelang die Gesundung gemeinsam, die Sanierungsphase konnte sogar ein ganzes Jahr vor dem Zeitplan abgeschlossen werden. Über einen Zeitraum von drei Jahren sparten die Nierenspezialisten einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Und das, obwohl auch Standorte mit eher durchschnittlichen Zahlen erhalten blieben. Aber die flächendeckende Versorgung ist dem KfH eben wichtiger als hoher Profit.

Die Berater sind allerdings weiterhin mit dabei. Das KfH will den neuen Schwung nun dazu nutzen, um den Marktanteil und die Umsätze zu steigern – um der nächsten Krise aktiv vorzubeugen.

Die Sieger der Kategorie Supply-Chain-Management

Platz 1: Kerkhoff Consulting
Platz 2: DHL Consulting
Platz 3: Höveler Holzmann

Raus aus dem Silo

Der Nahrungsmittelproduzent Agrana wollte seine Lieferkette verändern – und nutzte dafür auch Lego-Bausteine.

Das Unternehmen kannte Dirk Schäfer schon lange, aber die Komplexität war ihm neu: Der österreichische Nahrungsmittelproduzent Agrana, Hersteller von Zucker, Stärke und Fruchtzubereitungen, 8600 Mitarbeiter an 55 Produktionsstandorten weltweit, wollte eine Abteilung umbauen. „Es ging um eine Effizienzsteigerung quer durch das ganze Unternehmen“, sagt Schäfer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Kerkhoff Consulting mit Hauptsitz in Düsseldorf.

Best of Consulting: Die besten Projekte deutscher Unternehmensberater. Quelle: Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein

Im Fokus, das war den Beratern und der Geschäftsführung jedoch rasch klar, stand die Lieferkette. Jahrzehntelang hatte sie gut funktioniert. In der Vorproduktion wurde aus Kartoffeln oder Mais Stärke gewonnen, um sie hinterher für verschiedene Kunden weiterzuverarbeiten – die Abnehmer finden sich vor allem in der Nahrungsmittelindustrie. Doch Schäfer merkte: Die Kapazitäten in der Herstellung waren am Limit, ein Wachstum nicht mehr möglich. Und dem Berater wurde klar: Sein Kunde muss die gesamte Wertschöpfungskette neu aufstellen, um mehr zu produzieren, schneller auf Kundenwünsche zu reagieren und dabei stets eine hohe Qualität zu garantieren. Über die angestrebte Höhe der Einsparungen waren sich das Kerkhoff-Team und die Agrana-Verantwortlichen schnell einig, doch die Herausforderung lauerte im Detail: 676 einzelne Verbesserungen waren am Ende nötig. Hier wurde die Produktion optimiert, da ein neues IT-System installiert, dort an der Logistik gebastelt. Dazu gehörte, einige Mitarbeiter buchstäblich aus ihren Silos herauszubringen. Denn vielen Angestellten war zu Beginn nicht klar, warum jahrelang etablierte Strukturen plötzlich umgeworfen wurden.

Lernen mit Legos

So entstand eine sogenannte Lernfabrik. Zuerst bei Kerkhoff in Düsseldorf, dann in den österreichischen Werken von Agrana. An mehreren Tischen wurden die wichtigsten Stationen der Produktion in Lego-Technik-Größe nachgebaut, vom Silo über Förderbänder hin zu der Auslieferung.

Klingt verspielt, führte aber zum Ziel. Nach und nach konnten die Mitarbeiter die Folgen einer verspäteten Anlieferung selbst erleben. Auch für den Berater war das Projekt „der Startschuss für eine neue Art von Arbeit“, sagt Schäfer.

Früher wurden die auf Einkauf und Verbesserung der Lieferkette (Supply Chain Management) spezialisierten Kerkhoff-Berater häufig für klar abgegrenzte Projekte bei Kunden eingesetzt – nach drei oder höchstens sechs Monaten war die Checkliste abgearbeitet. Jetzt dauern die Projekte länger und gehen häufig weiter, ohne absehbares Ende. Agrana wiederum hat sich von den Kerkhoff-Ideen ebenfalls inspirieren lassen. Das Unternehmen führt die neue Organisation mit eigenen Mitarbeitern jetzt auch in anderen Produktionslinien ein. Die Kerkhoff-Berater sind als Moderatoren und Unterstützer weiter dabei. Genau so wie die Lernfabrik.

Die Sieger der Kategorie Wettbewerbsstrategie

Platz 1: Innosight
Platz 2: MHP Management- und IT-Beratung
Platz 3: Berylls Strategy Advisors

Disruption im Dilemma

Mithilfe von Innosight zerstört Bayer Environmental Science sein Kerngeschäft lieber selbst – anstatt es anderen zu überlassen.

Fressen und gefressen werden: Dieses alte Gesetz von Charles Darwin gilt nicht nur in der Natur, sondern auch in der Wirtschaft. So beschrieb zumindest der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter das Prinzip der schöpferischen Zerstörung. Demnach wird jede noch so kluge Technologie früher oder später durch eine noch intelligentere Innovation ersetzt. Aber wie sollen Unternehmen Neues vorantreiben, wenn diese Innovationen ihr aktuelles Geschäftsmodell bedrohen? Das ist das klassische Dilemma der Disruption. „Viele schaffen es nicht, darauf eine Antwort zu finden“, sagt Bernard Kümmerli, Senior Partner der globalen Strategieberatung Innosight.

Vor einigen Monaten bekam Bernard Kümmerli einen Anruf von Bayer Environmental Science. Die Geschäftseinheit von Bayer Crop Science produziert Mittel zur professionellen Schädlingsbekämpfung – Köder gegen Schaben, Stäubemittel gegen Ameisen. Kümmerli sollte dabei helfen, das Geschäft zu digitalisieren – und, wenn möglich, gleich noch neue Geschäftsmodelle entdecken. Mit einem Bayer-Team schrieb Kümmerli detailliert auf, wie die neue Idee aussehen könnte. Würde sie ein fundamentales Problem lösen? Wäre sie einzigartig und skalierbar? Welche Risiken gäbe es? Danach entwickelte die Arbeitsgruppe kleine Experimente, um ihre Annahmen zu testen.

So erkennen Sie gute Berater

Diese Vorgehensweise sei typisch für Start-ups, in vielen Konzernen aber nur schwer umzusetzen, sagt Kümmerli. „Dort wird zuerst nach Kennzahlen gefragt.“ Umsatzrentabilität, Kapitalwert, solche Sachen. „Die lassen sich bei einer völlig neuen Geschäftsidee aber kaum vorhersehen“, sagt der Berater. Dort gelte: denken wie ein Manager, handeln wie ein Wagniskapitalgeber.

Zweite Regel für die gelungene Disruption: Der neue Geschäftsbereich sollte vom bisherigen Kerngeschäft unabhängig bleiben. „Sonst wird die Idee so lange angepasst, bis nichts Innovatives mehr übrig bleibt“, sagt Kümmerli. Deshalb setzte der Berater eine eigene Verwaltungsstruktur auf. Das Team berichtete an einen neuen Beirat. „So konnten wir uns fokussieren, agiler werden und Interessenkonflikte ausschließen“, sagt Bayer-Innovationsmanager Chris Pienaar.

Digitale Mäusejagd

Vor wenigen Wochen präsentierte Bayer ein erstes Ergebnis: smarte Mausefallen. Unternehmen, etwa im Lebensmittelbereich, platzieren in ihren Lagern häufig Tausende Fallen. Die müssen regelmäßig gewartet und kontrolliert werden. Eine Aufgabe, die meist an externe Schädlingsbekämpfer vergeben wird. Bayer hat nun ein digitales System entwickelt, mit dem bestehende Fallen nachgerüstet werden können. Das System meldet automatisch, wenn eine Falle zuschnappt, gleichzeitig ermittelt ein Algorithmus die perfekte Fallenverteilung im Gebäude.

Sicher, die Fallen sind erst mal ein Test. Schon bald sollen derartige digitale Ansätze aber auf weitere Schädlingsjagden übertragen werden. Professionelle Kammerjäger dürfte das nicht freuen, denn die sind bisher die Stammkunden von Bayer Environmental Science. Aber bevor ein anderes Unternehmen auf die gleiche Idee kommt, zerstört die Sparte ihr Kerngeschäft lieber selbst.

Die Sieger der Kategorie Sonderpreis Innovation

Platz 1: Infront Consulting & Management
Platz 2: Ginkgo Management Consulting

Spielerisch ans Ziel

Die Beratung Infront verpasste dem Energiediscounter Eprimo ein neues Geschäftsmodell. Nicht am Computer – sondern am Spielbrett.

Hellbraune Erdplatten schwimmen im Ozean, an den Küsten liegen Häfen, miteinander verbunden durch Straßen und Schiffsrouten. Robert Neurohr beugt sich über das Spielfeld, das auf den ersten Blick an das Strategiespiel Risiko erinnert. „Wer dieses Spiel beherrscht, weiß auch, wie man den deutschen Energiemarkt erobern kann“, sagt der 44-Jährige. Wie bitte? Was hat ein Spiel mit einer Wirtschaftsbranche zu tun?

Neue Ansätze

Neurohr ist kein Vertriebler für Gesellschaftsspiele, sondern Partner der Hamburger Strategieberatung Infront Consulting – und die erhielt neulich einen Auftrag von Eprimo. Der Strom- und Gasanbieter mit Sitz im hessischen Neu-Isenburg gehört zur RWE-Tochter Innogy. Bisher besteht das Geschäft von Eprimo vor allem darin, Strom günstig einzukaufen und den Kunden niedrige Preise zu garantieren – deshalb nennt das Unternehmen sich auch selbst „Energiediscounter“.

Aber derzeit steht die gesamte Energiebranche vor Umwälzungen: Neue Anbieter drängen auf den Markt, Sonne und Wind werden als Energiequellen immer wichtiger, Kunden produzieren eigenen Strom. „Bei so einschneidenden Marktveränderungen kommt man mit klassischen Strategiemodellen nicht weiter“, sagt Neurohr.

Also probierte Infront Consulting etwas Neues. Die Berater entwickelten ein Strategiespiel, das die aktuelle Situation in der Energiebranche abbilden sollte. Es gibt Gegner (die Konkurrenz) und Ziele (die Kunden). Gemeinsam mit der Eprimo-Führung setzen sie sich dann an einen Lagetisch – und spielten.

Der Best of Consulting und Best of Consulting mittelständische Beratungen zeichnet zum 8. Mal Deutschlands beste Unternehmensberater aus. Quelle: Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein

Wo braucht Eprimo einen Hafen, um einen bestimmten Kontinent besetzen zu können? Oder anders gefragt: In welchen Geschäftsbereich sollte sich das Unternehmen vortasten? Schließlich grenzte die Führungsriege von Eprimo gemeinsam mit ihren Beratern fünf sogenannte Optionsräume ein – Geschäftsfelder, die sich langfristig lohnen könnten. Danach wurden zwei Bereiche ausgewählt, auf denen Eprimo nun angreifen will.

Blick ins Detail

Eprimo-Strategieleiter Lars Wolf erinnert sich noch gut an die intensiven Diskussionen: „Uns hat es sehr geholfen, strategische Zusammenhänge zu visualisieren“, sagt er. Da man stets über eine konkrete Situation rede, gebe es weniger Missverständnisse. Zudem helfe das Spielfeld, komplexe Sachverhalte auf die wichtigsten Elemente herunterzubrechen: „So behält man das große Ganze im Blick.“ Neurohr verfolgte mit seiner spielerischen Herangehensweise ein ernsthaftes Ziel: mehr Offenheit und Raum für Diskussionen. Denn Konferenzen folgen oft dem gleichen Schema. Einer präsentiert seine Idee, am Ende sagen alle ihre Meinung, fertig. Sinnvoller sei es, miteinander zu reden, sagt Neurohr – und dabei sei ein Spiel durchaus hilfreich: „Dabei kann man Ideen in den Raum werfen, ohne sich gleich dafür rechtfertigen zu müssen.“

Zudem achtete Neurohr von Anfang an darauf, das Team einzubinden. So wurde das Strategiespiel nicht nur mit den Vorständen, sondern auch mit allen Mitarbeitern gespielt. Und am Lagetisch saßen von Anfang an Manager aus verschiedenen Bereichen. „Das führt nicht nur zu besseren Ideen, sondern erhöht später auch die Akzeptanz der Strategie im Unternehmen“, sagt Neurohr. Sein Ziel: Eprimo zum Gewinner zu machen. Nicht nur auf dem Spielbrett, sondern auf dem deutschen Energiemarkt.

Die Sieger der Kategorie IT-Managament

Platz 1: MHP Management- und IT-Beratung
Platz 2: Ginkgo Management Consulting
Platz 3: KPMG

Das Süppchen

MHP macht die Naturkosmetikfirma Weleda fit für die Zukunft – mit einem neuen IT-System.

Soll niemand sagen, Wirtschaft überwinde keine Grenzen. Die Ludwigsburger Management- und IT-Beratung MHP ist ein Tochterunternehmen des Sportwagenbauers Porsche, der auf den Automobilfan und Ingenieur Ferdinand Porsche zurückgeht. Die Arzneimittel- und Naturkosmetikfirma Weleda wurde ins Leben gerufen von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie. Hier der Hersteller schneller Sportwagen und luxuriöser SUVs, dort der Produzent von Hautcreme, Haarshampoo und Hustensaft: Weiter könnten zwei Unternehmenskulturen nicht voneinander entfernt sein. Doch manchmal findet zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört.

In ihrer Geschichte hatte die Naturheilmittelfirma viele Krisen überstanden, allein 2011 hatte sich der Verlust auf gut 8,3 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Der Grund war simpel: Der anthroposophische Geist des Unternehmens, allen Menschen Gutes zu tun, hatte die Betriebswirtschaft ignoriert. So etwas sollte dem Management nicht noch mal passieren. Deshalb beschloss es, auch, seine IT-Strategie zu modernisieren. Eine umfangreiche Aufgabe, die von Beginn an auf sieben Jahre angelegt wurde.

Im April 2014 betrat Jakob Wößner, Senior Manager von MHP, erstmals die Räume von Weleda in Schwäbisch Gmünd. Zuerst waren die Angestellten skeptisch bis ängstlich, schon seit 2012 hatten sie erhebliche Einschnitte ertragen müssen. Doch die Bedenken waren schnell verschwunden, denn die Belegschaft spürte: Wößner ging es nicht primär darum, Altes zu beseitigen, sondern Neues zu starten.

Gemeinsam statt einsam

In den vorangegangenen Jahren hatte Weleda vor allem ums Überleben gekämpft, deshalb waren neue Projekte und Produkte gestoppt worden. Wößners Ziel war es, die Prozesse mithilfe einer modernen IT-Strategie wieder zum Laufen zu bringen.

Die bisherige IT-Abteilung sollte zum Organisations- und Informationsmanagementbereich umgebaut werden – um Impulse für die weitere Entwicklung zu geben. Durch die neue Abteilung sollten zudem die Fachbereiche besser miteinander vernetzt werden.

Seit mittlerweile drei Jahren begleitet Wößner Weleda, ist mehrmals die Woche vor Ort. Das bisher spannendste Projekt seiner elfjährigen Beraterkarriere, sagt er, sei nah dran an einer Organisationsveränderung. Endlich kann er miterleben, ob seine Strategien sich bewähren.

Darum hat Wößner sich auch ein hohes Ziel gesetzt. Weleda soll gewissermaßen immun werden gegen künftige Krisen – das wäre der beste Beweis dafür, dass sich die ungewöhnliche Verbindung zwischen Porsche-Tochter und Steiner-Erbe gelohnt hat.

Die Sieger der Kategorie Pro Bono

Platz 1: Detecon International
Platz 2: EY
Platz 3: PwC

Hilfe zur Selbsthilfe

Wie Detecon die Arbeit der gemeinnützigen studentischen Organisation L’appel erleichterte.

Als Schüler kam Christoph Lüdemann erstmals mit Afrika in Kontakt, seine Schule hatte ein Projekt in Namibia unterstützt. Nach dem Abitur reiste er mit einem Schulfreund nach Ruanda und beschloss, dem vom Bürgerkrieg geschundenen Land zu helfen. 2013 gründete er deshalb den Verein L’appel (Aufruf). Die gemeinnützige Organisation will Jugendlichen in Ruanda und Sierra Leone eine Ausbildung ermöglichen. Was sie dafür braucht? Genau: Geld.

Die meisten Mitarbeiter von L’appel studieren und arbeiten ehrenamtlich. Nach dem Einstieg ins Berufsleben haben sie keine Zeit mehr für wohltätige Zwecke – oder wollen sie sich nicht nehmen. Kurzum: Lüdemann muss ständig alte Mitarbeiter verabschieden und neue suchen. Doch diese Fluktuation führt dazu, dass bei jedem Generationswechsel Wissen verloren geht.

29.11.2017, Düsseldorf Seit 2007 werden herausragende Unternehmen des deutschen Mittelstandes für ihre vorbildlichen Leistungen mit dem Axia Award ausgezeichnet. Seien Sie bei der diesjährigen Verleihung dabei. Wir haben...

Lüdemann beschloss, Hilfe von außen zu suchen – und dabei half ihm sein Netzwerk. Ein Mitglied von L’appel arbeitet bei der Kölner Beratungsfirma Detecon. Dort kümmert sich ein Team aus Nachwuchsconsultants traditionell jedes Jahr unentgeltlich um zwei Non-Profit-Projekte. Ein sechsköpfiges Team um die Detecon-Beraterin Amira Zayed machte sich daran, Lüdemanns Problem zu lösen. Zum Glück waren die Schwierigkeiten für die Gruppe nichts Neues. „Die Hälfte unseres Beraterteams war zu Hochschulzeiten selbst in studentischen Nichtregierungsorganisationen tätig“, sagt Zayed, „deshalb wussten wir aus eigener Erfahrung, woran es beim Vorankommen eines solchen Projekts hapern kann.“

Zayed und ihre Kollegen machten sich zunächst daran, mithilfe einer Software die Gruppe der Spender zu unterteilen – in Privatspender, Unternehmen, Stiftungen und öffentliche Geldgeber. Dieser Überblick sei essenziell, sagt Zayed, jede Gruppe müsse anders und individuell angesprochen werden, um die Finanzierung der Organisation langfristig planen zu können.

Nun analysierten die Berater die Aufgabenverteilung. Und stellten fest, dass die meisten Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung tätig waren: „Die Idee des Projekts nach außen zu tragen ist sicher wichtig“, sagt Zayed, „aber sinnlos, wenn das Wichtigste nicht gewährleistet ist: die finanzielle Basis.“ Inzwischen sind mehr Menschen mit der Akquise beschäftigt. Lüdemann gewann zwei neue Helferinnen, die eine hat bereits Expertise im Spendensammeln, die andere ist Vertrieblerin, beide haben feste Jobs – und werden ihn, anders als viele seiner ehemaligen studentischen Helfer, nicht so schnell verlassen.

Die Sieger der Kategorie Sonderpreis Digitalisierung, Marketing und Vertrieb

Sonderpreis Digitalisierung
Platz 1: Berylls Strategy Advisors
Platz 2: BearingPoint
Platz 3: Innosight Consulting

Marketing und Vertrieb
Platz 1: Berylls Strategy Advisors
Platz 2: Homburg & Partner
Platz 3: Vivaldi

Digitale Vorfreude

Wie Berylls Strategy Advisors dem Daimler-Konzern dabei half, die Käufer eines neuen Autos bei Laune zu halten.

Der Kauf eines Autos ist für manche ein hoch emotionales Erlebnis. Welche Ausstattung und welche Farbe soll es haben? Und was darf es kosten? Die Entscheidung für das eine und gegen das andere Modell kann schon mal mehrere Wochen oder gar Monate dauern. Da mutiert so mancher Autofan zum hibbeligen Kind. Wie aufregend diese Wartezeit für die Kunden bisweilen ist, weiß man auch bei Daimler. Doch der Stuttgarter Autokonzern wollte den Kaufprozess zu einem noch größeren Erlebnis machen und den Kunden noch stärker an die Marke binden, wie man heute so sagt. Deshalb engagierte Daimler die Münchner Beratungsfirma Berylls Strategy Advisors.

Best of Consulting - Die besten Beratungsprojekte 2017

Die Managementberatung hat sich auf die Automobilindustrie spezialisiert und seitdem bereits häufiger mit Daimler kooperiert. Dabei entstand beispielsweise der sogenannte Lifestyle Konfigurator. Er empfiehlt Kunden fünf fertig ausgestattete Mercedes-Modelle anhand persönlicher Vorlieben aus den Bereichen Architektur, Musik, Literatur, Essen oder Trinken. Im Zuge des neuen Projekts sollte der verantwortliche Berylls-Experte Jan Burgard vor allem eine Frage beantworten: Wie überbrücke ich die Zeit zwischen der Fahrzeugbestellung und der Auslieferung?

Denn von der Konfiguration und Bestellung bis zur Fahrzeugübergabe können schon mal Monate vergehen – und in dieser Zeit wird der Kunde gewissermaßen alleine gelassen. So kam Berylls auf die Idee der sogenannten „Digitalen Vorfreude“. Mit dieser Marketingstrategie soll der Kunde nicht nur ein neues Auto kaufen, sondern gleichzeitig Teil der Mercedes-Familie werden.

In nur neun Monaten und in enger Zusammenarbeit mit einem Daimler-Projektteam entstand eine exklusive Website. Darauf können sich die Käufer eines neuen Autos unmittelbar nach der Bestellung nicht nur über die Marke Mercedes informieren. Sie können außerdem die Produktion ihres individuell zusammengestellten Fahrzeuges nahezu in Echtzeit mitverfolgen. Auf Wunsch erhalten sie eine automatische Nachricht aufs Smartphone, wenn das Produktionswerk feststeht, der Rohbau des Autos beginnt, die Schlussabnahme startet, der Transport zum Übergabeort losfährt und ein Termin für die Übergabe feststeht.

Das sind Deutschlands beste Unternehmensberater
Best of Consulting Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Über den ersten Platz in der Kategorie Restrukturierung freuen sich die Berater von Ebner Stolz (v.l.n.r): Andreas Schüren, Marcus Losch und Jens Petersen. Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Best Of Consulting 2017 Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Das Ergebnis begeisterte nicht nur Burgard, sondern überzeugte unabhängige Experten: Seit seiner Einführung wurde der neue Service bereits mit renommierten Preisen ausgezeichnet, darunter der Deutsche Preis für Onlinekommunikation und „Best of the Best“-Gewinner beim Designwettbewerb Red Dot.

Bei den Kunden scheint die Plattform ebenfalls gut anzukommen. Ein halbes Jahr nach dem Start wurde sie bereits von 30 000 Menschen genutzt, die im Schnitt mehr als neun Minuten dort verbrachten – in Zeiten ungeduldiger Nutzer eine halbe Ewigkeit.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%