Christian Veiths Tage als Deutschland-Chef der Boston Consulting Group (BCG) sind gezählt. Zum 1. Januar tauscht der 53-Jährige seinen Spitzenjob bei Deutschlands zweitgrößter Strategieberatung gegen einen noch besseren ein: Der eher leise auftretende, aber strategisch versierte Jurist und Volkswirt verantwortet dann das BCG-Geschäft in Nordeuropa, im Mittleren Osten und in Südafrika. Veiths Nachfolger wird Carsten Kratz, interner Spitzname Mister Dax und Leiter des Frankfurter BCG-Büros.
Wie auch immer die Personalie an der Spitze das Beraterhaus verändern wird: Derzeit ist die BCG-Fangemeinde unter Deutschlands Top-Managern noch groß. Denn im dreiteiligen Wettbewerb Best of Consulting (BoC) landet BCG im Gesamtranking ganz oben und schlägt damit um Haaresbreite Marktführer McKinsey. Als bester Wertsteigerer entpuppte sich ein Konkurrent scheinbar aus der zweiten Reihe: die Strategieberatung Oliver Wyman, geführt von Finja Kütz, der einzigen Frau an der Spitze einer deutschen Unternehmensberatung von nennenswerter Größe.
Neben Markenstärke und der generellen Fähigkeit zur Wertsteigerung wurde auch konkreter Projekterfolg bewertet. Geprüft von einem wissenschaftlichen Fachbeirat und einer hochkarätig besetzten Jury, konnten sich in dieser Kategorie auch unbekanntere, spezialisierte Beratungshäusern in fünf Segmenten mit den großen Universalanbieter messen. Das beste Projekt lieferte A.T. Kearney ab, das die Stadtwerke Heidelberg von einem verschlafenen Beamtenladen zu einem ernst zu nehmenden Wettbewerber auf dem regionalen Energiemarkt wandelte.
Das sind die Sieger des "Best of Consulting 2012"
A.T. Kearney
Projekt: Wachstumsstrategie für liberalisierten Markt
Kunde: Stadtwerke Heidelberg
2. Platz: Helbling Business Advisors
3. Platz: PwC
Solution Providers
Projekt: Verbesserte Preispositionierung und Tarifentwicklung
Kunde: Helvetia
2. Platz: Allianz
3. Platz: Horvath
Barkawi
Projekt: Neuorganisation der Materialbeschaffung
Kunde: Nokia Siemens Networks
2.Platz: Camelot
3.Platz: ROI
Dr. Geke/ KPMG
Projekt: Software für Personalentwicklung
Kunde: Gothaer
2.Platz: Liebich & Partner Management- und Personalberatung
3.Platz: Promerit
Intargia
Projekt: Aufbau eines IT-Zentrums
Kunde: Universität Kassel
2.Platz: MHP
3.Platz: nicht vergeben
„Bisher sind es die Beratungshäuser nur in der Akquise- und Ausschreibungsphase gewohnt, dass ihre Leistung mit Wettbewerbern verglichen wird. Die eigentliche Arbeit bleibt nach außen bislang eher im Dunkeln“, sagt Peter Strobel, BoC-Jurymitglied und als Direktor der konzerninternen Beratung bei der Deutschen Bank für den Vergabeprozess externer Beratungsmandate zuständig. „Den BoC-Wettbewerb sehe ich als ein Instrument, um die Transparenz im Beratungsgeschäft weiter zu erhöhen. Das wird auch die Qualität der Beratungsleistungen steigern helfen“.
Nur das Ergebnis zählt
„Im Beratungsgeschäft zählt am Ende nur eins: das Ergebnis. Schaltet ein Kunde eine Unternehmensberatung ein, erwartet er, dass diese einen signifikanten Beitrag zur Wertsteigerung seines Unternehmens leistet“, sagt BWL-Professor Lars Wellejus. Im Auftrag der WirtschaftsWoche begleiteten sie den Wettbewerb Best of Consulting, der in diesem Jahr zum dritten Mal, allerdings in neuem Gewande, durchgeführt wurde, unter wissenschaftlichen Kriterien. „Gleichzeitig spielen Bekanntheit und Ruf der Beratung für den Erfolg von Beratungsprojekten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Strategische Entscheidungen oder Projektergebnisse, die von einer sehr bekannten oder auch als besonders spezialisiert geltenden Beratung der Belegschaft verkündet und in das Unternehmen hineingetragen werden, kommen in der Regel glaubwürdiger rüber, was den Erfolg eines Projektes beflügeln kann.“
Genau hier setzt der Erfolg von BCG an: Aus der Umfrage unter 1.500 Top-Managern ging das Unternehmen als die mit Abstand stärkste Beratungsmarke hervor.
„McKinsey steht zwar mit einem Bekanntheitsgrad von 100 Prozent für Beratung wie Tempo für Taschentücher“, sagt Beratungsexperte Frank Höselbarth. Doch mit 93 Prozent Bekanntheit schneidet BCG nur unwesentlich schlechter ab. Wird gleichzeitig aber von Deutschlands Managern so positiv bewertet wie keine andere Beratermarke, ohne beim Betriebsergebnis eklatant schlechter abzuschneiden als etwa Konkurrent McKinsey.
Punktabzug durch negativen Ruf
Denn so bekannt Deutschlands umsatzstärkste Beratung auch ist, nicht bei jedem Top-Manager können die bei vielen Entscheidern als arrogante Besserwisser verschrienen Meckies punkten. Hinzu kommt offenbar: Das messerscharfe Image des Kostensenkers bescherte dem Marktführer bei der Umfrage Negativbewertungen beim Ruf, die im Gesamtranking zu Punktabzügen führten. Als eine der ersten Adressen für die Steigerung des Betriebsergebnisses gelten sie unter Deutschlands Konzernlenkern aber nach wie vor.
„McKinsey und BCG begeistern mit ihrer brachenspezifischen und funktionalen Expertise sowie ausgeprägter Kundenorientierung“, sagt BoC-Jury-Mitglied Axel Wachholz, Geschäftsführer Finanzen und IT beim westfälischen Sanitär- und Heizungsunternehmen Viega. „Beide sagen einem ihre Meinung, auch wenn sie wissen, dass man die gerade nicht hören will – die BCGler etwas netter, die Meckies freier heraus.“
Der Wettbewerb zeigt auch: Der Blick in die vermeintlich zweite Reihe ist Geld wert: Als bester Wertsteigerer unter den in Deutschland tätigen Unternehmensberatungen entpuppte sich nämlich keiner der Platzhirsche – sondern die Managementberatung Oliver Wyman. Mit 3.000 Mitarbeitern und einem geschätzten Umsatz von rund 1,5 Milliarden Dollar zählt die Consultingsparte des börsennotierten US-Finanzdienstleisters Marsh & McLennan weltweit neben McKinsey und BCG zur Top-Liga der internationalen Strategieberatung. Vor allem bei Banken und Versicherern genießt Oliver Wyman einen exzellenten Ruf. Gerade erst organisierte die Beratung für das spanische Wirtschaftsministerium und die Zentralbank des Landes den Stresstest für die maroden spanischen Banken.
Trotzdem war die Beratermarke nur 42 Prozent der durch die WirtschaftsWoche befragten Top-Manager bekannt. All diejenigen aber, die bereits ein Projekt mit Oliver Wyman durchgeführt hatten, konnte der vermeintliche Nischenplayer von seiner Fähigkeit, das Betriebsergebnis zu verbessern, überzeugen. Einer der Gründe: „Unsere Branchen- und Fachteams sind global organisiert“, sagt Oliver-Wyman-Co-Geschäftsführerin Kütz. „Das macht uns frei von regionalen Egoismen.“
Porsche prescht vor
Wie wertvoll eine bekannte Marke sein kann, beweist das Abschneiden von Porsche Consulting – als Fünfter im Gesamtranking ist die Automobiltochter erster Verfolger der Platzhirsche. „Porsche Consulting profitiert vom einzigartigen Renommee des Mutterhauses“, sagt nicht nur Branchenexperte Höselbarth. „Machen Sie uns zum Porsche unserer Branche“: Diesen Satz hört auch Porsche-Consulting-Chef Eberhard Weiblen immer wieder – von seinen Kunden. Mit 340 Mitarbeitern betreut Porsche Consulting rund 200 Klienten weltweit.
Dass der Erfolg nicht nur auf schönem Schein beruht, hat Porsche längst bewiesen: vor gut 20 Jahren im eigenen Haus, mit der Umstellung auf Just-in-time-Produktion und schlanke Prozesse, die Porsche zwischenzeitlich zum profitabelsten Autobauer der Welt machten. Und jetzt als externer Berater auf Deutschlands Autobahnen: Weil sie die Asphaltlieferungen beschleunigten, sollen Baustellen dort künftig schneller verschwinden als bisher.