Big Data Die sinnlose Angst vor der Datenkrake

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Die Vorteile von Big Data im HR

Wer Big Data nutzt, greift laut der Studie bislang hauptsächlich auf Stammdaten, also Alter, Geschlecht, Herkunft, die krankheitsbedingten Fehltage und die Gehälter zu. Es ist sicherlich gut zu wissen, ob die älteren Mitarbeiter exorbitant mehr verdienen als die jüngeren und welche Gruppe besonders häufig krank ist. Doch weiter trauen sich die wenigsten.

"14 Prozent der HR-Kräfte weltweit setzt auf Datenanalyse, der Rest trifft Entscheidungen blind. 50 Prozent nutzen nie Daten", sagt Martin von Broadbean Technologies. "Dabei senkt Big Data nicht nur Einstellungskosten und reduziert die Zeit, die es bis zur Einstellung braucht, es erhöht auch die Produktivität." Wer in den letzten Jahren nur noch Menschen eingestellt hat, die über ein Karrierenetzwerk wie Xing rekrutiert wurden, kann sich Aufwand und Kosten für die Stellenanzeige in der überregionalen Tageszeitung sparen und wer bislang nie Erfolg mit den beauftragten Headhuntern hatte, dafür massenweise Bewerber auf Karrieremessen findet, sollte seinen Fokus vielleicht daraufhin ausrichten.

Dank Big Data lässt sich sogar voraussagen, welche Mitarbeiter kündigen könnten. Wer analysiert, welche Personengruppen zuletzt gekündigt haben, kann quasi ein Täterprofil erstellen und davon ausgehend gefährdete Mitarbeiter identifizieren. Gehen überproportional viele Mitglieder eines bestimmten Teams? Kann es also am Arbeitsumfeld oder dem Teamleiter liegen? Oder gehen die aufstrebenden High Potentials? Dann sollte überprüft werden, wie es mit den Aufstiegsmöglichkeiten für diese Leute aussieht.

Big Data findet Querulanten

Laut einer Studie von Cornerstone OnDemand, einem Anbieter von Talent Management Software, lassen sich mit Big Data auch Querulanten im Team identifizieren. Für die Studie wurden anonymisierte Datensatze von 63.000 Mitarbeitern aus den USA analysiert. Alle Analysen wurden ausschließlich auf Grund von betrieblichen Daten im HR System und des Finanzsystem der Unternehmen erstellt. Es gab keine Checks auf Social Media Profilen und privaten Accounts von Mitarbeitern.

Das Ergebnis:

  • 33 Prozent der Mitarbeiter, die bei einem Assessment als regelkonform eingestuft wurden, fallen in die Kategorie "Toxic Employee", fallen also durch akutes Fehlverhalten am Arbeitsplatz auf
  • Bewerber, die von ihren technischen Fähigkeiten für einen Job besonders überzeugt sind, haben eine zu 43 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, aufzufallen.
  • fehlende Teilnahmebereitschaft und Zuverlässigkeit sowie mangelnde Kundenorientierung gehören ebenfalls zu den häufigsten Vorhersagewerten für „toxisches“ Verhalten
  • Fehlverhalten am Arbeitsplatz ist „ansteckend“ und überträgt sich besonders schnell bei größere Teams, da diese in der Regel schwerer zu managen und kontrollieren sind
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Diese Analyse funktioniert selbstverständlich nur bei wirklich großen Datenmengen und bei identischen Jobprofilen - etwa in Call Center Teams. Sie funktioniert nicht, wenn es darum geht herauszufinden, ob der neue Geschäftsführer perfekt passt oder nicht. Sie unterstützt die HR-Manager lediglich mit wissenschaftlichen Trends und Erkenntnissen, die das Bauchgefühl ersetzten, beziehungsweise ergänzen.

Lebenslauf speichern ist ein Tabu

Doch HR-Themen liegen beim Einsatz von Big Data in Unternehmen noch auf den hinteren Rängen - schließlich hat man hier die besagte Angst, Menschen zu durchleuchten. Das ist Quatsch, findet Sascha Grosskopf von Cornerstone OnDemand. Er sagt: "Man kann nur mit dem arbeiten, was man hat." Wenn HR nicht gespeichert hat, welche Hobbies oder Essensvorlieben jemand hat, können sie auch nicht ausgewertet werden.

Doch in den meisten Unternehmen ist es schon ein No-Go, den Lebenslauf von einem abgelehnten Bewerber zu speichern. Dabei ließen sich Stellen oftmals leicht besetzen, wenn der Personaler bei Vakanzen zunächst überprüfen könnte, ob unter abgelehnten Kandidaten nicht der oder die Richtige dabei ist. Doch auf einmal werden diese Daten - Name, Geburtstag, Abschluss, ehemalige Arbeitgeber und Fachkenntnisse - zu hochsensiblen Daten, die eigentlich für Jeden über Internet-Suchmaschinen zugänglich sind.

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