Boni für Quartalsziele Zielvereinbarungen sind Innovationskiller

Automatisierung, Robotik und künstliche Intelligenz bestimmen die Zukunft. Unternehmen verlieren den Anschluss aber nicht, weil Technik fehlt, sondern weil sie in antiquierten Zielfindungsprozessen feststecken.

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Den deutschen Unternehmen gehen die Ideen aus. Quelle: Fotolia

Geht es um Zukunftsfähigkeit, macht das rein Digitale vielleicht 20 Prozent aus. 80 Prozent ist Transformation. Und theoretisch kennen Manager alle Notwendigkeiten, die sich in Bezug auf Geschäftsmodelle, Organisationsstrukturen und Führungsprozesse daraus ergeben, ziemlich genau. Nur umsetzen können sie ihr Wissen oft nicht, weil sie zu viel damit zu tun haben, Zielvorgaben zu erfüllen und Quartalsergebnisse zu liefern.

Ziele sind nicht per se schlecht, aber vor den langfristigen Vorhaben werden die naheliegenden Ziele angepeilt. Das ist das „Low Hanging Fruits“-Phänomen. Werden Ziele zudem bonifiziert, gibt es kein Halten mehr. Dann gerät die Zukunft aus dem Fokus, weil es nur noch darum geht, kurzfristige Ziele zu erreichen und die ausgelobten Goodies einzusacken.

Um diese Ziele festzulegen, betreiben die Unternehmen wochenlangen Business Reviews und Budgetierungsprozessen. Die legen mitunter die halbe Firma lahm – und sind eine reine Farce: Unten in den Abteilungen setzen die Teams die Zahlen so niedrig wie möglich an, denn egal, wie fundiert die Ausarbeitungen sind: die Führungsmannschaft „oben“ legt nochmal x Prozent drauf. Schließlich gibt es einen Bonus für erreichte, hohe Zahlen.

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Zugleich werden die von der Basis veranschlagten Budgets kräftig gekürzt. Sobald kommuniziert ist, was mit welchem Budget zu leisten ist, folgt über das gesamte Unternehmen hinweg ein nervenaufreibendes Rechnen, Rödeln und Schachern, um das Verlangte irgendwie hinzubiegen.
Wurden die vorgedachten Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahresergebnisse trotz aller Trickserei nicht erreicht, startet die Suche nach dem Sündenbock. Auch das verschlingt unglaublich viele Ressourcen.

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Unerwartete Ereignisse halten sich nicht an Budgetpläne

Fazit: Quartalsziele und daran geknüpfte Boni sind innovationsfeindlich. Denn wer dafür belohnt wird, dass er Vorgaben erfüllt und vorgezeichneten Wegen akribisch folgt, wagt nichts Neues.

Außerdem lauern „Schwarze Schwäne“ (Nassim Nicholas Taleb), also höchst unwahrscheinliche Ereignisse, in unserer heutigen Zeit, an jeder Ecke. Und diese Ereignisse warten nicht auf Budgetierungstermine. Die größten Erfolgsmöglichkeiten liegen heutzutage oft genau neben dem Plan. Starre Ziele verursachen somit einen zukunftsbedrohlichen Schaden, den man im falschen Eifer nicht einmal sieht: den der verpassten Chancen.

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