Geht es um Zukunftsfähigkeit, macht das rein Digitale vielleicht 20 Prozent aus. 80 Prozent ist Transformation. Und theoretisch kennen Manager alle Notwendigkeiten, die sich in Bezug auf Geschäftsmodelle, Organisationsstrukturen und Führungsprozesse daraus ergeben, ziemlich genau. Nur umsetzen können sie ihr Wissen oft nicht, weil sie zu viel damit zu tun haben, Zielvorgaben zu erfüllen und Quartalsergebnisse zu liefern.
Ziele sind nicht per se schlecht, aber vor den langfristigen Vorhaben werden die naheliegenden Ziele angepeilt. Das ist das „Low Hanging Fruits“-Phänomen. Werden Ziele zudem bonifiziert, gibt es kein Halten mehr. Dann gerät die Zukunft aus dem Fokus, weil es nur noch darum geht, kurzfristige Ziele zu erreichen und die ausgelobten Goodies einzusacken.
Um diese Ziele festzulegen, betreiben die Unternehmen wochenlangen Business Reviews und Budgetierungsprozessen. Die legen mitunter die halbe Firma lahm – und sind eine reine Farce: Unten in den Abteilungen setzen die Teams die Zahlen so niedrig wie möglich an, denn egal, wie fundiert die Ausarbeitungen sind: die Führungsmannschaft „oben“ legt nochmal x Prozent drauf. Schließlich gibt es einen Bonus für erreichte, hohe Zahlen.
Zur Autorin
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, Autorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin wurde 2015 in die Hall of Fame der German Speakers Association gewählt.
Zugleich werden die von der Basis veranschlagten Budgets kräftig gekürzt. Sobald kommuniziert ist, was mit welchem Budget zu leisten ist, folgt über das gesamte Unternehmen hinweg ein nervenaufreibendes Rechnen, Rödeln und Schachern, um das Verlangte irgendwie hinzubiegen.
Wurden die vorgedachten Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahresergebnisse trotz aller Trickserei nicht erreicht, startet die Suche nach dem Sündenbock. Auch das verschlingt unglaublich viele Ressourcen.
Mitarbeitergespräche: Zehn Tipps für Arbeitnehmer
Legen Sie sich direkt vor und nach das Gespräch keine Termine, schon gar keine wichtigen. Bereiten Sie sich außerdem gründlich vor – im Optimalfall wie auf ein Vorstellungsgespräch.
Blicken Sie zurück auf die vergangenen zwölf Monate. Welche Aufgaben und Projekte haben Sie besonders gut gemeistert, was lief nicht so gut – und warum? Und: Wie können Sie es besser machen? Diese Fragen sollten Sie sich vor dem Gespräch beantworten. Notieren Sie sich die Antworten in Stichpunkten. Je besser Sie sich vorbereiten, umso souveräner treten Sie im Gespräch auf.
Im Gespräch wird Ihnen Ihr Vorgesetzter sagen, was Sie in den kommenden Monaten tun können. Nun sollten Sie dazu Ihre Meinung sagen. Halten Sie diese Ziele für realistisch? Falls Ihnen die Details nicht klar sind, haken Sie sofort nach. Das ist besser, als nach dem Gespräch ratlos zu sein.
Welche Projekte reizen Sie? Wie wollen Sie sich weiterbilden? Jede Führungskraft mag Mitarbeiter, die mitdenken. Überlegen Sie sich deshalb vorab eigene Ideen und sprechen Sie sie von sich aus an – bevor Ihr Chef Sie dazu auffordert. Natürlich sollten Sie gleichzeitig verdeutlichen, welche Rolle Sie dabei übernehmen.
Sie haben heikle Themen auf dem Herzen? Die gehören jetzt auf den Tisch. Wie so oft ist der Ton entscheidend. Kritik ist grundsätzlich in Ordnung, sie sollte aber konstruktiv erfolgen.
Wichtig: Das Mitarbeitergespräch ist keine Gehaltsverhandlung. Sie dürfen gerne um ihr Gehalt feilschen – bei einem separaten Termin. Tipp: Vereinbaren Sie den am Schluss des Jahresgesprächs.
Analysieren Sie die Unterredung direkt im Anschluss. Was lief gut, was schlecht? Machen Sie sich Notizen, sonst vergessen Sie wichtige Details – was Sie hinterher sicher bereuen.
Sie haben alle Punkte beachtet, sich gut vor- und sorgfältig nachbereitet? Trotzdem sind noch Fragen offen? Dann bitten Sie Ihren Chef um einen Termin für ein kurzes Nachgespräch.
Das Gesprächsprotokoll ist die Basis für Ihr nächstes Jahresgespräch. Lesen Sie sich die Details deshalb sorgsam durch. Falls Sie Details anders erinnern, sprechen Sie das direkt an.
Sie waren mit dem Gespräch zufrieden? Dann spricht alles für, genau das dem Chef mitzuteilen. Denn über positive Rückmeldung freut sich jeder, auch Führungskräfte.
Unerwartete Ereignisse halten sich nicht an Budgetpläne
Fazit: Quartalsziele und daran geknüpfte Boni sind innovationsfeindlich. Denn wer dafür belohnt wird, dass er Vorgaben erfüllt und vorgezeichneten Wegen akribisch folgt, wagt nichts Neues.
Außerdem lauern „Schwarze Schwäne“ (Nassim Nicholas Taleb), also höchst unwahrscheinliche Ereignisse, in unserer heutigen Zeit, an jeder Ecke. Und diese Ereignisse warten nicht auf Budgetierungstermine. Die größten Erfolgsmöglichkeiten liegen heutzutage oft genau neben dem Plan. Starre Ziele verursachen somit einen zukunftsbedrohlichen Schaden, den man im falschen Eifer nicht einmal sieht: den der verpassten Chancen.