CEO des Jahres Die Erfolgsrezepte von Deutschlands besten Chefs

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Rang 2: Michael Mertin

Michael Mertin, CEO des High-Tech-Unternehmens Jenoptik Quelle: Christoph Busse für WirtschaftsWoche

Einen ähnlichen Effekt erhofft sich auch Michael Mertin – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. „Dass ich mal eine Ausstellung eröffne, hätte ich vor zehn Jahren auch nicht gedacht“, sagt der CEO von Jenoptik. Inzwischen sind die Kunstschauen im Firmenfoyer für ihn schon Routine – seit März zeigt dort etwa Yvette Kaiser Smith ihre filigranen Kunststoffobjekte, in denen die Künstlerin sich mit mathematischen und physikalischen Formeln auseinandersetzt.

„Ein lebenswertes Umfeld mit der Möglichkeit zur Vernetzung von Wissenschaft und Kultur ist extrem wichtig“, sagt Mertin. Und geht, als Chef des nach der Universität zweitgrößten Arbeitgebers in Jena, mit gutem Beispiel voran. Einen Millionenetat hat er dafür nicht zur Verfügung – für Aufsehen sorgt das Jenoptik-Engagement dennoch: etwa ein Theaterprojekt mit Kindern aus verschiedenen sozialen Schichten, die gemeinsam einen Film drehten. Oder die Kooperation mit den Konkurrenten Zeiss und Schott, die einen gemeinsamen Ausbildungsbetrieb gegründet haben. Dort haben derzeit auch einige A-Jugendspieler des örtlichen Fußball-Viertligisten Carl Zeiss Jena eine Lehrstelle gefunden – von Mertins Verbundenheit mit dem Nachwuchs zeugt ein grünes Trikot, das in seinem Büro an der Wand hängt. „Wir müssen der demografischen Entwicklung nicht nur auf akademischer, sondern auch auf Facharbeiterebene begegnen“, sagt Mertin. Aus einem ganz eigennützigen Grund: „Wir haben jede Menge offene Stellen.“

Deutschlands heimliche Herrscher
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Jenoptik auf Auslandseroberung

Auch weil die Zeichen 2011 auf Wachstum standen – und das in allen Geschäftsfeldern: als Anbieter von Lasern und Lasermaschinen, Objektivsystemen, als Zulieferer für die Halbleiterindustrie, lasergesteuerter Messtechnik, Elektromotoren für Militärfahrzeuge oder Blitzgeräte zur Geschwindigkeitsmessung. Knapp 60 Prozent des Umsatzes erzielte Jenoptik im Ausland, jeden zehnten Euro erwirtschaftet das Unternehmen inzwischen in Asien. Auch der arabische Raum gewinnt an Bedeutung: Vor gut einem Jahr bekam Jenoptik den Zuschlag, für 20 Millionen Euro mehrere Hundert Blitzanlagen in Saudi-Arabien zu installieren.

Erfolge, die auf Mertins radikale Strukturreform zurückzuführen sind, die er dem Unternehmen bei seinem Amtsantritt 2007 verordnet hatte, um dem Konzern ein neues Selbstverständnis einzuhauchen: vom technologiegetriebenen Unternehmen, das erst Produkte entwickelte und dann Kunden dafür suchte, hin zu einem marktorientierten Unternehmen, das High-Tech-Produkte gezielt auf die Bedürfnisse seiner Kunden hin entwickelt. Mertin baute die Nettoverschuldung Schritt für Schritt ab und mithilfe eines Bonussystems ein Cash-Flow-Polster auf. Verkaufte Randaktivitäten, fokussierte Jenoptik auf fünf Sparten, die nun auch unter einer gemeinsamen Dachmarke versammelt sind. Ein Umbau, der auch die Entlassung Hunderter Mitarbeitern zur Folge hatte – rund zehn Prozent der gesamten Belegschaft.

Über die Finanzkrise 2008/09 hilft eine Staatsbürgschaft über 60 Millionen Euro, die Mertin rasch zurückzahlt. Um dann die Internationalisierung voranzutreiben: In China ersetzt Mertin Minderheitsbeteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen mit lokalen Handelshäusern durch reinrassige Jenoptik-Gesellschaften. 80 Mitarbeiter sind derzeit in Shanghai stationiert, auch in Südkorea, Japan und Indien hat Mertin Standorte aufgebaut. Die neue Freiheit in Asien macht Jenoptik für große Kunden vor Ort interessant, die mit energieschonenden Jenoptik-Verfahren etwa Strom sparende Flachbildschirme produzieren.

Mertin will auch durch Zukäufe wachsen. Um in der amerikanischen Automobilbranche Fuß zu fassen, beteiligt er sich an einem Messtechnik-Unternehmen – es soll nicht die letzte Akquisition gewesen sein. „Aber ich warte lieber einmal länger als auf Teufel komm raus Geld auszugeben“, sagt Mertin. Schließlich „erleben wir hier gerade den Start unserer Erfolgsstory“.

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