Compliance Die Angst der Manager vor Weihnachten

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Code of Conduct

Allianz-Arena Quelle: dapd

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik hat einen Code of Conduct entwickelt, in dem sich Unternehmen wie ThyssenKrupp, Allianz, Henkel oder Fraport verpflichten, Geschenke grundsätzlich abzulehnen. Demnach dürfen Geschäftsführung und Mitarbeiter „im Geschäftsverkehr keine Geschenke, Zahlungen, Einladungen oder Dienstleistungen anbieten, versprechen, fordern, gewähren oder annehmen, die mit der Absicht gewährt werden, eine Geschäftsbeziehung in unzulässiger Weise zu beeinflussen, oder bei denen die Gefahr besteht, die professionelle Unabhängigkeit des Geschäftspartners zu gefährden“.

Ab kommendem Jahr will auch der Energiekonzern RWE, der seine Mitarbeiter jüngst per Informationsstand vor der Kantine für das Thema sensibilisierte, per Rundschreiben Lieferanten und Geschäftspartner darauf aufmerksam machen, dass von Weihnachtspräsenten bitte Abstand zu nehmen sei. Er freue sich, „dass in den vergangenen Jahren keine wesentlichen Korruptionsvorfälle oder sonstige Compliance-Verstöße festgestellt wurden“, verkündete der noch amtierende RWE-Chef Jürgen Großmann mittels Internet-Botschaft.

Die Deutsche Telekom, Sponsor des Rekordmeisters Bayern München, hat kürzlich ihre exklusiven VIP-Logen in der Allianz Arena aufgegeben. „Einladungen im Gegenwert von 800 Euro pro Kopf wollte keiner unserer Manager mehr aussprechen“, sagt Telekom-Sponsoringchef Stephan Althoff. „Es finden sich auch immer weniger Gäste, die sie annehmen.“

Angemessen

Seine Mitarbeiter brachte er in mehreren Meetings auf Kurs, dort wurde ihnen die neue „Event-Policy“ eingebläut: Mehr als 350 Euro pro Kopf darf die Bespaßung von Telekom-Geschäftspartnern nicht mehr kosten. Bei Amtsträgern liegt die Schmerzgrenze weit darunter.

Beim Energiekonzern E.On liegt diese Schmerzgrenze schon bei 50 Euro. Geschenke, deren Wert darüber hinausgeht, sind mit dem Chef oder Compliance-Manager abzusprechen. Aber auch unterhalb des Limits müssen Einladungen und Geschenke angemessen und üblich sein. So will es die „Leitlinie Zuwendungen“, eine zwölfseitige Anlage zum Verhaltenskodex des Unternehmens.

Neun Millionen Euro Strafe

„Um den Ruf nicht zu gefährden, geben sich viele strengere Regeln, als es strafrechtlich nötig wäre“, sagt Steffen Salvenmoser. Der einstige Staatsanwalt steht heute als Experte für Kriminaltechnik in Diensten der Unternehmensberatung PwC.

Eine Entwicklung, die auch als Reaktion auf schmerzhafte Erfahrungen in der jüngsten Vergangenheit zu verstehen ist: Im Oktober brummte das Bundeskartellamt dem Familienunternehmer Krüger aus Bergisch Gladbach und Kraft Foods neun Millionen Euro Strafe wegen unerlaubter Preisabsprachen bei Cappuccino auf. Industriedienstleister Ferrostal einigte sich mit der Staatsanwaltschaft München auf eine Strafzahlung von 150 Millionen Euro als Folge einer 2009 aufgeflogenen Schmiergeldaffäre. Millionenverluste machte dadurch auch Ferrostal-Mutter MAN, die den Verkauf des krisengeschüttelten Unternehmens gerade rückabwickeln musste. Und Henkel wurde vor Kurzem von der französischen Wettbewerbsaufsicht wegen Preismauscheleien bei Waschmitteln zu 92 Millionen Euro Bußgeld verurteilt.

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