Obendrein verlangen die Geschäftspartner von Unternehmen, dass sie Nachweise von Schulungen ihrer Mitarbeiter abliefern, Geschäftspartner-Prüfungen durchführen und dass sie Verhaltensrichtlinien zu bestimmten Themen vorlegen. Manche verlangen, dass die Unternehmen ihr Compliance Management System zertifizieren lassen.
Die Mitarbeiter in den Unternehmen halten mit all den Anforderungen noch nicht Schritt: Nur 31 Prozent der befragten Unternehmen machen bei ihren Mitarbeitern ein ausgeprägtes Compliance-Bewusstsein aus – was aber kriegsentscheidend ist. „Compliance muss in den Köpfen der Mitarbeiter beginnen“, sagt Florian Block, ebenfalls Compliance-Experte bei CMS. Denn: „Der Erfolg eines Compliance-Systems hängt davon ab, ob Mitarbeiter für regelkonformes Verhalten sensibilisiert, Compliance-Regeln nachhaltig verankert und tagtäglich gelebt werden“, so Block.
Immerhin haben inzwischen 69 Prozent der Unternehmen Schulungsprogramme für die Mitarbeiter über richtiges Verhalten (Vorjahresvergleich: 46 Prozent).
Auch auf Krisenfälle sind Unternehmen besser vorbereitet als noch vor einem Jahr. 78 Prozent haben Ablaufpläne und Checklisten für Krisen. Bei Verdachtsfällen haben 88 Prozent von ihnen klare Zuständigkeitsregeln für Koordination und Aufklärung und jedes zweite Unternehmen hat Leitfäden für den Umgang mit Ermittlungsbehörden.
Die Studie gibt auch Auskunft über interne Ermittlungen: Mit 62 Prozent der Unternehmen führen sie immer mehr mit ihrer Konzernrevision oder zusammen mit beauftragten Anwälten oder Wirtschaftsprüfern durch. Die Zahl lag im Vorjahr erst bei 51 Prozent. Oft werden auch IT-Dienstleister beauftragt, die die Datenmengen besser auswerten können.
Welche Fälle in den Unternehmen so vorkommen? Angefangen vom einzelnen Betrugs- oder Korruptionsverdacht bis hin zum Skandal wie bei MAN oder Siemens, bei dem auch das Management in die Schusslinie gerät. Block: „Gefährlich wird es für das Unternehmen immer dann, wenn die Behörden bei den Rechtsverstößen ein systematisches Vorgehen unter Einbindung des Managements sehen, denn dann sind die Bußgelder sind besonders hoch.“
Eine geringere Risikowahrnehmung hat der Mittelstand. Zwar wird im Mittelstand nicht weniger bestochen und auch nicht seltener Kartelle gebildet als bei Konzernen. Aber die Einstellung ist eine andere. „Wir erleben in unserer Beratungspraxis häufig die Einstellung von Mittelständlern, Korruption und Kartelle gäbe es bei Ihnen nicht, sondern nur bei den Großkonzernen“, sagt Teicke. „Aber das ist meist ein Irrtum.“ Auch im Mittelstand kommen diese Themen immer wieder vor – und häufig sind die Mittelständler darauf überhaupt nicht eingestellt.
Auch die Sensibilität des Managements für Compliance-Themen wird von den befragten Verantwortlichen kritischer betrachtet: Das attestierte Compliance-Bewusstsein beim Management ging im Vergleich zum letzten Jahr von 88 auf 81 Prozent zurück.