Compliance Die Angst der Manager vor Weihnachten

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Persönlicher Austausch

Unternehmenszentrale der Robert Bosch GmbH Quelle: dapd

Statt ihre Kollegen nur am Computer pauken zu lassen, setzt Susanne Jochheim auf persönlichen Austausch. Unter vier Augen will die Leiterin der Legal-Compliance-Abteilung des Automobilzulieferers Robert Bosch mit den Mitarbeitern sprechen. Gerade einmal sieben Kollegen zählt Jochheims Truppe in der Zentrale, dazu kommen Beauftragte in den Außenstellen. Sie werben in der Mitarbeiterzeitschrift um Vertrauen, nächstes Jahr stehen persönliche Schulungen für mehr als 12.000 Beschäftigte in Deutschland an. Jochheims Gretchenfrage zum Compliance-Selbsttest: „Schämst du dich, wenn es deine Mutter morgen in der Zeitung liest? Dann lass es sein!“

Für Rewe-Kommunikationschef Martin Brüning bietet Compliance Mitarbeitern in erster Linie Sicherheit. Der Handels- und Touristikkonzern ist Trikotsponsor des Fußballbundesligisten 1. FC Köln. „Was tun, wenn mich der FC ins Trainingslager einlädt?“, fragte er intern nach. „Dankend ablehnen“, entschied die Compliance-Abteilung, und das Thema war durch.

Verbindliche Richtschnur für die Rewe-Mitarbeiter ist ein mit dem Betriebsrat abgestimmter Verhaltenskodex, auf dessen Einhaltung neben Compliance-Leiter Volker Dürschlag auch ein Rechtsanwalt als externer Ombudsmann wacht, an den sich Mitarbeiter und Dritte in Verdachtsfällen wenden können. Ein Compliance-Management-System hilft Konzern-Mitarbeitern auch im Ausland, die Regeln einzuhalten. Die Fortschritte dabei sind Bestandteil der Zielvereinbarungen mit den 22 Bereichsführungskräften, die neben den vier zentralen Compliance-Managern für das Thema zuständig sind. „Trotzdem ist man vor krimineller Energie niemals ganz gefeit“, sagt Rewe-Manager Brüning.

Aufforderung zum Petzen

Das bestätigt auch der jüngste Fall im Hause Metro: Ließen sich doch Mitarbeiter der Konzerntochter Media Saturn offenbar jahrelang von Breitband-Anbietern schmieren, um in den Märkten zum Zuge zu kommen. Der im Oktober suspendierte Deutschland-Chef von Media Markt sitzt seit November in Haft.

Aufgeflogen war der Mann durch einen internen Tipp. Ein System, mit dem auch das Energieunternehmen MVV Energie aus Mannheim gute Erfahrungen gemacht hat. „Ich war erst skeptisch“, sagt MVV-Chefsyndikus Martin Auer, „weil ich fürchtete, das würde eine Hotline für Gerüchte und Petzerei. Aber es kommen fast ausschließlich gute Hinweise, wir klären dadurch im Schnitt einen harten Korruptionsfall pro Jahr.“

Fingerspitzengefühl

Dass gerade komplexe Strukturen Fingerspitzengefühl verlangen, zeigt ein Blick auf die SMS Group, ein Konglomerat aus Firmen im Maschinen- und Anlagenbau mit knapp 11.000 Beschäftigten und drei Milliarden Euro Umsatz. Weltweit sind 30 Mitarbeiter nebenbei für Compliance zuständig. 2011 habe man „fünf bis sechs Mannjahre in das Thema investiert“, sagt der Generalbevollmächtigte Meinhard Remberg. Diese dezentrale Struktur macht Compliance Management besonders schwer. In vielen, oft mittelständisch geprägten Firmen der Gruppe muss er bei dem Thema um Verständnis werben – und setzt dabei auf Rückhalt von ganz oben.

Das empfiehlt Remberg auch den Mittelständlern aus dem Branchenverband VDMA: „Wenn sich ein Chef vor seine Leute stellt und sagt: ,Ich will nicht, dass wir Aufträge durch unsaubere Methoden erlangen‘, ist das wirksamer als jede PowerPoint-Präsentation zur Korruptionsbekämpfung.“

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