In Start-up-Zeiten war Kritik bei Trivago einfach. Wenige Mitarbeiter, die Hierarchie flach, jeder kannte jeden. 2016 sieht das anders aus: Mittlerweile arbeiten bei Trivago 950 Angestellte, der Onlinereiseriese Expedia hält die Mehrheit. Doch Schrömgens will das Start-up-Gefühl erhalten und eine offene Feedbackkultur fördern. Deshalb stehen alle Mitarbeiter auf der gleichen Stufe. „Titel verhindern Augenhöhe“, sagt Schrömgens, „das manifestiert Entscheidungsmacht qua Amt.“ Er findet, dass die besten Argumente zählen sollten, nicht die höchste Position.
Die Angestellten sollen sich weiterhin trauen, ihn auf Fehler hinzuweisen. „Wenn die Mitarbeiter nicht sagen, was ihrer Meinung nach falsch läuft, dann habe ich ein Riesenproblem.“ Er brauche die Kritik, um von Fehlentwicklungen zu erfahren. Schrömgens hat verstanden, dass für die Feedbackkultur vor allem der Chef zuständig ist: „Wichtig ist, dass Vorgesetzte Kritikfähigkeit vorleben und sich aktiv Feedback einholen“, sagt auch Psychologin Volmer.
So werden Sie in Ihrem Unternehmer zum Konfliktlöser
Der unternehmensinterne Konfliktmoderator sollte professionell trainiert sein. Die Lektüre von Fachtexten zum Konfliktmanagement kann hilfreiche Impulse liefern. Sie kann aber eine professionelle Qualifikation nicht ersetzen. Als Konfliktmoderator ist es entscheidend, auch die psychischen Prozesse des Konfliktes zu erkennen und zu berücksichtigen. Wer das nicht kann, muss sich entweder weiterbilden oder einen externen Experten beauftragen.
Quelle: Institut für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (www.ikuf.de).
Der Vorteil eines unternehmensexternen Konfliktmoderators ist, dass dieser in den meisten Fällen ein größeres, fachspezifisches Know-how hat und in der Begleitung von Konfliktmoderationsprozessen geübter ist. Außerdem wird eine externe Person eher als überparteilich wahrgenommen – und nicht als „verlängerter Arm“ der Geschäftsführung. Dies ist unter anderem bei der Moderation von Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern relevant.
Es ist wichtig, wie der Anlass einer Konfliktmoderation kommuniziert wird – insbesondere wenn die Mitwirkung der Streitenden nicht freiwillig ist. Stellen Sie keine Problembeschreibungen in den Vordergrund, sondern positive Ziele des Konfliktmoderationsprozesses, für deren Erreichen sich Mitmachen und auch Anstrengungen lohnen.
Setzen Sie sich in Ihrem Unternehmen für eine konstruktive Fehler-Kultur ein, die Fehler nicht als Schuldfrage behandelt, sondern als Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Sie verhindern dadurch, dass Konflikte von Führungskräften „unter den Teppich gekehrt werden“ und die Illusion eines konfliktfreien Unternehmens entsteht.
Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern Rückmeldungen über deren Leistungen geben, sind dies Situationen, die leicht zu Konflikten führen können. Bilden Sie Ihre Führungskräfte in der Feedback-Kommunikation fort, damit diese konfliktvorbeugend und auch deeskalierend handeln können.
Sicher, mit seinen speziellen Methoden ist Schrömgens eher die Ausnahme, die die Regel bestätigt. In den meisten Chefetagen ist Kritikfähigkeit selten. Das hat Roland Jäger, Coach aus Wiesbaden, schon oft erlebt. Mitarbeiter seien untereinander meist ehrlich und offen: „Aber je höher man in der Hierarchie kommt, desto taktischer und politischer wird die Kritik.“ Dabei erlebt Jäger in seiner Tätigkeit immer wieder, dass Menschen mit jeder Karrierestufe mehr an Kritikfähigkeit verlieren und sich zunehmend mit Ja-Sagern umgeben.
Wer erfolgreich ist, macht keine Fehler
Offenbar besteht zwischen Kritikunfähigkeit und der Karriereleiter eine ungesunde Verbindung: Der eigene Erfolg bestärkt die Führungskraft darin, dass ihre Worte und Taten richtig sind – und die Mitarbeiter trauen sich aufgrund der vermittelten Unfehlbarkeit nicht mehr, Kritik zu äußern. „Führungskräfte grenzen sich zudem häufig selbst von Kritik ab“, sagt Jäger, „alles andere würde das eigene Selbstverständnis erschüttern.“ Wer erfolgreich ist, macht keine Fehler – ein häufiger Trugschluss.
Manchmal ist es aber gar nicht so sehr der Chef, der Kritik nicht ermöglicht, sondern die buchstäbliche Schere im Kopf der Mitarbeiter. Viele befürchteten einen Karriereknick, sagt Coach Jäger, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gibt. Motto: Lieber schweigen als etwas riskieren. Umso wichtiger ist es also, dass Führungskräfte ehrliche Kritik von den Angestellten aktiv einfordern.
Manöverkritik bei jedem Einsatz
Eine Möglichkeit ist es, sie in die Arbeitsroutine einzubinden. Wie das geht, kann man sich von Norbert Wesseler abgucken. Er ist Chef des Polizeipräsidiums in Düsseldorf. Rund 3000 Beamte arbeiten hier, im vergangenen Jahr gab es über 240.000 Einsätze. „Ich bin selten dabei, daher bin ich natürlich auf Kritik angewiesen. Das ist ein wichtiges Korrektiv unserer Arbeit“, sagt Wesseler. Die Manöverkritik nach jedem Einsatz gehört zur wichtigsten Informationsquelle. Was war gut? Was hätte besser laufen können? Und was muss dafür künftig verändert werden?