Deutsche Unternehmenschefs Skandale werden den wenigsten CEOs zum Verhängnis

Gegen VW-Chef Müller ermitteln Behörden wegen Manipulation, Arconic-Boss Kleinfeld stolpert über einen bösen Brief an einen Fondsmanager. Dabei sagt eine Studie, dass deutsche CEOs loyal und moralisch einwandfrei seien.

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Trotz Diesel-Skandal und anderen Aufregern: CEOs im deutschsprachigen Ruam müssen selten wegen Skandalen den Posten räumen. Quelle: dpa

Wer die Unternehmen im deutschsprachigen Raum führt, ist bekannt. Aber was unterscheidet sie von ihren Kollegen in den USA, in China oder in Spanien? Und welche Gemeinsamkeiten haben sie? Das wollte die Strategieberatung Strategy& der Unternehmensberatung Pwc wissen. Die Strategen haben die 2.500 weltweit größten börsennotierten Unternehmen unter die Lupe genommen und Lebensläufe der CEOs, Verweildauer auf ihrem Posten sowie die Performance der Konzerne analysiert. Im deutschsprachigen Raum untersuchten die Berater die 300 größten Unternehmen und ihre Vorstandsvorsitzenden.

Eines der Ergebnisse der "2016 CEO Success"-Studie: Anders als die CEOs aus anderen Ländern fallen Chefs im deutschsprachigen Raum kaum wegen moralischer Verfehlungen auf. Und das trotz großer Skandale wie im Hause VW – derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Volkswagen-Chef Matthias Müller, VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sowie den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn wegen des Verdachts auf Marktmanipulation – oder kleiner Skandälchen wie im Fall des Arconic-Chefs Klaus Kleinfeld, der versuchte, einen Fondsmanager zu diskreditieren.

Dagegen werden moralische Fehltritte CEOs international häufiger zum Verhängnis. Jedenfalls kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Zahl der CEOs, die ihren Platz wegen ethischer Verfehlungen vorzeitig räumen mussten, international gestiegen ist. Zwischen 2007 und 2011 nahmen 3,9 Prozent der Vorstandsvorsitzenden ihren Hut wegen verschiedener Fehltritte. In den Jahren zwischen 2012 und 2016 waren es bereits 5,3 Prozent, was einem Zuwachs von mehr als einem Drittel (36 Prozent) entspricht.
Um welche Art Verfehlungen es sich hierbei handelt, darüber schweigt die Studie. „Im angloamerikanischen Raum geht es meistens um angebliche Skandale - also sexuelle Ausschweifungen oder Diskriminierungen, in deutschsprachigen Europa eher um angebliche Compliance-Fälle - also die falsche Reisekostenabrechnung oder den mutmaßlichen Insider-Handel", so die Erfahrung von Krisen- und Konfliktforscher Frank Roselieb von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
„Unsere Datenanalyse gibt keinen Aufschluss darüber, ob Führungskräfte heute tatsächlich mehr moralische Fehlentscheidungen treffen als früher oder ob diese schlicht verstärkt geahndet werden“, sagt Peter Gassmann, Deutschlandchef und Sprecher der Geschäftsführung bei Strategy&.

„Wir gehen wir nicht von einer allgemeinen Verschlechterung des Verhaltens aus. Vielmehr hat sich das Umfeld geändert, in dem CEOs agieren. Da ist die Öffentlichkeit, die Vorstandsvorsitzende spätestens seit der Finanzkrise viel kritischer beobachtet, was mittelfristig auch zu einer Verschärfung der Regularien führt, die für CEOs gelten.“ Das Internet tue dann noch sein Übriges: Eine böse Mail oder ein diskreditierendes Foto würden so in kurzer Zeit für die ganze Welt zugänglich.
Ob CEOs in Österreich, Deutschland und der Schweiz tatsächlich wie Heilige sind oder sich einfach nur seltener erwischen lassen, zeigt die Studie allerdings nicht.

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