Die letzten Unternehmer der Krupp-Dynastie "Ich lebe in der Zukunft"

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Die lange Suche nach dem eigenen Weg

Parallel zu ihrer Fehde gegen Beitz arbeiten Eckbert und Friedrich zunächst zusammen bei der Wasag, ihre Väter Berthold und Harald hatten in den Fünfzigerjahren die Mehrheit am Sprengstoffhersteller übernommen. Dann trennen sich ihre Wege.
Friedrich will früh Unternehmer werden, sein Faible für Biologie gibt die Richtung vor. „Mich hat immer fasziniert, wie Leben funktioniert.“ 1977, mit 15 Jahren, ist der Schüler erstmals in den USA und liest ein Buch über Genetik. Gerade entstehen dort die ersten Unternehmen, die aus Zellen oder Bakterien Medikamente gewinnen wollen. Sie heißen Genentech oder Amgen und zählen heute zu den erfolgreichsten Biotechkonzernen.

ThyssenKrupp in Zahlen

Als Trainee beim Medizinkonzern Fresenius und Vorstandsassistent beim Maschinenbauer FAG Kugelfischer lernt er die Grundzüge des Managements. In den Neunzigerjahren reift sein Plan, sich selbstständig zu machen. Seine Idee: Big Data im Gesundheitswesen. Sein Heidelberger Bioinformatikunternehmen Lion Bioscience bietet Software an, um wissenschaftliche Daten auszuwerten und zu verknüpfen. „SAP der Biotechbranche“, sagt Friedrich großmäulig. Der Jungunternehmer wird ein Star des Neuen Marktes. Es endet im Desaster.

Zwar begeistern sich Aktionäre für das Softwareprodukt, weniger aber Forscher in Unternehmen, die eigene Programme bevorzugen. Als nach den Anschlägen vom 11. September die Konjunktur einbricht, springen die Pharmakonzerne Novartis und Aventis als Kooperationspartner ab. Der Aktienkurs, einst über 120 Euro, stürzt auf 2,35 Euro.

Unbeeindruckt von Rückschlägen

Das Lion-Debakel erlebt Cousin Eckbert von Bohlen hautnah mit: Er sitzt bei Lion im Aufsichtsrat. Mit seinen eigenen Unternehmen hat er gleichfalls zu kämpfen. Eckbert arbeitet nach dem BWL-Studium zuerst als Investmentbanker, doch als 1987 Vater Berthold stirbt, übernimmt er dessen Industriebeteiligungen – ein veraltetes Portfolio, das vor allem aus der Wasag besteht.

200 Jahre Krupp in Bildern
"Stammhaus" und Schmelzbau um 1819. Quelle:
Friedrich Krupp um 1820. Quelle: PR
"Vom Stammhaus zum Quartier": Ein Gemälde von Julius Grün, es zeigt Alfred Krupp in den 1880er-Jahren. Quelle: PR
Ein Plan der Gussstahlfabrik, 1889 Quelle: PR
Innerer Bereich der Gussstahlfabrik in Essen, 1864 Quelle: PR
Friedrich Alfred Krupp seiner Verlobte und Margarethe von Ende 1882 Quelle: PR
Die Friedrich-Alfred-Hütte in Rheinhausen ca. 1910 Quelle: PR

Mit dem Niedergang der deutschen Kohlezechen aber verliert auch die Wasag den Boden unter den Füßen. Von einst mehr als 180 Zechen gibt es heute nur noch drei. Parallel dazu sinkt der Sprengstoffbedarf in den Bergwerken. Eckbert wagt einen radikalen Schnitt und baut die Holding drastisch um. An Wasag hält er heute weniger als fünf Prozent, vom Erbe des Vaters ist fast nichts geblieben. „Ich musste auskehren“, sagte Eckbert, „früher wurde zu viel verwaltet.“

Beeindrucken lassen sich Friedrich und Eckbert von den Rückschlägen nicht. Was hilft ihnen darüber hinweg, wie motivieren sie sich? „Ich glaube, das muss man ein bisschen in den Genen haben“, sagt Eckbert, „als Unternehmer besteht das ganze Geschäftsleben aus Veränderungen und Herausforderungen.“ Friedrich besinnt sich in solchen Momenten auf seine antrainierte Leidensfähigkeit. „Als Marathonläufer und bei der Bundeswehr ausgebildeter Fallschirmjäger bin ich schmerzhafte Grenzbereiche gewohnt.“ „Try again. Fail again. Fail better“, zitiert er den Schriftsteller Samuel Beckett. „2004, das Jahr nach meinem Rücktritt bei Lion, war mein wichtigstes Jahr.“

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