Alte Management-Stile haben in unserer modernen Arbeitswelt keinen Platz mehr. Führungskräfte von heute müssen sich auf schnell wandelnde Märkte einstellen, Produkte und Dienstleistungen vernetzen, Prozesse kundenorientiert ausrichten und Mitarbeiter fördern.
Dabei gilt es, regelmäßig Barrieren zu überwinden. Performance-Stress hier, Deadline-Druck dort – und noch dazu die regelmäßigen Quartalszahlen oder Berichte. Angesichts des steigenden Pensums können plötzlich selbst die besten Chefs ihre Vorsätze vergessen und in einen autoritären Kommandanten-Modus verfallen. Doch dieser Modus ist gerade im Zeitalter der Digitalisierung alles andere als empfehlenswert.
Der Grund: Die alten Muster der Machtdemonstration, die "Top-Down"-Kommunikation, haben ausgedient. Wer heute als Chef von seinen Mitarbeitern ernst genommen werden will, ist kein Kommandant. Er ist Kommunikationsexperte. Leichter gesagt als getan.
Mehr als Geld und Macht
Kommunikation verläuft heute nicht mehr sequenziell, sondern parallel und vernetzt. Der Umgang mit neuen Medien wie Kollaborations-Software, Instant Messaging oder Online-Konferenzen gehört zu den Basiskompetenzen jedes Managers. Auch wenn es zunächst paradox klingen mag: Je digitaler die Welt, umso stärker rückt der Mensch in den Mittelpunkt. Jeder ist immer, überall und über mehrere Kanäle erreichbar – alles dreht sich um den persönlichen Kontakt. Dabei steht der Chef von heute vor der Herausforderung, persönliche Beziehungen über Kulturen hinweg mittels digitaler Kommunikation aufzubauen und zu erhalten.
Was Mitarbeiter an Arbeitgeber bindet
Umfrage unter 665 Entscheidern in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Quelle: Hys HR-Report 2014/15
70% der Befragten halten interessante Aufgaben für ein geeignetes Mittel, um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. Umgesetzt haben dies bereits 60%.
63% der Befragten sehen eine marktgerechte Entlohnung als besonders geeignet an, um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. Dies umgesetzt haben 55%.
Um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden, halten 67% der Befragten Maßnahmen zur Work-Life-Balance für besonders geeignet. Als bereits umgesetzt betrachten dies 46%.
Personalentwicklung ist für 63% ein geeignetes Mittel zur Bindung von Mitarbeitern an den Arbeitgeber. 45% haben dies bereits umgesetzt.
95% der Entscheider halten eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima für besonders geeignet um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. 53% geben an dies schon umgesetzt zu haben.
Ob das Internet, die Cloud oder alle anderen digitale Helfer: Sie haben dem Wissensmonopol früherer Zeiten ein Ende gesetzt. Informationen sind inzwischen für jedermann zugänglich, was dazu geführt hat, dass Unternehmenshierarchien flacher geworden sind. Infolgedessen müssen Arbeits- und Führungskultur neu definiert werden. Während die digitale Informationstransparenz die Mitarbeiter erfreut, müssen Führungskräfte ihr klassisch autoritäres Selbstverständnis ablegen. Statt Kontrolle gelten Kooperation und Werte. Es herrscht eine durchlässige und vernetzte Organisationsstruktur.
Digitalisierung bedeutet Vernetzung
Das sind Anforderungen, die Coaches als "Alpha Intelligence" bezeichnen, die vor allem die ich-fokussierten Führungspersönlichkeiten vor Herausforderungen stellen können.
Und die Chefs selbst haben gemischte Gefühle, wie eine Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ) unter leitenden Managern aus mittleren Unternehmen als auch aus Großunternehmen unterschiedlicher Branchen zeigt. Während fast die Hälfte der befragten Führungskräfte (47 Prozent) der Meinung ist, dass die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Kommunikation den Druck auf ihre Person verstärke und schnelleres Entscheiden und Handeln verlange, bestätigen zugleich 65 Prozent, dass vernetztes Denken in Zukunft immer wichtiger für erfolgreiches Führen sein wird.
Als Voraussetzung für diese Vernetzung nennen 68 Prozent von ihnen den Austausch von Informationen.
Selbstbestimmung durch Schatten-IT
Und bei dem Austausch von Informationen hat in den vergangenen Jahren tatsächlich eine kleine Revolution „von unten“ stattgefunden. Plötzlich brachten Mitarbeiter die nützlichen digitalen Tools aus ihrem Privatleben hinein ins Unternehmensumfeld, um sich angesichts von veralteten Technologien besser auszutauschen und produktiver zu werden.
Und weil dies in vielen Fällen unerlaubt und quasi im Schatten der Unternehmen passierte, sprachen viele von der sogenannten Schatten-IT. Dabei beschreibt der zunächst negativ konnotierte Begriff eine der spannendsten Episoden in der Technologiegeschichte, die den alten Führungsprinzipien den Spiegel vorgehalten hat.
Denn während sich die Mitarbeiter die neuen Freiheiten der digitalen Welt schnell zu Eigen machten, versuchten Management und IT-Verantwortliche diese sofort einzudämmen und zu reglementieren. Sie mussten schnell einsehen, dass das Prinzip Abschottung in diesem Fall wenig Aussicht auf Erfolg hatte, da für viele Mitarbeiter die Vorteile der neuen praktischen Helfer für ihre Arbeit überwogen.
Tatsächlich skizzieren die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), dass es sich für Unternehmen auszahlt, auf ihre Mitarbeiter zu hören. Denn Unternehmen, deren Mitarbeiter mit der IT-Ausstattung zufrieden sind, sind nicht nur wesentlich produktiver.
Was die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigert
Von den Arbeitnehmern, die mit ihrem Job zufrieden sind, machten mehr als die Hälfte (60 Prozent) die Kollegen, mit denen sie arbeiten, für ihr Gefühl der Erfüllung am Arbeitsplatz verantwortlich.
Quelle: CareerBuilder
Verantwortung zu haben, ist für 50 Prozent ein Zufriedenheitsgarant.
"Ich leite einen sehr erfolgreichen Internet-Konzern": 48 Prozent macht ihr Jobtitel zufrieden.
Pendeln? Nein, danke. 47 Prozent sind zufrieden, wenn sie einen kurzen Anfahrtsweg zu ihrem Arbeitgeber haben.
Jeweils 43 Prozent sind zufrieden dank ihres Gehaltes beziehungsweise der gten Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die ihr Arbeitgeber ihnen bietet.
Sich wertgeschätzt zu fühlen, ist für 42 Prozent entscheidend.
Jeweils 40 Prozent sagten, dass es zu ihrer Jobzufriedenheit beiträgt, wenn sie herausgefordert werden beziehungsweise ihren Vorgesetzten mögen.
Sie sind auch mit den sonstigen Arbeitsbedingungen zufriedener als Kollegen, denen die gewünschten IT-Tools verwehrt bleiben, so das Fraunhofer IAO.
Ergo: Je selbstbestimmter Mitarbeiter arbeiten können, je mehr Mitsprache ihre Führungspersonen ihnen gewähren, umso motivierter werden sie. Zudem fühlen sich diese Mitarbeiter dem Unternehmen stärker verbunden und sie haben das Gefühl, dass sie einen direkten und größeren Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben.
Vom Kommandanten zum Mitgestalter
Während Mitspracherechte bis dato allerdings oft als Kontrollverlust oder Manko von Führungsqualitäten aufgefasst wurde, hat die Digitalisierung in jeder Hinsicht ein Umdenken eingeleitet. Führungspersönlichkeiten treffen nun auf Mitarbeiter, die stärker in Teams arbeiten; auf Kunden, die das Produkt in der Crowd selbst gestalten; und auf Partner, die in Entwicklung und Marketing miteingebunden sind.
Vier Chef-Typen
Erfolgreiche Chefs – und somit auch erfolgreiche Unternehmen – verstehen diese neue Agilität als Chance für neue Geschäftsmodelle. Facebook, LinkedIn oder AirBnB sind deswegen so stark, weil sie virtuos die Klaviatur des Multiplikatoreffekts spielen können, und auf diese Weise ein rapides Wachstum bei wenigen Investitionskosten verbuchen können, wie Jeremy Rifkin in seinem Buch „The Zero Marginal Cost Society“ schreibt.
Sie sind auch deswegen so stark, weil sie von Führungspersönlichkeiten geführt werden, die sich als Netzwerker definieren und die neuen Spielregeln des Führens verstanden haben. Die US-Unternehmensberater von OpenMatters sind dem Verhältnis zwischen Geschäftsmodell und Führungsstil nachgegangen und unterscheiden vier verschiedene Typen:
1. Der Kommandant (commander)
Er setzt Ziele und sagt anderen, wie sie diese erreichen sollen. Dies funktioniert gut mit Maschinen, ist aber nur wenig erfolgsversprechend mit Mitarbeitern und Kunden, die Wahlmöglichkeiten und Partizipation einfordern.
Was Unternehmen tun können, um ihre Mitarbeiter zu motivieren
Um den Mitarbeitern am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche zu bescheren, müssen nicht gleich Millionenbeträge über die Theke wandern. Stattdessen freuen sich Mitarbeiter auch über Gutscheine, mit denen sie laufende Kosten wie Benzin oder Essen
Finanzieren können. Tankstellen- oder Einkaufsgutscheine mit bis zu 44 Euro im Monat kann der Arbeitgeber zudem steuerlich absetzen. Auch Essensgutscheine bis zu 1.342 Euro im Jahr sind für die Chefetage abgabenfrei und kommen bei den Mitarbeitern ohne
Abzüge von Steuern und Sozialabgaben an.
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern auch Personalrabatte gewähren. Bis zu 1.080 Euro im Jahr sind hier ohne Probleme möglich. Unabhängig davon, dass der Mitarbeiter geringere Ausgaben hat, fährt der Arbeitgeber ja dadurch dennoch Umsätze ein: Eine Win‐win-Situation auf der ganzen Linie also.
Auch zinslose oder zinsgünstige Darlehen erfreuen sich bei den Arbeitnehmern zunehmender Beliebtheit. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Tower Watson sind Arbeitgeberdarlehen auf Platz zwei der beliebtesten betrieblichen Zusatzleistungen. Diese können mit bis zu 2.600 Euro Zinsvorteil an die Mitarbeiter herausgegeben werden.
Der Urlaub ist für jeden Mitarbeiter essentiell. Hier wird neue Kraft getankt, um anschließend wieder frisch und motiviert ans Werk gehen zu können. Wie schön ist es dann also, wenn der Arbeitgeber hier auch noch aktiv unter die Arme greift? Je nach Familienstand können sich Arbeitgeber mit bis zu 364 Euro im Jahr an den Urlaubskosten ihrer Mitarbeiter beteiligen. Über den ein oder anderen Cocktail extra braucht man sich dann schon mal keine Gedanken mehr zu machen.
Auch Porsche sieht den Wert der Altersvorsorge: 700 Euro pro Mitarbeiter fließen von der Prämienzahlung direkt in die persönliche Altersvorsorge. Aber kleinere Unternehmen können ihren Mitarbeitern ebenso helfen, für das Alter vorzusorgen, indem sie Direktversicherungen, eine betriebliche Altersvorsorge oder Pensionskassen und –fonds für sie anlegen. Dies macht sich nicht so unmittelbar im Geldbeutel bemerkbar wie Gutscheine oder ein Darlehen. Allerdings gibt es den Mitarbeitern Sicherheit und zeigt, dass der Arbeitgeber daran interessiert ist seine Mitarbeiter auch nach ihrer aktiven Zeit im Unternehmen gut zu versorgen.
Familienfreundliche Arbeitgeber sind schwer im Kommen! Eine Umfrage des Anbieters für betriebliche Sozialleistungen und Incentives Sodexo ergab, dass 80 Prozent der deutschen Arbeitnehmer die Work-Life-Balance wichtig finden und 77 Prozent ergeht es ebenso bei der Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers. Den Arbeitnehmern wird also zunehmend wichtiger, dass auch der Arbeitgeber ihre persönlichen Werte teilt. Familienfreundliche Arbeitszeiten oder ein Kindergartenzuschuss sind da schon ein sehr guter
Anfang.
Ohne Smartphone und Laptop geht es heute in den meisten Berufen kaum noch. Wenn die Mitarbeiter also ohnehin dieses Equipment, in der Regel mit einer Flatrate, zu Verfügung gestellt bekommen, warum dann nicht die Nutzung gleich ausweiten? Wenn die Mitarbeiter ganz offiziell ihre Arbeitsgeräte für den privaten Alltag verwenden können, verringern sich ihre eigenen Mobilfunkkosten und der Arbeitgeber zahlt auch nicht mehr als für die geschäftliche Nutzung.
2. Der Kommunikator (communicator)
Er hat einen Plan, kommuniziert jedoch, um zu inspirieren und Ideen anzuregen. Damit kommen Mitarbeiter schon deutlich besser zurecht, denn sie erhalten die Möglichkeiten, um die Strategie für das Projekt oder die Unternehmensvision zu verstehen. Allerdings, so OpenMatters, seien die Mitarbeiter noch stets nur Ausführende, und nicht Mitgestalter.
3. Der Kollaborator (collaborator)
Dieser Typus ist Teil des Teams und arbeitet gemeinsam mit seinen Mitarbeitern und Kunden daran, die Unternehmensziele zu erreichen. Diese Art der Führung fordert Mitarbeiter heraus, eigene Ideen voranzutreiben (englisch: Empowerment), da sich die Führungsperson nicht über das Team stellt und sich als Ideengeber versteht.
4. Der Mitgestalter (co-creator)
Er gibt Mitarbeitern den Raum, ihre persönlichen Ziele in Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen zu erreichen, indem er diese aktiv mitgestaltet. Dies ist der bestimmende Führungsstil bei Unternehmen, die stark in Netzwerken denken.
Tatsächlich sei Letzterer aber noch die Ausnahme, sagt OpenMatters. Denn diese Herangehensweise erfordere den außerordentlichen Mut des „Mitgestalters“, auf Kontrolle zu verzichten und die Bereitschaft, anderen das Ruder zu überlassen.
OpenMatters ist sich aber sicher: Chefs, die sich als Orchestratoren eines Netzwerks verstehen und deren wichtigste Vermögenswerte die Beziehungspflege und Mitarbeitermotivation zu mehr eigenen Ideen sind, werden in Zukunft noch viel wichtiger. Gleichzeitig zeigt dieses Ergebnis, dass Führungspersonen bei aller Kollaboration eben längst nicht obsolet werden. Es wird auch in Zukunft Führungskräfte brauchen, die den Rahmen vorgeben, klare Ziele setzen und vor allem dafür sorgen, dass diese auch erfolgreich umgesetzt werden – nur eben lieber nicht in der Art eines Kommandanten, sondern in der eines Mitgestalters.
Über den Autor: Oliver Blüher ist Country Manager DACH & Nordics bei Dropbox