Diplomatie im Business Möge der Bessere die Verhandlung gewinnen

Diplomatisch sein fällt manchmal schwer. Doch wie in der Politik geht es im Geschäftsleben nicht anders. Was Manager von Diplomaten lernen können, verrät die ehemalige Diplomatin Gerlinde Manz-Christ.

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Gerlinde Manz-Christ ist ehemalige Diplomatin und Regierungssprecherin. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Sie plädieren für Sanftheit bei Verhandlungen. Die Erfahrung - und diverse Studien - lehren, dass die Netten und Hilfsbereiten im Business häufig die Dummen sind. Da scheint mir Sanftheit eher die falsche Strategie zu sein...

Gerlinde Manz-Christ: Diplomatisch zu sein, heißt nicht per se, 'nett und hilfsbereit' zu sein. Diplomatie ist die Kunst, nachhaltig Brücken zu bauen, und zwar genau dort, wo andere sagen: 'Das geht nicht'. Sie schafft Brücken zwischen unterschiedlichen Standpunkten, Ansichten und Kulturen. Es ist eine hohe Kunst, kreative, friedliche Lösungen zu finden. Die diplomatische Sprache ist eine Sprache, die verbindet, aber nicht ständig beschönigt. Das braucht Mut, den viele – leider – nicht haben. Wir haben eine gepflegte Streitkultur verlernt. Vieles ist nur mehr schwarz oder weiß. Diplomatie arbeitet jedoch mit Grautönen.

Wie streitet man mit jemandem, der nur in Schwarz oder Weiß denkt?

Für diplomatische Lösungen müssen beide Seiten prinzipiell eine Bereitschaft und ein Interesse an der Lösung haben. Wenn eine Seite mit einer ablehnenden Grundhaltung in Verhandlungen geht, ist Verhandeln sinnlos. Das schafft jedoch einen Nährboden für Missstimmung, Auseinandersetzungen und im schlimmsten Fall Krieg. Worum geht es wirklich, bei 'nett und hilfsbereit' zu sein? Es geht darum, dem anderen mit Respekt, auf Augenhöhe zu begegnen und mit Diplomatie ein für alle möglichst angenehmes Zusammenleben zu ermöglichen: Leben und leben lassen.

Diese Dinge können Manager von Diplomaten lernen

Lassen sich politische Konflikte überhaupt mit den Konflikten vergleichen, die innerhalb eines Unternehmens beziehungsweise zwischen Konkurrenten herrschen? Annektierung mit feindlicher Übernahme? TTIP mit Preisabsprachen?

Ob in der Politik oder im Unternehmen – letztlich geht es immer um Interessenskonflikte zwischen Menschen. Hier spielen menschliche Bedürfnisse nach Macht, Anerkennung, Geld oder die Kompensation von Komplexen und Traumata eine große Rolle. Kein Konflikt ist rein sachlich bedingt. Deshalb ist es so wichtig, Konflikte in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität wahrzunehmen und entsprechend zu agieren. Ich höre immer wieder von Führungskräften und ihren Mitarbeitern in Unternehmen, dass 80 Prozent ihres Handelns Politik seien. Und genau deshalb lassen sich die Prinzipien der Diplomatie auch in der Wirtschaft hervorragend anwenden.

Sie sagen, Wirtschaft müsse ein Marktplatz sein, auf dem hart, aber fair verhandelt wird. Wo ist die Grenze zwischen Härte und Konfrontation?

Fairness bedeutet nicht, dass man Konfrontationen aus dem Weg geht. Die Frage ist doch, wie die Konfrontation stattfindet. Ich kann in einer Auseinandersetzung den anderen das Gesicht wahren lassen oder ihn vorführen, gar diffamieren. Bewusst Lügen über den anderen zu verbreiten, um selbst besser dazustehen, wie wir es zur Zeit im US-Wahlkampf erleben, sind für mich eine Grenzüberschreitung. Solches Vorgehen ist für mich ein Zeichen der Schwäche und Hilflosigkeit. Offensichtlich meint mancher, mit fairen Mitteln nicht ans Ziel zu kommen. Dann haben Auseinandersetzungen Ähnlichkeit mit einem Kriegsschauplatz.

Einem Kriegsschauplatz?

Oft reden wir dann von 'Fronten' oder meinen, uns 'wappnen' zu müssen. Die Grenze zwischen Konfrontation und Diffamierung verläuft dort, wo persönliche Einstellungen und Haltungen, Glaubenssätze und Prägungen unser Handeln in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Der Diplomat pflegt eine Grundhaltung des Wohlwollens, auch in Auseinandersetzungen. Frei nach dem Motto: Möge der Bessere gewinnen.

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