Diversity-Studie Wie es um die Vielfalt in deutschen Unternehmen steht

Der Arbeitsmarkt wandelt sich und immer mehr Unternehmen schreiben sich Diversity auf die Fahnen. Das kommt gut an. Doch eine Studie zeigt, dass sich 55 Prozent der deutschen Betriebe nicht mit dem Thema beschäftigen.

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ein Azubi und sein Ausbilder fertig gesponnenes Polycarbonat in den Händen Quelle: gms

Der Mensch neigt zur Vermeidung kognitiver Dissonanzen. Man umgibt sich gerne mit Leuten, die ähnlich ticken, ähnliche Dinge mögen und einen ähnlichen sozialen Hintergrund haben. Das macht das Leben einfacher und angenehmer. Im Privatleben zumindest. Ein Unternehmen, das auf das Prinzip Homogenität setzt, wird über kurz oder lang hinter der Konkurrenz zurück bleiben. Denn neue Ideen kommen nicht zustande, wenn alle exakt gleich denken.

Dass ein gesunder Betrieb Frauen und Männer braucht, alte und junge Mitarbeiter egal welcher Herkunft, ist kein neuer Gedanke. Im Jahr 2006 wurde die Charta der Vielfalt gegründet, eine Initiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen mit Kanzlerin Angela Merkel als Schirmherrin. Seit der Gründung sind mehr als 1.900 Unternehmen und Einrichtungen Mitglied der Initiative geworden und es werden immer mehr. Trotzdem hapert es vielerorts noch bei der Umsetzung des Diversity-Gedankens, wie eine Studie der Personalberatungs- und Personalvermittlungsgesellschaft PageGroup zeigt.

Weniger als die Hälfte der Unternehmen setzt sich für Vielfalt ein

Für ihre "Diversity Management Survey" befragte das Unternehmen Mitarbeiter aus Personalabteilungen sowie Geschäftsführer und Vorstände von mehr als 200 deutschen Unternehmen verschiedener Größen und aus verschiedenen Branchen. Das Ergebnis: In 45,1 Prozent der befragten Unternehmen haben sich in den letzten zwei Jahren die Personalabteilungen und das Management aktiv mit dem Thema befasst. Dagegen stehen aber auch 35,4 Prozent der Unternehmen, die das Thema Vielfalt nicht aktiv behandelt haben und es auch nicht planen. Bei weiteren 19,5 Prozent soll Diversity zumindest in der Zukunft eine Rolle spielen.

Was erfolgreiche Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun

Zur Verteidigung der Vielfaltsverweigerer lässt sich sagen: Was sich auf der Karrierehomepage hübsch ausmacht, macht im Berufsalltag natürlich auch Arbeit. Und hier sind nicht nur die Personaler gefragt, die die verschiedensten Menschen ins Unternehmen holen, sondern auch die Vorgesetzten, die den bunten Haufen zu einem Team machen müssen. Denn zwischen Alt und Jung und Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen kann es auch einmal krachen. Eine Umfrage unter 2.400 Personal- und Finanzmanagern in der Schweiz, Österreich und Deutschland des amerikanischen Personaldienstleisters Robert Half zeigt: Sind drei Generationen in einem Team, gibt es Schwierigkeiten.

Die größte Herausforderung bei der Zusammenarbeit dieser drei Generationen sehen 36 Prozent der Befragten in der unterschiedlichen Arbeitsmoral und der Einstellung zur Work-Life-Balance. 18 Prozent dagegen monieren, dass die drei Generationen Kommunikationsschwierigkeiten haben. "Wir sprechen nicht die gleiche Sprache", sagten die Umfrageteilnehmer. Das zu handhaben erfordert eine ganze Menge Gelassenheit unter den Mitarbeitern. "Gegenseitige Toleranz sowie das miteinander Sprechen am Arbeitsplatz sind sehr wichtig", sagt Sven Hennige von Robert Half International.

Diversity lohnt sich

Doch wer diese Herausforderung annimmt, kann nur gewinnen. So geben 54,7 Prozent der Unternehmen, die sich aktiv für Diversity einsetzen an, die Synergieeffekte zwischen den Mitarbeitern gesteigert zu haben. 50,0 Prozent bezeichnen besseres Teamwork als einen wichtigen Erfolg. Ebenfalls etwas mehr als die Hälfte verbuchen wiederum eine stärkere Mitarbeiterbindung (51,6 Prozent). Außerdem gaben die von der PageGroup befragten Betriebe an, ihren Umsatz gesteigert und neue Märkte erschlossen zu haben, weil sie auf Vielfalt setzen. Außerdem sorgten heterogene Teams für Fortschritte bei der Entwicklung neuer Lösungen und Produkte.

Diversity: So wollen Unternehmen die Vielfalt fördern

In einer empirischen Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) gehen 70 Prozent der Beschäftigten davon aus, das im Jahr 2025 "eine gelebte Work-Life-Balance" als Status-Symbol gilt. Und genauso, wie Work-Life-Balance kein bloßes Lockmittel für junge Arbeitnehmer mehr sein sollte, muss auch Diversity gelebt werden, statt als Schlagwort nur das Image aufzupolieren.

Hinzu kommt, dass Unternehmen allein schon wegen des sich verändernden Arbeitsmarktes nicht mehr ganze Bewerbergruppen ausschließen können. Gerade wer im internationalen Umfeld tätig ist, braucht Menschen, die interkulturelle Kompetenzen und Sprachkenntnisse mitbringen.

Denn die Arbeitswelt - auch in Deutschland - ist von kultureller und demographischer Vielfalt geprägt. Deshalb sollten Unternehmen das auch sein, wenn sie am Markt bestehen wollen. "Jeder Mensch bringt ein einzigartiges Set an Ideen und Fähigkeiten mit ins Unternehmen", sagt Goran Barić, Geschäftsführer der PageGroup Deutschland. "Die Umfrage bestätigt: Wer mit dieser Vielfalt nicht nur umgeht, sondern sie aktiv fördert und nutzt, schafft im Unternehmen bessere Zusammenarbeit in produktiveren Teams. In diesem Umfeld wachsen Leistungsträger und Ideen, die die Zukunft des Unternehmens sichern."

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