Familienunternehmen Wie Patriarchen ihre Nachfolge regeln sollten

Die Finanz- und Bankenkrise bestätigt den guten Ruf von Familienunternehmen. Ihr großer Schwachpunkt liegt jedoch in den krisenhaften Übergabephasen von einer Generation zur nächsten. Wie Familienunternehmen einen geeigneten Nachfolger finden und und den Übergang professionell planen können, erklärt Uta von Boyen.

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Uta von Boyen Quelle: PR

In der Finanzkrise ist die Sehnsucht nach beständigen Werten gestiegen. Und Familienunternehmen gelten mehr denn je als Hoffnungsträger für nachhaltige Unternehmenserfolge. Sie werden von vielen als vertrauenswürdige Organisationsform gelobt, und die wirtschaftlichen Kennzahlen bestätigen das: So haben sich laut dem Harvard Business Manager die fünfzig größten deutschen Familienunternehmen zwischen 2003 und 2008 um 6,8 % besser entwickelt als die DAX-Unternehmen.

Jeder Führungswechsel ist eine Krise

Die Organisationsform Familienunternehmen hat jedoch einen entscheidenden Schwachpunkt: Jeder Führungswechsel stellt eine Krise dar. Statistisch durchleben Familienunternehmen solche Übergänge zwar nur etwa alle zwanzig Jahre, doch wenn Wechsel stattfinden, dann ist das Risiko des Scheiterns sehr hoch. Das Geschäftsmodell und die Unternehmensidentität stehen und fallen vielfach mit dem Inhaber– vor allem, wenn es sich dabei noch um die Gründerfigur handelt. Ein Wechsel in der Geschäftsführung wirft daher immer existenzielle Fragen auf. 

Zehn Tipps für die Nachfolgeplanung

Auch die Nachfolger stehen damit vor großen Herausforderungen: Auf der einen Seite finden sie im Familienunternehmen ein sensibles Gefüge aus Werten, Traditionen, Standortverwurzelung und Mitarbeiterloyalität vor, auf der anderen Seite herrscht häufig ein hoher Innovations-, Internationalisierungs- und Veränderungsdruck. Nachfahren bringen selbstverständlich auch nicht automatisch dieselben Kompetenzen und Interessen mit wie die Vertreter der Vorgeneration: Wo der Vater vielleicht ein genialer Tüftler und gerissener Geschäftsmann war, da interessiert sich der Sohn möglicherweise mehr für Botanik oder für russische Gegenwartsliteratur. Und schließlich kann es auch noch passieren, dass die Skills der Nachfolger zwar auf demselben Stand sind wie bei den Vorgängern, aber dass sie in einer zunehmend globalisierten und beschleunigten Wirtschaft  schon längst nicht mehr ausreichen oder nicht mehr passen, oder dass man dem immensen familiären Druck einfach nicht gewachsen ist.

Eine bewusste, rechtzeitige Nachfolgeplanung ist für Familienunternehmen daher ein Muss. Umso problematischer ist da der Befund, dass die meisten der betroffenen Unternehmenslenker das schwierige Thema jahrelang verdrängen und viel zu wenig Zeit für Entscheidung und Vorbereitung einplanen. Aktuell sind mehr als 50 Prozent aller Familienunternehmen ohne Nachfolgeregelung. Zu heikel, zu komplex erscheint vielen Patriarchen oder Matriarchinnen die Frage, wem das Lebenswerk übergeben werden könnte.

Wirtschaftliche Fragen spielen selten die Hauptrolle

Dabei spielen betriebswirtschaftliche Fragen bei genauerem Hinsehen selten die Hauptrolle. Die Perspektive auf das Thema ist von der Frage geprägt, welche Vererbungsstrategie für den Nachwuchs die richtige ist – vererbt man dynastisch, so dass ein Erbe alles bekommt und der Rest ausbezahlt wird, oder egalitär, so dass ein Familienkonsortium übernimmt? Es geht um individuelle Vorstellungen und um persönliche Beziehungsfragen innerhalb der Inhaberfamilie – Themen, die man vielfach unter sich abmacht, bevor man Außenstehende involviert.

Diese diskrete Behandlung von familiären Anliegen ist verständlich – und gerade Berater müssen an dieser Stelle Respekt vor der Privatsphäre der Unternehmerfamilie mitbringen. In einem solchen Beratungsprozess ist weitaus mehr gefragt als ein Satz bunter Folien und eine schicke Marktanalyse: Es gibt selten einen Beratungsauftrag, der so viel Diskretion und Einfühlungsvermögen erfordert wie die Nachfolgeberatung. Deswegen müssen Consultants das ungeteilte Vertrauen der Unternehmerfamilie besitzen, bevor sie diese durch umfassende Veränderungs- und Anpassungsprozesse von Strategie, Struktur, Governance-Regelungen und Kultur begleiten können, dass der neue Status quo von allen Beteiligten mitgetragen werden kann.

Trennung von Vererbungsplanung und strategischer Unternehmensplanung

Erfolgreiche Nachfolgeberatung beginnt in der Praxis meist, wenn die Nachfolge selbst schon entschieden ist. Es geht dann darum, die professionelle Umsetzung zu begleiten. Besser wäre es allerdings, schon den Kern des Entscheidungsprozesses gemeinsam so zu reflektieren, dass eine Trennung von familiärer Vererbungsplanung und strategischer Planung für das Unternehmen erfolgen kann. Wenn tabuisierte Fragen in einem vertraulichen Rahmen auf den Tisch kommen - „Sind meine Kinder eigentlich qualifiziert für die Übernahme?“ - „Ist es für einen externen Manager überhaupt attraktiv, hier Verantwortung zu übernehmen?“ - und wirklich geklärt werden, erleichtert dies die spätere Arbeit an der Übergabe und an der eventuellen Trennung von Eigentum und Management enorm. 

Die Übergabe der Geschäftsleitung und die Übergabe des Vermögens sollten in jedem Fall klar voneinander unterschieden und grundsätzliche Governance-Regelungen in jedem Familienunternehmen etabliert werden.  Auf lange Sicht benötigt man klare Regeln dafür, wie Personal eingestellt wird, wer befördert wird und wie die Interessen von Familie und Unternehmen vereinbart werden können. Wenn diese zentrale Herausforderung einmal bewältigt ist, sind Familienunternehmen auch für die kommenden Führungswechsel bestens aufgestellt.

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