Feedback-Kultur Wie Chefs ihre Mitarbeiter richtig loben

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Die Jugend heutzutage

Die Forscherin empfiehlt Managern deshalb, generell allen Mitarbeitern Wertschätzung entgegenzubringen. Bei konkreten Projekten sollten sie sie aber vor allem bei drögen Aufträgen rhetorisch stärken, bei komplexen Problemen jedoch in Ruhe lassen. „Solche Aufgaben sind interessant genug, sodass eine Ermutigung von außen gar nicht nötig ist“, sagt Hewett. Andernfalls verlieren die Angestellten schnell die Lust, weil sie das Gefühl vermittelt bekommen, nur noch für den Vorgesetzten zu arbeiten.

Erlebt hat das zum Beispiel Oliver Kuck, Geschäftsführer von Bardusch. Das Familienunternehmen aus dem baden-württembergischen Ettlingen beliefert Firmen weltweit mit Berufsbekleidung. Als Kuck einmal einen seiner Mitarbeiter lobte, konterte der schlicht: „Vielen Dank, aber über ein spannendes Projekt würde ich mich mehr freuen.“ Solche Eigenheiten zu erkennen erfordert Fingerspitzengefühl. Vor allem bei jüngeren Angestellten, sagt Kuck: „Ihnen ist es extrem wichtig, sinnstiftend zu arbeiten – deshalb erreiche ich sie über ein Lob eher als mit der Aussicht auf mehr Gehalt.“

Außerdem achtet der Manager besonders auf die introvertierten Mitarbeiter. Ihnen könne man durch ein Lob vor den Kollegen zu mehr Respekt und Anerkennung verhelfen, sagt Kuck. „Dadurch kann die Leistung eines Teams enorm steigen, denn die notorischen Lautsprecher zügeln sich, während die eher ruhigen Mitarbeiter aufblühen.“ Nicht zwangsläufig muss eine solche Bestärkung von oben erfolgen. In einigen US-Unternehmen können sich auch Gleichgestellte lobpreisen, zum Beispiel mit Ansteckern und Dankeskarten – virtuell und analog.

Applaus vom Kollegen

Das Softwareunternehmen Symantec hat im Intranet die Plattform Applause eingerichtet, innerhalb eines Jahres stieg die Zufriedenheit der Mitarbeiter um 14 Prozent. Und die Fluglinie JetBlue lässt ihre Mitarbeiter Punkte verteilen, mit denen sie einander für Kooperation danken.

Diese Punkte lassen sich in Belohnungen umwandeln: Kleine Summen reichen für ein Gratisessen in der Kantine, größere können in freie Tage eingetauscht werden. Seitdem arbeiten nicht nur die ausgezeichneten Kollegen motivierter – sondern auch jene, die das Lob aussprechen. In Deutschland setzen manche auf ähnliche Systeme.

Elf Strategien für mehr Motivation am Arbeitsplatz
Die Gründe für Motivationstiefs können vielfältig sein – umso wichtiger ist es, die Ursachen zu reflektieren, sie zu verändern oder zu kompensieren. Die Haufe-Akademie beschreibt 11 Strategien, die dabei helfen sollen. Je nach Persönlichkeitstypus greifen dabei verschiedene Methoden und sogenannte Motivationsverstärker: Ein Mensch, der impulsiv reagiert und oft bildlich denkt, benötigt Motivationstechniken, die mit Imagination und Visualisierung arbeiten. Für rational handelnde Personen eignet sich hingegen eher eine analytische Vorgehensweise. Quelle: dpa
1. Reflektieren: Wo liegen die Ursachen?Woher kommt das Motivationstief: Liegt es an der Stimmung im Team? Wünschen Sie sich mehr Austausch mit Kollegen oder Vorgesetzten? Macht Ihnen Zeit- oder Konkurrenzdruck zu schaffen? Bekommen Sie nicht genügend Anerkennung für Ihre Leistung? Oder sind Sie mit Ihrem Arbeitspensum permanent am Limit? Die Ursachenforschung erfordert natürlich etwas Zeit und genaues Nachdenken, um die mutmaßlichen Faktoren ausfindig zu machen. Am besten legen Sie die Punkte schriftlich nieder, so gewinnt Ihr Problem Struktur. Quelle: dpa
2. Kompetenzen aneignen und erhöhenHaben Sie das Gefühl, Ihre Leistungen und Engagement werden nicht genug gewürdigt? Dann sollten Sie unbedingt das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken und belegen Sie Ihrem Vorgesetzten, wie das Unternehmen von Ihrer Arbeit profitiert. Um mehr Anerkennung zu erlangen, bietet es sich außerdem an, sich weiter zu qualifizieren. Natürlich müssen Sie Ihr Vorhaben zuerst mit Ihrem Vorgesetzten besprechen, schließlich investiert Ihr Unternehmen in Sie. Außerdem gibt es staatliche Fördermaßnahmen, die Sie in Anspruch nehmen könnten. Quelle: dpa
3. Umfangreiche Projekte in Arbeitsschritte einteilenEinen gewaltige Berg Arbeit vor sich zu sehen ist zunächst mal fast immer deprimierend. Hilfe bietet gutes Zeit- und Projektmanagement. Um nicht den Überblick über bereits geleistete Arbeit zu verlieren, sollten umfangreiche Aufgaben in mehrere Schritte unterteilt werden. Das Projekt wird so einerseits übersichtlicher, zum anderen winkt ein kleines Erfolgserlebnis, sobald ein Arbeitsschritt abgehakt ist. Außerdem gelangen Erfolge auf diese Weise immer wieder ins Bewusstsein. Hat sich schon ein bestimmtes Handlungsmuster eingebürgert, sollte dieses noch einmal auf Schwachstellen überprüft werden, rät die Haufe-Akademie. Oft hilft es auch, Stress als Herausforderung zu betrachten. Wer es trotz Trubel und Hektik schafft, mit kühlem Kopf ein Projekt zu steuern, der kann mit Recht stolz auf sich sein. Generell ist es hilfreich, sich Grundlagen im Projektmanagement anzueignen, um von erprobten Methoden zu profitieren. Quelle: dpa-tmn
4. Visualisierung von Teilschritten, Erfolgen und ZielenUm motiviert zu bleiben, ist es hilfreich sich den fortlaufenden Prozess der Arbeit stets vor Augen zu führen - mit Hilfe von Tabellen, Grafiken, Zeichnungen. Das zeigt nicht nur Ihnen selbst, wie weit Sie gekommen sind, sondern auch den Kollegen und Vorgesetzten. Visualisierung bedeutet aber auch, geistige Bilder entstehen zu lassen. Denn Imaginationen setzen Anker im Unterbewusstsein fest. Je realistischer die Vorstellung gelingt, desto größer ist die Motivation. Quelle: Getty Images
5. Selbstwürdigung und SelbstbelohnungOhne Rückmeldung über geleistete Arbeit sinkt die Motivation. Wenn Chefs ihre Mitarbeiter dagegen loben, steigern sie deren Leistungsbereitschaft. Doch nicht jeder Vorgesetzte zeigt sein Lob in Worten, nicht immer erkennen wir Zeichen der Anerkennung. Eventuell fragen Sie Ihren Vorgesetzten einfach, was er oder sie von Ihrer Arbeit in den letzten Wochen hält. Gleichzeitig können Sie sich auch selbst helfen: Laut aktueller Studien spielt es keine Rolle, ob die Anerkennung von außen erfolgt, also durch Vorgesetzte und Kollegen, oder von innen durch einen selbst, so die Haufe-Akademie. Sorgt der Chef nicht für positives Feedback, dann belohnen Sie sich selbst mit einem guten Essen oder einem Shoppingbummel. Quelle: Getty Images
6. Autosuggestion mittels positiver FormulierungenDas letzte Projekt ist gründlich schiefgegangen? Das Motivationsloch tut sich auf. Wir setzen einen Fehler mit Versagen gleich, lassen negative Gedankenschleifen à la „ich kann das nicht“ zu. Man sollte sich jedoch davor hüten, seine Fähigkeiten nach einzelnen Rückschlägen gänzlich in Frage zu stellen. Fehler passieren und haben auch eine gute Seite: den Lerneffekt. Beim zweiten oder dritten Durchgang lässt sich eine Aufgabe meist besser lösen als beim ersten Mal. Lieber denken: „Ich schaffe das!“ Quelle: Getty Images

Johannes Schaback von Visual Meta bietet den knapp 250 Mitarbeitern seit Neuestem das Programm Achievement Chocolate: Angestellte können bestimmen, welche Kollegen ein Lob verdient hätten – und warum. Zusätzlich können sie entscheiden, ob sie das Lob während einer Teamsitzung selbst aussprechen wollen oder dies lieber dem Chef überlassen. Das sei auch für Führungskräfte lehrreich, sagt Geschäftsführer Schaback: „Damit rücken Mitarbeiter in den Fokus, die wir sonst vielleicht übersehen hätten.“

Experten sehen in solchen demokratischen Bewertungssystemen großes Potenzial. Das gebe viel mehr Mitarbeitern die Chance, ihre Anerkennung auszudrücken. „Lob wird so nicht mehr nur von oben nach unten verteilt“, sagt der Hamburger Psychologe Niels Van Quaquebeke, „stattdessen übernehmen alle im Team die Verantwortung, einander wertzuschätzen.“

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