Formel 1 Fünf Erfolgslektionen von Niki Lauda

Niki Lauda ist Rennexperte, Pilot und Airline-Gründer. Nun hat er ein Buch geschrieben. In "Reden wir über Geld" verrät der ehemalige Rennfahrer seine Erfolgsgeheimnisse. Eine Rezension.

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Fünf Erfolgslektionen von Niki Lauda Quelle: AP

Nordschleife Nürburgring 1976. Ein Formel -1 Ferrari fliegt aus einer Linkskurve und prallt gegen eine Felswand. Das Auto schleudert zurück auf die Fahrbahn und geht sofort in Flammen auf. An Bord: Der 26-jährige Niki Lauda. Mehrere Fahrer versuchen ihn aus dem Fahrzeug zu ziehen, die Rettung gelingt erst nach über einer halben Minute im brennenden Fahrzeug.  Er überlebt knapp. Dieser Crash geht als einer der spektakulärsten Rennunfälle in die Geschichte ein.

Weder Angst noch Selbstzweifel

Niki Lauda ist ein Überlebenskünstler der besonderen Art. Der heute 66-jährige überstand als Rennfahrer zahlreiche Unfälle. Doch der Crash am Nürburgring verhalf ihm zu noch mehr Berühmtheit und seinen Markenzeichen, die ihm heute noch viele Werbegelder einbringen: Ein halbverbranntes Gesicht und ein rotes „Kapperl“, ursprünglich getragen um den Verband am Kopf zu halten. So ein Nahtoderlebnis, das prägt. Angst scheint ihm ein Fremdwort zu sein. Selbstzweifel? Fehlanzeige. Emotionen sind generell nicht so sein Ding. Der dreifache Formel-1 Weltmeister redet lieber über Fakten. Wie in seinem  neuen Buch - einer Art Biographie, die am 10. Oktober im österreichischen Verlag edition a erscheint und 21,90 Euro kostet.

Das Buch hat mich angenehm überrascht. Ich lerne Niki Lauda, den ich bisher als kaltschnäuzigen und unnahbaren Rennexperten und Unternehmer wahrgenommen habe, von einer ganz anderen Seite kennen. Menschlich, nahbar, fehlbar und selbstkritisch. Die Erzählungen sind kurzweilig, charmant und unterhaltsam. Ich habe das Gefühl, beim Lesen hautnah dran zu sein. Und lerne ihn auch privat, als Vater und Ehemann sehr gut kennen. Und – ich finde ihn tatsächlich sympathisch.

Thema Geld spielt eine Nebenrolle

Das Buch ist eine unterhaltsame und umfangreiche Reise durch sein ungewöhnliches Leben mit Ecken und Kanten. Angefangen bei seiner Kindheit wie er in seiner wohlhabenden Industriellen-Familie aufwuchs und den verantwortungsvollen Umgang mit Reichtum lernte. Über seine erfolglose Schulzeit als hoffnungsloses „Bürscherl“, das in der Not sein Matura-Zeugnis, zu Deutsch Abitur, fälschte um endlich frei zu sein und Rennsportler zu werden. Ich lerne den Egomanen und Rennfahrer Lauda kennen, der ohne Rücksicht auf Verluste seinen Traum verfolgte, in der Formel- 1 zu fahren und sich dafür kurzer Hand und ohne zu zucken mit 2,5 Millionen Schilling, das entsprach damals circa 350.000 Deutsche Mark, verschuldete. Weil sein Großvater ihm sämtliche Unterstützung verweigerte. Trotz seiner Herkunft ist er also ein Self-Made-Millionär. Ich erfahre, wie seine Kreativität, Leidenschaft und Hartnäckigkeit ihn zum zweifachen Airline-Unternehmer, Rennsportreporter und Aufsichtsratschef des Formel -1 Teams Mercedes AMG machten, der zum Verstand auch mehr und mehr Herz dazu gewonnen hat.

Wer sich allerdings, durch den Titel fehlgeleitet, Details über seine Investitionen und Anlagestrategien erhofft, der wird enttäuscht. Das Thema Geld wird eher oberflächlich behandelt. Viel mehr lernen wir von ihm, was ihn zum Erfolgsmenschen gemacht hat. Hier sind fünf Dinge, die von Niki Lauda gelernt werden können:

Lektion 1: Zeit ist Geld

In seinem Werk dreht sich vieles um sein Lebensmotto: Zeit ist Geld. Mit beidem geht er sparsam um. Es stört ihn nicht, als Geizhals zu gelten. Obwohl er das eher so sieht: „Ich halte mein Geld eben zusammen. Ich brauche keine Statussymbole“. Er würde sich selbst einfach als sehr effizient bezeichnen. Auf Dinge wie ein großes Chefbüro oder modische Kleidung pfeift er. „Wäre ich geizig, würde ich bei den Büromöbeln der Mitarbeiter sparen.“ Für ihn geht es im Leben darum, die Dinge simpel zu halten. Sich mit Mode zu beschäftigen und morgens Zeit mit der Frage zu verplempern,  was er anziehen soll, oder Geld für einen Raum auszugeben, den er nicht braucht, das ist für ihn einfach unlogisch. Da kann er beides, seine Zeit und sein Geld sinnvoller investieren.

Manager verraten ihr Erfolgsgeheimnis
James Dyson, Designer, Erfinder und Gründer des Unternehmens Dyson"Ich liebe Fehlschläge. Aufgegeben habe ich nie. In den 1980er Jahren habe ich in meiner Werkstatt an 5126 Staubsauger-Prototypen getüftelt, die alle nicht funktionierten. Aber Nummer 5127 tat, was er sollte. Der Erfolg von Dyson geht zurück auf den einzigartigen Pioniergeist und außergewöhnlichen Einsatz aller meiner Ingenieure."
Simone Frömming, Deutschland-Chefin von VMware, einem der Top-Ten-Softwareproduzenten"Über Nacht zur Führungskraft? Bei mir war das genau der Fall! Bei einem Vortrag zum Thema "Go-To-Market im Softwarevertrieb" konnte ich meinen damaligen Geschäftsführer derart überzeugen, dass er mich von heute auf morgen befördert hat. Alle meine Ideen waren recht unpolitisch und leidenschaftlich - aber dafür stets zielorientiert. Als Account Managerin hätte ich damals nie gedacht, dass ein einzelner Vortrag der Wendepunkt meiner ganzen Karriere sein kann. Nach einem ersten sprachlosen Moment hat mich dieses Angebot aber darin bestätigt, Dinge auch entgegen der gängigen Meinung anzusprechen und verändern zu wollen. Eine wichtige Eigenschaft in der IT-Branche, in der jeden Tag aufs Neue ein Wettrennen um aufregende Ideen ausgetragen wird. Und letztlich auch eine Eigenschaft, die mich dahin gebracht hat, wo ich heute stehe."
Eckart von Hirschhausen, Moderator und Kabarettist, gelernter Mediziner"1997 wurde ich von einem Radiosender engagiert für eine Tour durch Kinderkrankenhäuser. In der Kinderpsychiatrie in München machte ich eine Zaubershow. Alle Kinder wurden involviert, mussten laut zählen, pusten und mitmachen. Nach der Show kam ein Arzt auf mich zu und erzählte von einem kleinen „Wunder“. Ein Junge war seit Wochen schon in Behandlung wegen „Mutismus“, einer seelischen Störung bei der Kinder aufhören zu sprechen. Der Junge „vergaß“ während der Show seine Störung und machte munter mit. Seitdem nehme ich die Rolle von positiven Gemeinschaftserlebnissen, von Humor, Musik, Kunst und anderen Wegen uns zu „verzaubern“ viel ernster, seit 2006 auch mit meiner Stiftung Humor hilft heilen."
Richard Quest, Chef der Wirtschaftsredaktion und Anchorman bei CNN Gibt es einen Moment, an den ich zurückdenke und sagen kann „Heureka!“, das war der Moment, an dem ich es geschafft hatte? Nein. Es gab viele Momente, an denen eine Geschichte Aufmerksamkeit für mein Schaffen erzeugt hat. Jeden dieser Momente habe ich dann genutzt, um mich auf meiner rutschigen Karriereleiter eine Sprosse weiter nach oben zu hangeln. Dazu gehören mein erster Hurricane-Bericht über Hurricane Gilbert im Jahr 1988, meine erste Berichterstattung zu einer US-Präsidentschaftswahl, mein Bericht von Queen Mums Beerdigung, die Berichterstattung zu Queen Elizabeths Kronjubiläum und meine Arbeit zur Einführung des Euro. Wenn ich wählen müsste, was DIE Story gewesen ist, dann wäre das der Schwarze Montag, der 19. Oktober 1987. Ich war ganz neu als Finanzreporter in London. Der Abwärtstrend an der New Yorker Börse hatte begonnen. Und bevor der Tag vorbei war, hatte der Dow Jones mehr als 500 Punkte (= 25 Prozent) verloren. Dies gilt nach wie vor als der anteilsmäßig stärkste Tagesverlust in der Geschichte des Dow Jones. Ich war im Dienst. Ich habe dabei zugesehen, wie der Markt sich in den Sekunden nach Börsenschluss um 100 Punkte verschlechtert hat und berichtete während der nächsten paar Tage morgens, mittags und abends – auf allen Programmen. Ich wurde dann eilig weggeschickt, um die Berichterstattung in New York aufzunehmen. Die Arbeit, der ich damals nachging, brachte mir die Aufmerksamkeit des Chefredakteurs ein, ich hatte mich als Finanzreporter etabliert. Ich werde den Schwarzen Montag nie vergessen. Als der Vorsitzende der New Yorker Börse sagte, dieser Tag sei am nächsten an einen Zusammenbruch der Finanzmärkte herangekommen, als alles, was wir uns hätten vorstellen können. Dies galt natürlich nur bis zum nächsten Finanzcrash. Zum letzteren Zeitpunkt war ich älter und weiser – aber interessanterweise war ich genauso erschrocken.
Karsten Eichmann, CEO des Gothaer-Konzerns"Aha- da gibt es ja noch so viel Spannendes" – für die entscheidenden Karriereschritte war meine Neugierde ein wesentliches Momentum. So auch als ich mit 43 Jahren meine berufliche Komfortzone aus Erfolg und Sicherheit verlassen und von München nach Hamburg gegangen bin, um als Vorstandschef der Advocard eine neue, spannende Herausforderung anzupacken. Nur durch das "Loslassen" von Gewohntem war der Weg bis zum CEO des Gothaer-Konzerns möglich - und diese Neugierde auf die Zukunft werde ich mir bewahren."
Uwe Schuricht, Geschäftsführer der Personalberatung Change Group"Mein Lebensweg hat entscheidende Weichenstellungen auf dem Tennisplatz bekommen: Mit Tennisunterricht habe ich mein Jura-Studium finanziert und schon damals davon geträumt, Headhunter zu werden. Dank Tennis habe ich einen Förderer gefunden, der mich bei der Promotion unterstützt hat. Die Promotion hat mich zu einer amerikanischen Kanzlei nach Paris geführt. Dort wurde ich als Manager entdeckt und danach war es nur noch ein kleiner Schritt zu meinem Traumberuf."
Sven Eggert, Eggert Group Werbeagentur"Nach einem Studium im Ausland (Oxford und Paris) nahm ich eine Stellung als Vorstandsassistent an. Mein Chef öffnete mir schnell die Augen, dass ich mit dem Europa-Hintergrund nicht so international aufgestellt war, wie uns im Studium suggeriert wurde. Die Entscheidung, daraufhin noch für vier Jahre in den USA zu arbeiten, war goldrichtig."

Leute, die um den heißen Brei herumreden und nur small talken, sind ihm ein Gräuel.  Dafür sei ihm seine Zeit zu schade. Das merkt man auch an seiner Art zu kommunizieren. Er ist ein Fan der knappen Worte. Wenn er per E-Mail antwortet, dann gibt es meist ein kurzes „Danke, Niki“ oder „Super, Niki“. Was er überhaupt nicht leiden kann, ist Unpünktlichkeit. Dafür hat er null Verständnis und setzt das mit Disziplinlosigkeit gleich. Wer also Niki wirklich eine Freude machen will, der glänzt mit Überpünktlichkeit. Wer zu früh zu einem Termin mit ihm kommt, kann sogar das Glück haben etwas mehr als vereinbart von seiner kostbaren Zeit zu bekommen.

Authenzität und harte Verhandlungen

Lektion 2: Tu was Dir Spaß macht und bleibe am Boden

„Nur wer mittendrin steht ist für seine Mitarbeiter auch glaubwürdig.“ Das sei für ihn als Unternehmer immer klar gewesen. Auch, dass er das kleinste Büro hat und alle wichtigen Strecken selbst fliegt. Er sei verwundert, wie lax so manche Unternehmer mit ihrer Verantwortung umgehen, und sich lieber um ihren eigenen Status kümmern. Als wäre das fremde Geld weniger wert als das eigene. „Die Gier ist ein Hund. Je mehr Geld im Spiel ist, desto  wichtiger ist es, mit den Füßen am Boden zu bleiben.“ Wenn er an Geld denkt, denkt er an Zahlen. Die liebt er.

Er behauptet von sich dass er nie von Geld sondern immer von Leistung getrieben war. Daran misst er auch seinen eigenen Erfolg und den von anderen. Deshalb hasst er auch Provisionsritter und Faulpelze. Das sind für ihn Leute, die Geld verdienen wollen, ohne sich anzustrengen. Denen geht er aus dem Weg. Wichtig ist für ihn, das zu machen, was Spaß macht und wofür er zu 100 Prozent eine Leidenschaft hegt. So hält er es auch mit seinen Kindern. Er erwartet nicht, dass sie seine Unternehmen und Beteiligungen übernehmen. „Ich bin das Gegenteil von einem Patriarchen. Meine Kinder können machen, was sie wollen. Sie haben die vollkommene Freiheit.“

Die Chef-Checkliste zur sozialen Kompetenz

Lektion 3: Sei Du selbst und bleibe hart, aber fair

Sein Erfolgsgeheimnis liegt nicht im Geld, sondern in seiner Authentizität. „Klare Entscheidungen stärken Dein Image. Je authentischer Du bist, desto unverwechselbarer wirst Du.“ Doch nicht nur klare Entscheidungen prägen seine Persönlichkeit. Es sind die klaren und direkten Worte. Das tut auch manchmal weh. Er ist alles andere als ein „People Pleaser“ –jemand der es allen recht macht. Im Gegenteil. Niki Lauda ist unbequem. Er ist hartnäckig, direkt und ausdauernd. Das lässt Geschäfts- oder Verhandlungspartner  und auch so manchen Journalisten verzweifeln. Wenn er etwas nicht will, macht er es nicht. Punkt. Meine Anfrage für ein Interview zu Finanzthemen lehnt er ab. Aber wenn er etwas will, dann zieht er es durch. Ganz egal, was es kostet. Er berichtet von harten und zähen Verhandlungen und verrät sein Erfolgsrezept, um dabei zum Ziel zu kommen. 

„Lass Dich nicht von Deinen Emotionen leiten.“  Sondern: Desinteresse  zeigen steigert die Chancen. Respekt verschafft man sich nur, wenn man hart verhandelt. Und dennoch: Verbrannte Erde zu hinterlassen ist für ihn ein absolutes „No Go“. „Geld, das Du auf diese Weise gewonnen hast, wird Dir kein Glück bringen.“

Frische Chefs: Die zehn häufigsten Anfängerfehler

Egal wie man zu ihm steht: Er ist sich immer selbst treu geblieben. Er weiß genau, was er will und was er nicht will. Das kann sich auch von einer Minute auf die andere ändern. Wie zum Beispiel der Ausstieg aus der Formel-1 im Jahre 1979. Er wollte einfach nicht mehr „blöd im Kreis herumfahren“.  Oder der Verkauf seiner zweiten Airline „Flyniki“ an Airberlin. Auf einmal war ihm das Airline-Geschäft zu „fad“ – österreichisch für langweilig. Generell ein Zustand, den er nicht gerne mag. Er sagt von sich, er hatte nie ein Problem damit, im richtigen Moment loszulassen. Nostalgie und Niki. Das passt nicht zusammen. Wenn ihm langweilig wird, dann muss etwas Neues her. „Halbherzigkeit war nie eine Option für mich. Will ich meinen Job, dann bleibe ich und gebe 100 Prozent. Will ich ihn nicht, dann gehe ich woanders hin, auch wenn ich mein Ziel vielleicht nicht so genau kenne“. 

Meist hat er mehrere Projekte gleichzeitig laufen. Der Pragmatiker bezeichnet sich selbst als „Multitasker“. Deshalb gründete er während seiner Rennfahrerzeit bereits seine erste Airline Lauda Air. Und verfolgte das Ziel mit aller Konsequenz. Trotz beinahe unüberwindbarer Hindernisse durch die Monopolstellung der staatlichen Austrian Airlines. Mit ihr focht er zahlreiche Konflikte aus. Sein Unternehmen schrieb jahrelang Verluste, die er aus eigener Tasche ausglich. 1990 erhielt Lauda Air eine weltweite Fluglizenz.

Lektion 4: Übernimm Verantwortung - Manchmal geht es nur mit Drohungen

Die Fluglizenz für Lauda Air bekam er nur mit einem Trick. Er drohte dem damaligen Bundeskanzler Fred Sinowatz, mit 100.000 Fans gegen ein umstrittenes Kraftwerk-Projekt in Wien zu demonstrieren. Wenn es Laudas Zielen dient, greift er auch zu solchen Mitteln.

Das kommt in Laudas Leben mehrfach vor. Jedoch immer nur, wenn es aus seiner Sicht wichtig für sein Unternehmen oder seine Pläne war. Im Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz der Lauda Air Maschine über Thailand 1991 zum Beispiel, bei dem 223 Menschen starben.  Das brachte ihn, so sagt er, an seine persönlichen Grenzen. „Tatsächlich hat mich dieser Flugzeugabsturz unvergleichlich tiefer getroffen als mein Unfall am Nürburgring.“ Er als Airline-Chef war verantwortlich – und zwar nicht nur für sich, sondern auch für andere. Wer sonst hätte sich um die Angehörigen kümmern sollen?

Er flog sofort hin, um sich vor Ort das Ausmaß der Katastrophe anzusehen. Betroffene konnten ihn jederzeit erreichen und er versprach die Ursache so schnell wie möglich zu klären. Auch um andere Fluglinien vor einem ähnlichen Vorfall zu schützen. Sein Masterplan: Aufklärung, Fakten finden, Gerüchte ignorieren. Nicht zögern und langfristig Reputation aufbauen.  Am Ende dauerte es dennoch acht Monate bis klar war, dass die Schubumkehr des Flugzeugs ausgefahren war, vergleichbar mit dem Einlegen des Rückwärtsgangs bei voller Fahrt. Boeing wollte das nicht sofort öffentlich machen und alles erst rechtlich prüfen. Da riss Lauda der Geduldsfaden. Er drohte mit einer Pressekonferenz, wo er im Namen aller Passagiere darum bitten würde, dass Boeing eine Maschine mit zwei Piloten starten lassen sollte, um zu beweisen, dass das Flugzeug am Himmel bleibt, wenn die Schubumkehr durch die Piloten ausgelöst würde. Mit Erfolg: Boeing ging am nächsten Tag mit der Absturzursache an die Öffentlichkeit.

Keine Angst vor dem Scheitern

Insgesamt verlor Lauda Air durch die Unklarheit 60 Prozent der Passagiere. Das schlug sich auf den Gewinn von damals 4,5 Millionen Schilling (630.000 Deutsche Mark) nieder. Und traf die wachsende und erfolgreiche Airline hart. 276.000 Passagiere weniger – das ging an die Substanz. Lauda musste finanziell persönlich einspringen, damit die Airline überlebte.

Lektion 5: Verstehe, was mit Deinem Geld passiert

Geld investieren in eine Sache, von der er zutiefst überzeugt war. Das tat er ein paar Mal in seinem Leben. Wie bei der horrenden Kreditaufnahme für seinen  Einstieg in die Formel-1. „Geld kommt dann, wenn dahinter eine Idee und eine Leistung stehen.  Durch meine Erfahrungen im Rennsport weiß ich, wenn ich jetzt einen Fehler mache, dann ist das Geld sofort wieder weg.“

Die sieben Etappen des ersten Führungsjobs

Sein Geld verdient er heute zu 40 Prozent aus Werbeeinnahmen. Für Vorträge nimmt er ein Honorar von 60.000 Euro. Da spielt er in einer Liga mit EZB-Chef José Manuel Barroso, Altkanzler Helmut Schmidt und Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz. Seit Juli 2015 hält er Beteiligungen bei Signa, ein Prozent an der Holding und zehn Prozent an der Signa Retail GmbH. Gründer René Benko ist eine umstrittene Figur in der Öffentlichkeit. Benkos österreichische Immobiliengruppe, die unter anderem das Berliner Luxus-Kaufhaus Kadewe und die Warenhauskette Karstadt im Portfolio hat, sorgte mehrfach für Schlagzeilen aufgrund des Sanierungsprogramms für und der Verkaufsgerüchte von Karstadt. Zuletzt scheiterte Signa mit dem Versuch, Kaufhof zu übernehmen. Lauda scheint Benko zu vertrauen. Er wird auch eine Rolle im Beirat übernehmen. Weil er gerne weiß, was mit seinem Geld passiert. Ein ebenfalls umstrittener Kollege, den er dort treffen wird: Ex-Porsche Chef Wendelin Wiedeking. Lauda sagt jedoch: Bei Investitionen hält er es wie Warren Buffett: „ Investiere nur in Gesellschaften, die auch ein absoluter Vollidiot leiten kann, denn eines Tages wird genau das passieren.“ Ob das ein Kompliment an die Immobiliengruppe ist – diese Entscheidung bleibt dem Leser überlassen. 

Wenige Berater, auf die man sich verlassen kann

Lauda pflegt einen konservativen Umgang mit Geld. Er legt es bei zwei Banken an, der liechtensteinischen LGT Bank und der österreichischen Erste Bank. Wie genau – das verschweigt er. Nur so viel sagt er dazu: Er erlebe so keine bösen Überraschungen. Das eine Erlebnis mit einem seiner Kapperl-Sponsoren Money Service Group (MSG) 2011 reichte ihm wohl. Die Firma hatte vierzig Anleger um dreißig Millionen Euro geprellt. Obwohl er selbst 500.000 Euro in den Fonds investiert hatte, war es für ihn am Ende ein Nullsummenspiel. Denn die erste Rate für das Sponsoring deckte den Betrag wohl ziemlich genau. Die Lust auf diese Art von Investitionen scheint ihm aber dabei vergangen zu sein.

Er verlässt sich auf zwei Berater, einen für Recht und einen für Finanzen, denen er zu 100 Prozent vertraut.  Eine Zweitmeinung braucht er nicht. Generell bezeichnet er sich als „Old School“ im Umgang mit seinem Geld. Er liebt Bargeld und bezahlt nie mit Karte. Er möchte nicht, dass irgendjemand nachverfolgen kann, wofür er sein Geld ausgibt. Er behauptet, nicht einmal zu wissen, wie ein Bankautomat funktioniert. Wenn er Geld braucht, dann geht er an den Schalter. Kredite hält er nur dann für sinnvoll, wenn die Zinsen niedrig sind und ein gutes Geschäftsmodell dahinter steht. Wenn also der Kredit den Kreditnehmer beweglicher macht. Dazu braucht es seiner Ansicht nach aber Sicherheiten für den Worst Case.

Er würde sich nie mehr von einer Bank abhängig machen. Denn im Krisenfall, so sagt er, ist es meist nicht mehr weit her mit der Nächstenliebe. Die scheint bei ihm jedoch durchaus vorhanden zu sein. Er hat zwei indische Patenkinder und unterstützt Menschen, die wirklich in Not sind. Entweder finanziell, oder mit seiner Bekanntheit. „Normal bleiben auch wenn Geld da ist. Um nichts anderes geht es.“

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