Frauen im Management Das sind Deutschlands heimliche Herrscherinnen

Mächtige Managerinnen gibt es in Deutschland reihenweise. Doch kaum jemand kennt sie. Hier erzählen 15 Chefinnen, wie sie es an die Spitze geschafft haben.

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Heimliche Herrscherinnen: Vera Gäde-Butzlaff, Barbara Frei und Isabelle Parize. Quelle: Ansgar Werrelmann für WirtschaftsWoche

Als vorerst letzter in einer langen Reihe von Chefs kündigte vergangene Woche UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber an, in der Schweizer Bank künftig ein Drittel der Führungspositionen mit Frauen besetzen zu wollen. So weit, so gut. Doch solche Selbstverpflichtungen waren bislang wenig wirksam. Das zeigt auch das Managerinnen-Barometer 2017 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Gerade mal 8,6 Prozent der Vorstände in den 100 größten Unternehmen Deutschlands waren 2016 weiblich. Bei den Dax 30 sieht es kaum besser aus: Nur jeder neunte Vorstandsposten war Ende vergangenen Jahres mit einer Frau besetzt; an der Spitze eines Dax-Konzerns steht bis heute keine einzige Managerin.

Managerinnen haben selten Umsatzverantwortung

Zwar steigt der Frauenanteil in Führungspositionen kontinuierlich, aber im Wesentlichen bleibt es dabei: „Nur sehr wenige weibliche Vorstände haben tatsächlich Umsatzverantwortung“, sagt die auf Managerinnen spezialisierte Headhunterin Christina Virzi, „die meisten leiten Ressorts wie Personal oder Recht – das ist zumindest ein Anfang.“

Kein Wunder, dass darüber leicht in Vergessenheit gerät, wie prägend mittelständische Unternehmerinnen, Geschäftsführerinnen und Deutschlandchefinnen internationaler Konzerne für die deutsche Wirtschaft mittlerweile sind: Sie produzieren Medikamente für Millionen, verkaufen ihre Produkte in fast jeder deutschen Fußgängerzone und versorgen Hunderttausende Haushalte mit Wärme. Alleine die 15 heimlichen Herrscherinnen, deren Karrieren auf den nächsten Seiten nachgezeichnet werden, beschäftigen rund 140.000 Mitarbeiter und setzen knapp 30 Milliarden Euro um.

Birgit Bohle Quelle: Ansgar Werrelmann für WirtschaftsWoche

Zu ihnen zählt etwa Birgit Bohle, die als Chefin von DB Fernverkehr dafür verantwortlich ist, dass täglich Zehntausende Zugreisende an ihr Ziel gelangen. Oder auch die bald 80-Jährige Sybill Storz, die seit mehr als 20 Jahren das Familienunternehmen Karl Storz leitet und zum Weltmarktführer für Endoskope ausgebaut hat.

Ihre ist nur eine von vielen weiblichen Erfolgsgeschichten im deutschen Mittelstand. Denn dort sind Chefinnen längst keine Ausnahme mehr. Im Mittelstandsbarometer der Beratung EY gaben 65 Prozent der 3000 befragten Unternehmen an, mindestens eine Frau in der Geschäftsführung zu haben. Zum Vergleich: Im Dax sind es 57 Prozent, im MDax sogar nur 16 Prozent.

Rummel um Rücktritte von Konzern-Managerinnen

„Der Mittelstand ist bei der Besetzung der Geschäftsführung pragmatisch“, sagt Virzi: „Wer am besten geeignet ist, bekommt den Job.“ Bei börsennotierten Unternehmen hingegen spiele es eine Rolle, wie Investoren und Öffentlichkeit auf die Besetzung reagierten: Viele Aufsichtsratsvorsitzende erinnerten sich nicht gerne an den Rummel, den zahlreiche Rücktritte weiblicher Vorstände zwischen 2011 und 2014 verursacht hätten. Angelika Dammann musste nach nur einem Jahr den SAP-Vorstand verlassen, weil sie den Firmenjet privat genutzt hatte. Barbara Kux erhielt bei Siemens keinen neuen Vertrag.

Einen weiteren Grund dafür, warum der Mittelstand das Problem besser löst: „Geht es um die eigenen Töchter, legen Patriarchen ihre alten Wertvorstellungen ab“, sagt Monika Schulz-Strelow, Präsidentin von Fidar, einer Initiative, die sich für mehr Frauen in Aufsichtsräten einsetzt: „Schließlich sollen die Kinder etwas erreichen.“

Die Geheimnisse erfolgreicher Chefinnen
21 ErfolgsfrauenFrauenquote? Die 21 Frauen, die ihren Weg in dem Buch "21 Erfolgsfrauen: 21 Karriereformeln" vorstellen, haben es ohne geschafft. Auf 184 Seiten beschreiben die Managerinnen, mit welchen Karriere-Formeln der Erfolg auf jeden Fall gelingt - allen Stolpersteinen und Hürden zum Trotz. Aus den insgesamt 21 Portraits und Strategien haben wir zehn Beispiele herausgesucht. Das Buch "21 Erfolgsfrauen: 21 Karriereformeln" ist am 1. März 2016 im Verlag Profiler's Publishing auf Deutsch erschienen. (ISBN-10: 3945112370; ISBN-13: 978-3945112373) Quelle: Pressebild, Montage
Nehmen Sie Haltung an! Quelle: Pressebild, Montage
"Mit wirklichem Interesse zum Erfolg!" Quelle: Pressebild, Montage
"Halten Sie die Neugierde auf sich selbst, Ihr Umfeld, Ihre Aufgabe und neue Entwicklungen immer aufrecht." Quelle: Pressebild, Montage
"Nehmen Sie auch Stellenangebote an, die Sie noch nicht zu 80 - 100 % ausfüllen" Quelle: Pressebild, Montage
"Beweisen Sie Rückgrat aber bleiben Sie auch beweglich" Quelle: Pressebild, Montage
"Viel Tun bringt viel Anerkennung! Aber leider nur den anderen" Quelle: Pressebild, Montage

Auch internationale Konzerne übergeben die Verantwortung für ihre deutschen Dependancen regelmäßig an Frauen, während deutsche Unternehmen häufig Topmanagerinnen aus dem Ausland rekrutieren. Warum? Weil „andere Länder weiter sind als wir“, sagt Schulz-Strelow. „In Skandinavien, Frankreich oder den USA sind Frauen sichtbarer als bei uns.“ Welche Frauen die deutsche Wirtschaft ebenso geräuschlos wie erfolgreich prägen, lesen Sie auf den nächsten Seiten.

Vera Gäde-Butzlaff, Andrea Grebe, Ingrid Hofmann

Gasag: Vera Gäde-Butzlaff

Es ist eine Geschichte, die man selten hört auf Deutschlands Chefetagen. Eine Managerin tritt nach sieben Jahren an der Spitze eines Unternehmens einfach ab. Nicht weil sie muss. Sondern weil sie glaubt, dass viele ihrer Aufgaben für sie zur Routine geworden sind. Und weil sie Angst davor hat, neue Ideen mit dem alten Spruch „Das haben wir alles schon versucht“ abzubügeln. Also verlässt Vera Gäde-Butzlaff 2014 die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR).

Vera Gäde-Butzlaff Quelle: Ansgar Werrelmann für WirtschaftsWoche

Und dann? Sie will kürzer treten, liebäugelt mit einem Ehrenamt, spricht über Aufsichtsratsposten. Bis die heute 62-Jährige dieses eine Angebot erhält, auf das sie ihre ganze Karriere gewartet hat. Sie wollte in einem interessanten Wirtschaftszweig arbeiten, und das Unternehmen sollte sich im Umbruch befinden, damit sie in kurzer Zeit viel bewirken kann. Zudem passte der Standort: Berlin. Der Chefposten von Gasag, einer von Europas größten regionalen Gasversorgern, mit einem Umsatz von knapp 1,2 Milliarden Euro und 1500 Mitarbeitern, erfüllte alle drei Kriterien. Im März 2015 beginnt Gäde-Butzlaff ihren neuen Job. Knapp zwei Jahre später sitzt sie in ihrem Eckbüro im siebten Stock.

"Das ist mein wichtigster Job"

„Ich habe Angebote zur beruflichen Veränderung genutzt und die damit verbundenen Risiken nicht gescheut“, sagt sie. Und das waren einige. Zunächst arbeitete die Juristin als Richterin am Verwaltungsgericht, anschließend wechselte sie als Staatssekretärin ins Umweltministerium und von da an die Spitze der BSR. Dort formte sie aus dem unbeliebten Entsorgungsunternehmern ein wahres Imagewunder. „Das Unternehmen mit seinen Angeboten und Produkten zu positionieren und die Marke positiv zu besetzen“, sagt Gäde-Butzlaff, „das ist mein wichtigster Job.“

Einen Job, den sie auch bei der Gasag absolviert. Die Managerin will das Unternehmen vom klassischen Gasversorger zu einem breit aufgestellten Energieunternehmen umbauen. Das scheint ihr zu gelingen, bei der letzten Hauptversammlung konnte sie das Ergebnis um 3,5 Prozent vor Steuern und Zinsen steigern.

Vivantes: Andrea Grebe

Schon als Kind lernte Andrea Grebe, wie Unternehmertum funktioniert. Ihr Vater formte aus einem kleinen Kohlehandel eine mittelständische Spedition für Flüssiggas und Benzin. Trotz aller Faszination für das Geschäft studierte Grebe erst mal Medizin. Denn die Hessin wollte unbedingt etwas mit Menschen machen und keinesfalls das Familienunternehmen übernehmen.

In ihrem heutigen Job vereint die 56-Jährige die Sorge um die Patienten mit dem Gespür fürs Geschäftliche. Sie leitet Deutschlands größten kommunalen Krankenhauskonzern Vivantes mit 15.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.

Um dies zu erreichen, sattelte die Fachärztin für innere Medizin mit Mitte 30 einen Master für Management von Gesundheitssystemen obendrauf und prüfte im Anschluss für KPMG zwei Jahre lang die Bücher von Krankenhäusern. Aktuell sind die Sanierungsarbeiten an den Berliner Kliniken Grebes größte Herausforderung. Alleine in Neukölln muss die Managerin in den nächsten Jahren 600 Millionen Euro investieren.

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I.K. Hofmann: Ingrid Hofmann

Mit der Orchideenzucht wurde es leider nichts. Die damaligen politischen Verhältnisse in Südafrika erschienen Ingrid Hofmann zu ungewiss. Macht nichts, Plan B lief reibungslos. In den Achtzigerjahren gründete die damals 31-Jährige das Unternehmen I. K. Hofmann – mit 30 000 D-Mark Startkapital, das sie sich vom Vater lieh. Heute gehört Hofmann zu den sechs größten Personaldienstleistern Deutschlands und erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von 768 Millionen Euro. „Dass ich es gewagt habe, mich in einer schon damals außergewöhnlichen Branche selbstständig zu machen“, sagt Hofmann, „darauf bin ich stolz.“ Die Unternehmerin sitzt zudem im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit. Wie sie das alles schafft? Zum Beispiel mit wenig Schlaf. Vier bis fünf Stunden reichen ihr.

Barbara Frei, Sigrid Evelyn Nikutta, Béatrice Guillaume-Grabisch

Schneider Electric: Barbara Frei

Der Lebensweg von Barbara Frei wurde von einer Lehrerin geprägt. Als während der ersten Ölkrise 1973 autofreie Sonntage galten, sprach sie mit ihren Schülern über die Folgen des Klimawandels und Alternativen zu fossilen Energieträgern. „Das hat mich nicht losgelassen“, sagt Frei heute. Deshalb studierte sie Maschinenbau: „Das war damals der einzige Studiengang, der sich mit erneuerbaren Energien beschäftigte.“

Seitdem interessiert sie sich leidenschaftlich für Gigawatt und Megavolt. Mit 28 Jahren fing sie beim Schweizer Technologiekonzern ABB an, machte nebenbei ihren MBA, dann zog es sie ins Ausland. Sie leitete das Geschäft in Tschechien, der Slowakei und Ungarn und wurde schließlich Landesgeschäftsführerin in Italien. Heute spricht sie fünf Sprachen, neben Italienisch und Tschechisch auch Französisch, Englisch und Deutsch.

Barbara Frei Quelle: Ansgar Werrelmann für WirtschaftsWoche

Seit einem guten halben Jahr führt Frei die Deutschlandgeschäfte von Schneider Electric, sie hat die Verantwortung für 4700 Mitarbeiter. Der französische Konzern verkauft automatisierte Schalter, schlaue Steckdosen oder Steuerungseinheiten für Heizungen. „Wir arbeiten am vernetzten Haus“, sagt Frei und lächelt. Sie muss an ihre Lehrerin von damals denken: „Genau wegen solcher Projekte wollte ich in die Branche.“

BVG: Sigrid Evelyn Nikutta

Manchmal sind es die unkonventionellen Ideen, die viel Geld sparen. Seitdem die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sämtliche U-Bahnen mit kleinen Brandenburger Toren bekleben, werden die Fenster kaum noch verkratzt. Die psychologische Kriegsführung gegen den Vandalismus spart dem Unternehmen eine Million Euro pro Jahr – „haben oder nicht haben“, sagt BVG-Chefin Sigrid Nikutta. Die 48-Jährige ist seit 2010 Vorstandsvorsitzende und führt einen Betrieb mit knapp 14.000 Mitarbeitern und 1,2 Milliarden Euro Umsatz. Die promovierte Psychologin ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme: Sie ist eine der wenigen Topfrauen in einer männerdominierten Branche, hat fünf Kinder und ist bekannt für Klartext.

In diesen Ländern arbeiten Frauen am liebsten
Flops 10-6: Golfstaaten Quelle: dpa
Flops 5-4: Brasilien und Argentinien Quelle: dpa
Flops 3-1 : Zypern, Italien und Griechenland Quelle: dpa
Platz 10: Dänemark Quelle: dpa
Platz 9: Norwegen Quelle: REUTERS
Platz 8: Neuseeland Quelle: REUTERS
Platz 7: Ecuador Quelle: REUTERS

Die jüngste Werbekampagne der BVG „Weil wir dich lieben“ zum Beispiel hat für Furore gesorgt. Auf die Forderung der AfD, die BVG solle die Plakate abhängen, um Geld zu sparen, antwortete Nikutta lapidar: „Machen wir – wenn ihr eure Plakate auch weghängt.“ Unter ihrer Ägide hat die BVG 2014 das erste Mal ein positives Betriebsergebnis erwirtschaftet. Den Erfolg lässt sie sich mit einem Gehalt von rund einer halben Million Euro pro Jahr vergüten.

Fast wäre sie sogar Nachfolgerin des zurückgetretenen Bahnchefs Rüdiger Grube geworden. Viele in der Branche hätten ihr die Aufgabe zugetraut. Schließlich leitete Nikutta bis 2010 diverse Geschäftsbereiche der Güterbahn DB Cargo.

Nestlé: Béatrice Guillaume-Grabisch

Die gebürtige Französin kennt sich aus in der Bundesrepublik. Schließlich war die Managerin, bevor sie im Juli 2015 Deutschlandchefin des Lebensmittelkonzerns Nestlé wurde, schon in gleicher Position für L’Oréal und Coca-Cola tätig. Die heute 51-Jährige absolvierte in den Achtzigerjahren ein Studium an der Pariser Managementschule Essec und spezialisierte sich von Beginn an auf die Konsumgüterindustrie – mit Stationen bei Colgate, Beiersdorf und Johnson & Johnson.

Heute verantwortet sie bei Nestlé einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Zusätzlich sitzt sie seit einem Jahr im Aufsichtsrat ihres ehemaligen Arbeitgebers L’Oréal.

Ihre Karriere hätte aber auch ganz anders verlaufen können, schließlich hatte Guillaume-Grabisch in ihrer Jugend mit dem Gedanken gespielt, Archäologin zu werden. Glücklicherweise war ihr das dann doch zu wenig zukunftsträchtig.

Isabelle Parize, Sybille Thierer, Ursula Redeker

Douglas: Isabelle Parize

Isabelle Parize steht vor ihrem Badezimmerspiegel und tippt eine Nachricht an ihre Mitarbeiter in ihr Smartphone. Beim morgendlichen Eincremen ist ihr aufgefallen, dass die Lotion nicht schnell genug einzieht. Das muss sich ändern.

Die 59-Jährige ist seit gut einem Jahr Vorstandsvorsitzende der Parfümeriekette Douglas und sieht sich als Antreiberin ihrer 18 000 Mitarbeiter. Die Managerin liebt es, viele Aufgaben gleichzeitig anzupacken. Sie ist eher eine Generalistin, die vor Ideen nur so sprudelt – und keine Spezialistin, die sich in Details vergräbt.

Isabelle Parize Quelle: Ansgar Werrelmann für WirtschaftsWoche

„20 Einfälle täglich sind bei mir keine Seltenheit“, sagt die Französin selbstbewusst und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Zum Leidwesen meiner Mitarbeiter.“

Parize sieht sich gern als kreativen Kopf, der delegiert, die recherchierten Fakten sichtet und die wichtigen Entscheidungen trifft. „Ich bin die geborene Teamchefin“, sagt „La Directrice“, wie ihre Freunde sie schon in der Jugend nannten.

In ihrer kurzen Amtszeit hat die Vorstandsvorsitzende die Firmenzentrale von Hagen nach Düsseldorf verlegt, auch die Digitaleinheit musste aus Köln in die ungeliebte Landeshauptstadt ziehen. Sie hat die Eigenmarke von Douglas in 19 europäischen Ländern eingeführt. Ein Projekt, das Parize schon bei ihrem alten Arbeitgeber Nocibé gestartet hatte, kurz nachdem dieser von der deutschen Kette übernommen wurde – eine Art Bewährungsprobe für ihren weiteren Aufstieg.

Bei Douglas verantwortet sie nun einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro und betreibt europaweit 1700 Läden. 700 neue Geschäfte kommen in den nächsten Wochen dazu, wenn die angekündigten Übernahmen in Spanien und Italien abgeschlossen sind. „Ich will schnell wachsen“, sagt Parize in energischem Ton. „Douglas soll größer und größer werden.“ Die Ziele, die sie steckt, sind hoch. Das Tempo, das sie vorgibt, enorm.

„Als Gründerin oder in einem sehr kleinen Unternehmen wäre ich nicht glücklich geworden“, sagt Parize. „Da müsste ich ja alle meine Ideen selbst zu Ende denken und umsetzen. Das ginge mir viel zu langsam.“

Häfele: Sybille Thierer

Sibylle Thierers Lebenslauf ist durchaus abwechslungsreich. Dass sie einmal das Familienunternehmen Häfele in dritter Generation führen würde, war für die 56-Jährige lange Zeit nicht vorstellbar. In ihren Zwanzigern absolvierte sie zunächst eine Schreinerlehre, danach ein Lehramtsstudium. Erst als sie einen Ferienjob bei Häfele America antrat, begann sie sich für den väterlichen Betrieb zu interessieren.

Dort reiste sie mit einem deutschen Schreinermeister zu den Kunden und erklärte ihnen, was die Beschläge für Möbel und Türen aus dem schwäbischen Nagold alles können. Um anschließend tatsächlich bei Häfele einsteigen zu können, studierte sie internationales Marketing in Reutlingen und St. Gallen. Nach verschiedenen Managementpositionen übernahm sie 2003 die Leitung des Familienunternehmens. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es der richtige Schritt war: In ihrer Amtszeit hat Thierer die Zahl der Mitarbeiter auf 7300 mehr als verdoppelt, ebenso den Umsatz, der heute bei 1,3 Milliarden Euro liegt.

Roche Diagnostics: Ursula Redeker

Mit Ende 30 trat Ursula Redeker ihre erste Stelle in der freien Wirtschaft an. Nachdem sie in Bonn und Kalifornien Chemie studiert und anschließend in diesem Fach promoviert hatte, wechselte sie zum Schweizer Pharmakonzern Roche. Wo sie noch heute als Chefin der Tochtergesellschaft Roche Diagnostics arbeitet. Bevor sie 2014 diesen Posten übernahm, übte sie verschiedene Positionen im Bereich Forschung und Entwicklung aus.

Heute leitet die 62-Jährige die beiden deutschen Werke in Mannheim und im bayrischen Penzberg. Dort produzieren Redeker und ihr Team unter anderem Messsysteme für Diabetiker und Antikörper gegen Krebserkrankungen. Redeker hat die Standorte weiter ausgebaut. Alleine 2016 investierte Roche mehr als 700 Millionen Euro; das meiste davon in die beiden Werke. Der Fokus ist dabei klar: die fortschreitende Digitalisierung und die höhere Flexibilität in der Produktion – das seien, so Redeker, die größten Herausforderungen ihrer aktuellen Arbeit. Anscheinend hat die Pharmamanagerin mit dieser Prioritätensetzung Erfolg. Seit 2014 konnte sie den Umsatz um 15,8 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro steigern.

Antje Schubert, Katja Pampus, Stacey Kennedy

Iglo: Antje Schubert

Die erfolgreichste Personalentscheidung, die Antje Schubert seit ihrem Amtsantritt 2015 als Iglo-Deutschlandchefin getroffen hat, wirkt sich direkt auf den Umsatz aus. Denn seitdem die jahrelang verschollene Werbeikone Käpt’n Iglo wieder im Fernsehen zu sehen ist, ist der Fischstäbchenabsatz gestiegen – im laufenden Jahr um 26 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Die studierte Betriebswirtin hat zu Beginn ihrer Laufbahn einige Marketingpositionen verantwortet, war unter anderem beim Lebensmittelkonzern Kraft Foods und Konsumgüterhersteller Reckitt Benckiser für Marken und Werbung verantwortlich. Ihren Blick für gelungene Werbeaktionen, aber auch regionale Besonderheiten hat sie sich bewahrt – denn außerhalb Deutschlands ist Käpt’n Iglo weitgehend unbekannt.

Schubert arbeitete in ihrer Karriere schon in Polen, Spanien, den Niederlanden und Großbritannien und weiß, wie groß die kulturellen Unterschiede in Europa sind. Um künftig besser auf die Bedürfnisse der deutschen Konsumenten einzugehen, lädt sie regelmäßig Verbraucher in die Hamburger Zentrale ein und spricht mit ihnen über ihre Wünsche und Essgewohnheiten. Diese regionale Ausrichtung empfindet sie als zentral für ihren Erfolg. Ebenfalls in ihrer Verantwortung stehen die beiden deutschen Produktionsstätten, in denen Iglo-Klassiker wie Fischstäbchen oder Rahmspinat für den europäischen Markt produziert werden.

WDI: Katja Pampus

Katja Pampus ist begeistert von ihrem Produkt – das ist für viele zunächst wenig verständlich. Sie leitet den WDI – Westfälische Drahtindustrie, einen der größten Drahtproduzenten Europas. Doch Draht ist ein erstaunlich vielfältiges Produkt, zu den Anwendungsfeldern zählen etwa die Automobil- und Luftfahrtforschung, die fossile Energiegewinnung und Medizinprodukte. Rund 1400 Mitarbeiter arbeiten für WDI, im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen 574 Millionen Euro.

Katja Pampus übernahm das Unternehmen 2009 von ihrem Vater. Von ihm habe sie vor allem „ein Lebensgefühl“ vermittelt bekommen, dass die Arbeit Spaß machen sollte. Wichtig sei auch, sich immer in die Lage des Gegenübers hineinzuversetzen. Bevor sie zur Geschäftsführerin ernannt wurde, arbeitete sie zehn Jahre lang als Prokuristin im Einkauf. Sie kennt das Unternehmen also gut, ist sich der langen Historie bewusst – WDI gibt es seit 1856.

„Ich bin charakterstark, dabei immer auf mein Ziel fokussiert“, sagt Pampus, „bei Rückschlägen ändere ich eventuell den Weg, verliere aber nie mein Ziel aus den Augen.“ Gegenwärtig will Pampus vor allem den drohenden Wegfall einiger Produkte für die Autoindustrie durch zukunftsweisende Geschäftsfelder wie den 3-D-Druck mit Draht kompensieren. Um das zu schaffen, will sie noch in diesem Jahr umfinanzieren und Standorte zusammenführen.

Philip Morris: Stacey Kennedy

Während die Deutschen 2002 jeden Tag noch knapp 400 Millionen Zigaretten rauchten, waren es 2016 nur noch etwa halb so viele. Gut für die Gesundheit, schlecht für Stacey Kennedy.

Denn die US-Amerikanerin ist seit Juli 2015 Deutschlandchefin des Tabakproduzenten Philip Morris und muss die gedämpfte Rauchfreude der Deutschen kompensieren. Was ihr zuletzt gut gelang. Den Marktanteil von Marlboro, Chesterfield und Co. konnte die studierte Soziologin bei 37 Prozent stabilisieren.

Doch ohne neue Geschäftsfelder wird es auf Dauer nicht gehen, das weiß auch Kennedy. Deshalb ist ihre größte Herausforderung in diesem Jahr die flächendeckende Einführung von Iqos, einer Mischung aus herkömmlichem Glimmstängel und E-Zigarette. Hierbei dürfte der Managerin ihre jahrelange Erfahrung helfen. Schließlich arbeitet Kennedy schon seit über 20 Jahren für Philip Morris und hatte bis 2012 vor allem Aufgaben im Vertrieb übernommen.

Sandrine Piret-Gérard, Birgit Bohle, Sybill Storz

Hexal: Sandrine Piret-Gérard

Für Sandrine Piret-Gérard ging es schnell nach oben. Noch 2003 war sie Außendienstmitarbeiterin des Pharmakonzerns Novartis, tingelte von Wartezimmer zu Wartezimmer und versuchte Ärzte in der belgischen Provinz von den Medikamenten ihres Arbeitgebers zu überzeugen. Doch ihre Vorgesetzten erkannten das Potenzial der Quereinsteigerin, die Wirtschaftsingenieurwesen studiert hatte und über den Umweg als Beraterin in die Pharmaindustrie gekommen war.

Nur elf Jahre und einige Karriereschritte später übernahm die damals 39-Jährige im Februar 2014 den Vorstandsvorsitz bei Hexal, der deutschen Generikatochter von Novartis. Dort verantwortet die gebürtige Belgierin, die Französisch, Niederländisch, Englisch und Deutsch spricht, einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro. 3700 Mitarbeiter stehen in ihren Diensten.

"Logisches Denken mit kreativer Arbeit verbinden"
Pamela Maruschke Quelle: Pressebild, Montage
Anika van Aaken Quelle: Presse
Julia Saswito Quelle: Presse
Salome Preiswerk Quelle: Presse
Veena Parashuram Quelle: Presse
Katharina Palsbröcker Quelle: Presse
Miriam Wohlfahrt Quelle: Presse

Angestellte, die Piret-Gérard persönlich kennen, schätzen ihre Chefin als „Teamspielerin“. Diese Eigenschaft hat sich die Managerin früh antrainiert. In ihrer Jugend spielte sie Rugby.

Auf ihren Führungsstil angesprochen, antwortet Piret-Gérard nicht im Sport-, sondern im Kulturjargon: „Meine Mitarbeiter sollen wissen, dass sie die Experten sind. Ich bin nur die Dirigentin des Orchesters.“

DB Fernverkehr: Birgit Bohle

„Früher haben wir Frühstückspakete angeboten“, sagt der Mitarbeiter im ICE-Bordrestaurant zwischen Frankfurt und Berlin. „Das hat den Kunden besser gefallen. Heute müssen sie sich ihr Essen selbst zusammenstellen.“ Was der Mann nicht weiß: Seine Anmerkungen könnten was verändern. Denn seine Gesprächspartnerin ist Birgit Bohle, Vorstandsvorsitzende der Bahn-Tochter DB Fernverkehr. „Nur in wenigen Fällen wissen wir Vorstandsmitglieder irgendwas am besten“, sagt die 43-Jährige: „Deshalb frage ich die Experten.“

Und deshalb nutzt die Betriebswirtin ihre vierwöchentlichen Fahrten zur Recherche an der Basis. Sie hält „einen Schnack“ mit der Kontrolleurin, tauscht den ruhigen Platz in der ersten Klasse gegen einen Sitz in der zweiten, um mit anderen Reisenden zu sprechen. „Ich will die Dinge wirklich verstehen, nur dann kann ich sie verändern.“

Das zahlt sich aus. Schon in ihrer vorherigen Position als Vertriebschefin der Deutschen Bahn hatte Bohle die Aufgabe gemeistert, den Ticketverkauf übers Internet auszubauen. Damit bewährte sich die Managerin für einen der härtesten Spitzenjobs im Konzern.

Auch den erledigt sie bislang ordentlich, konnte der Fernverkehr im vergangenen Jahr doch trotz Konkurrenz durch Billigflieger und Fernbusse einen Fahrgastrekord erzielen. Der Umsatz kletterte auf rund 4,2 Milliarden Euro, immerhin 78,9 Prozent der Züge waren rechtzeitig am Gleis, auch wenn sie damit das selbst gesteckte Ziel von 80 Prozent verfehlte: Ein Makel, zu dem Bohle steht. Bohle wollte bewusst mehr Verantwortung übernehmen, als sie vor zehn Jahren von McKinsey zur Bahn wechselte. „Immer nur Empfehlungen abzugeben und zu sehen, wie diese im Zweifel nicht umgesetzt werden, empfand ich als unbefriedigend.“ Umso mehr Wert legt sie heute auf die Anmerkungen ihrer Berater, egal, ob Consultant oder Zugbegleiter.

Karl Storz: Sybill Storz

Das 35.000-Einwohner-Städtchen Tuttlingen liegt im oberen Donautal, eineinhalb Zugstunden von Stuttgart entfernt. Trotzdem befindet sich dort das Zentrum der globalen Medizintechnikindustrie. Rund 600 Betriebe sind mit der Entwicklung und Herstellung von Hightechprodukten beschäftigt. Champion der Hidden Champions ist das Unternehmen Karl Storz. 1945 gegründet, beschäftigt Storz heute rund 7200 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro. Das liegt auch an der geschäftsführenden Gesellschafterin Sybill Storz, die das Magazin „Forbes“ mit gut 2,1 Milliarden Dollar Vermögen auf Rang 973 seiner Reichsten-Liste führt.

Seitdem sie 1996 nach dem Tod ihres Vaters die Geschäfte übernahm, treibt sie die Expansion voran. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sie den Umsatz fast verdreifacht und die Zahl der Beschäftigten verdoppelt. Mehr als 90 Prozent des Geschäfts macht Storz, die sich nach der mittleren Reife zur Fremdsprachenkorrespondentin ausbilden ließ, heute außerhalb Deutschlands. Die erfolgreiche Internationalisierung spiegelt sich auch in den fast 40 Titeln und Ehrungen wider, die Sybill Storz inzwischen erhalten hat. Neben dem Bundesverdienstkreuz findet sich dort auch eine Auszeichnung des früheren thailändischen Königs Bhumibol.

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