Frauen in Führungspositionen Von wegen liebe Frauen und harte Männer

Chefinnen sind gut für's Arbeitsklima, Chefs knallharte Entscheider. Quatsch. Je mehr Frauen in einem Unternehmen an der Spitze stehen, desto weniger unterscheidet sich ihr Verhalten von dem der männlichen Kollegen.

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Eine Frau in hohen Pumps Quelle: dpa

Nicht erst seit diesem Jahr führen Politik und Unternehmen die Diskussion um Frauen in Führungspositionen: Kann und darf die Politik den Betrieben vorschreiben, wenn sie in die Führungsetagen zu befördern hat? Können es sich Unternehmen leisten, 50 Prozent der Kandidaten zu ignorieren, weil sie Frauen sind? Und haben Frauen überhaupt den Mumm, zum Chef sein? Es gibt Studien, die belegen, dass sich Frauen weniger zutrauen als Männer und eher bereit sind, für die Familie auf die Karriere zu verzichten.

Das Bild der treu sorgenden, mütterlichen Frau, die sich gegen den starken Mann nicht durchsetzen kann, existiert vielleicht noch in einigen Köpfen nicht aber in der Realität. Die Personalberatung Russell Reynolds Associates hat mit mehr als 4000 weiblichen und männlichen Entscheidern über klassische Geschlechterstereotypen auf der Führungsetage gesprochen. Und die Ergebnisse zeigen: Wenn Frauen in Unternehmen keine Exoten sind, verhalten sie sich auch nicht so.

Frauen sind nicht nett und Männer nicht risikofreudig

Die Studie zeigt nämlich, dass bei einem Frauenanteil in Führungsetagen von weniger als 21 Prozent männliche und weibliche Führungskräfte weitgehend dem klassischen Geschlechterstereotyp entsprechen: Männer sind signifikant wettbewerbsorientierter, Frauen kümmern sich stärker um ihre soziale Umgebung. Ab einem Frauenanteil von 22 Prozent nähern Managerinnen ihr Verhalten an das der männlichen Kollegen an, ab einem Frauenanteil von 26 Prozent gibt es gar keine geschlechtsspezifischen Unterschiede mehr.

Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?

Auch seien Männer in Führungspositionen nicht generell risikofreudiger als Frauen. Eigenschaften wie niedrige Regelbezogenheit, schnelle Entscheidungsfähigkeit, Offenheit für Veränderungen, der Wunsch nach Abwechslung, Optimismus und niedriges Angstgefühl sind unter den getesteten Frauen und Männern nicht signifikant unterschiedlich verteilt.

Beide Geschlechter profitieren von mehr Frauen

"Eine Erkenntnis aus unserer Studie: Unabhängig von ihrem Geschlecht profitieren Entscheider unmittelbar von einem höheren Frauenanteil in den Chefetagen, denn ein steigender Anteil weiblicher Führungskräfte fördert ihre individuellen Leading
Skills", sagt Studienautor Joachim Bohner. Denn wenn mehr Frauen in den oberen Etagen sitzen und sich nicht die eine Frau bemüßigt fühlt, besonders weiblich aufzutreten, werden beide Geschlechter insgesamt fokussierter, kompetitiver und damit erfolgreicher – aber gleichzeitig auch härter.

Ein Blick auf die Zahlen legt allerdings den Schluss nahe, dass besonders in Deutschland Managerinnen noch eher geschlechtsstereotyp interagieren, denn nur 14 Prozent aller Manager hierzulande sind Frauen. Global liegt der Anteil der Führungsfrauen laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton bei 22 Prozent. Natürlich gibt es immer Ausnahmen und Abweichungen. Trotzdem: "Wer die Frauenquote ignoriert, schneidet sich ins eigene Fleisch", wie auch Justizminister Heiko Maas (SPD) kürzlich Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte. Frauen seien selbstverständlich mindestens ebenso gute Chefinnen wie Männer und nie zuvor habe es eine Generation so gut ausgebildeter Frauen gegeben. "Das muss sich endlich auch in den Führungsetagen der Unternehmen widerspiegeln", sagte Maas.

"Unsere Untersuchung belegt deutlich, dass Frauen in Führungspositionen nicht protegiert oder speziell weitergebildet werden müssen", so Bohner. Die Damen können auch alleine ihren Mann stehen.

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