Frauenquote Vorzeige-Managerinnen auf dem Absprung

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Subtil wirkende Geschlechter-Muster

„Das jetzige Interesse der Medien an den Spitzenfrauen ist eine absolute Ausnahmeerscheinung“, bestätigt Jutta Röser von der Leuphana Universität Lüneburg. „Das wird sicher bald wieder abflachen.“

Denn Erfolg und Misserfolg an der Spitze haben kein Geschlecht. Empirisch seien jedenfalls keine Unterschiede im Führungsstil von Männern und Frauen zu finden, sagt Managementexperte Jürgen Weibler. „Weder können Frauen besonders gut führen, noch unterlaufen ihnen signifikant häufiger Fehler“, sagt der Psychologe und Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen. Unterschiedlich sei allenfalls die Wahrnehmung: Setze etwa ein Mann seinen Willen durch, gelte er als führungsstark. Bei Frauen dagegen werde derselbe Stil als aggressiv wahrgenommen. „In unserem Kopf“, sagt Wissenschaftler Weibler, „haben sich über Jahrhunderte Muster festgesetzt, die bis heute ganz subtil wirken.“

Stempel "Frustrierte Emanze"

Erschwerend kommt dazu: Weil jeder zweite Mann laut einer Accenture-Befragung die Geschlechtergerechtigkeit bereits für nahezu hergestellt hält, werden Frauen mit Karriereansprüchen schnell als „frustrierte Emanzen“ abgestempelt. Und die sollen erst mal beweisen, dass sie ihre Ansprüche zu Recht erheben.

Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?

Diesen Beweis müssen Frauen nicht selten auf einem besonders kippeligen Stuhl antreten. Glass Cliff, gläserne Klippe, nennen Forscher das Phänomen. Michelle Ryan und Alex Haslam von der britischen Universität Exeter haben nachgewiesen, dass Frauen überproportional häufig auf schwierige Posten gesetzt werden, auf denen die Gefahr des Scheiterns viel höher ist. Dahinter steht mitunter der – übrigens unbegründete – Ruf von Frauen als gute Krisenmanager. Meist aber der Gedanke: Wenn der Karren sowieso im Dreck steckt, lassen wir mal eine Frau ran.

Der gläserne Abgrund

Claudia Schlossberger etwa wurde beim Metro-Konzern über Jahre bei anstehenden Beförderungen ignoriert. Sie gilt intern als schwierig. Selbst als Posten vakant blieben, weil sich kein geeigneter männlicher Kandidat fand, überhäufte der damalige Metro-Chef Eckhard Cordes lieber die Männerriege mit zusätzlichen Ämtern, als Schlossberger zu befördern. Als aber 2010 Entlassungen zu verkünden waren, machte Cordes die Managerin zur Personalchefin – und damit zur Frau fürs Grobe, unter seiner direkten Aufsicht. Kurz konnte sie sich im vergangenen Sommer noch Hoffnungen auf den Posten des Personalvorstands machen. Doch Cordes bevorzugte erneut einen Mann. Im Februar verkündete Schlossberger ihren Ausstieg.

Oder Angelika Dammann. Die Personalexpertin wurde erst in den Vorstand von SAP geholt, als die Stimmung im Haus ohnehin am Boden war: Der Softwarekonzern hatte den ersten Stellenabbau seiner Unternehmensgeschichte hinter sich und steckte nach dem Abgang von Vorstandschef Léo Apotheker in der Krise. Gehen musste die Personalexpertin bereits nach gut einem Jahr, angeblich aufgrund ihrer Privatflüge im Firmenjet. Die waren unsensibel, ohne Frage, doch vertraglich vereinbart. Dammann ging, die Vertragspartner blieben unbescholten – am gläsernen Abgrund genügt ein falscher Schritt.

Für Frauen mit Ambitionen eröffnet das eine Zwickmühle: Scheitern sie, bestätigen sie die Vorurteile männlicher Skeptiker. „Machen sie ihren Job aber gut, erfüllen sie lediglich die Erwartung an sie als gute ‚People Manager‘“, so Führungsexperte Weibler. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen empfehlen sie sich aber nicht für die als Schlüsselpositionen geltenden Jobs im Top-Management.

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