Frauenquote Vorzeige-Managerinnen auf dem Absprung

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Unterschiedliche Prioritäten

Anke Domscheit-Berg, Microsoft Deutschland Direktorin Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Können sie nicht? Oder wollen sie nicht?

Es sei eine lähmende Mischung, sagt Anke Domscheit-Berg, die selbst für großen Wirbel gesorgt hat, als sie im März 2011 den Hut nahm. „Mrs. Microsoft geht“, lautete der Tenor, als Domscheit-Berg die Deutschland-Tochter des US-Softwarekonzerns verließ. Drei Jahre lang war die Brandenburgerin das bekannteste weibliche Aushängeschild des Unternehmens gewesen. Als Direktorin für die Sparte Öffentliche Verwaltungsbeziehungen war sie zu einer der wichtigsten Managerinnen aufgestiegen. Sie galt als das Symbol der Frauenfreundlichkeit des Unternehmens. Und dennoch entschied sie sich gegen die weitere Karriere in der Konzernmühle und für eine Herzensangelegenheit: Die 44-Jährige machte sich selbstständig, berät nun Frauen auf dem Weg nach oben.

Domscheit-Bergs Rat an ihre Schützlinge: Natürlich gebe es auch haufenweise unfähige Männer in den Vorstandsetagen. Trotzdem treten sie meist mit breiter Brust auf. „Frauen dagegen machen sich oft zu klein, nehmen Dinge persönlich, haben Angst vor zu viel Verantwortung.“

Zierende Zurückhaltung

Diverse Studien belegen: Frauen in Führungspositionen suchen nach einer interessanten Aufgabe, nicht aber nach Macht. Moralisch vielleicht löblich – die Konkurrenz auf dem Weg nach oben schalten sie so aber sicher nicht aus. Auch die Hochschulabsolventinnen der als so ehrgeizig geltenden Generation Y sind zwar durch ihre Studienleistungen in der Regel besser qualifiziert für leitende Positionen als ihre männlichen Kommilitonen – aber weniger motiviert, diese auch anzutreten. Frauen sind gewissermaßen mit angezogener Handbremse unterwegs.

In ihren Seminaren beobachtet Domscheit-Berg das immer wieder. Da zieren sich Frauen, eigene Leistungen herauszustreichen, und betonen stattdessen das Können des Teams. Geht es darum, eine private Bekanntschaft auch für berufliche Zwecke zu nutzen, winken sie angewidert ab. Und wenn sie den Chef alleine in der Kantine sitzen sehen, würden sie sich auf keinen Fall danebensetzen, um erfolgreiche Projekte zu erwähnen. „Die finden das zutiefst unanständig“, so Domscheit-Berg, „während ihre Kollegen ganz selbstverständlich nicken.“ Frauen hätten einfach zu viele Bedenken, so die Beraterin. „Sehen sie eine Stellenausschreibung und erfüllen 98 von 100 geforderten Punkten, bewerben sie sich nicht. Männer dagegen denken schon bei 70 Punkten: Den Rest lerne ich im Job. Und das ist genau richtig. Denn wer kann schon alles?“

Flache Hierarchien bevorzugt

Ihr Teamgeist behindert die Frauen – beim eigenen Aufstieg, aber auch dem anderer Geschlechtsgenossinnen: Aufgrund ihrer Erziehung achten sie untereinander sehr auf flache Hierarchien. Wer dennoch klettert, wird von den anderen heruntergezogen, durch Kritik, üble Nachrede, Mobbing. Tatsächlich fühlen sich laut einer Umfrage der German Consulting Group 75 Prozent aller weiblichen Führungskräfte von Kolleginnen aus derselben Hierarchiestufe auf dem Weg zum Erfolg behindert. Nur 60 Prozent erleben männliche Mitarbeiter als blockierend.

Der Wandel hin zu mehr Ellenbogen fällt Frauen schwer, denn er bedeutet auch eine Abkehr von angeblich klassisch weiblichen Eigenschaften: Gesellschaftlich wird erwartet, das Frauen einfühlsam, sanftmütig und umsorgend sind – alles andere als gute Eigenschaften für einen modernen Manager, von dem man eher Risikofreude, Dynamik und Konkurrenzdenken erwartet. Think manager, think male, heißt es deshalb in der Führungsforschung. „Frauen müssen sich schon mal entscheiden, ob sie in den Augen der anderen ein liebes Mäuschen sein wollen“, sagt Domscheit-Berg, „oder die für selbstbewusste Frauen kaum vermeidbare Zuschreibung ‚aggressive Führungsfrau‘ in Kauf nehmen.“

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