Führungskräfte sollen Perspektive wechseln Firmenchefs, auf geht's ins Sozialpraktikum!

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Überschaubare Kosten

Die größten Idole der Manager
Rang 10: Welche Führungspersönlichkeiten am meisten bewundert werden, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC insgesamt 1473 Firmenchefs in 68 Ländern gefragt. Der französische Kaiser Napoleon I. schafft es auf Rang 10 und wurde gleichhäufig angeführt wie ... Quelle: rtr
... der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Clinton amtierte von 1993 bis 2001 und schaffte es in einzelnen Jahren seiner Regierungszeit, einen Haushaltsüberschuss zu erzielen. Quelle: AP
Rang 9: Ein weiterer von insgesamt vier US-Präsidenten in der Auflistung ist John F. Kennedy. Der charismatische Regierungschefs war im Jahr 1963 in Dallas ermordet worden. In Erinnerung bleibt er unter anderem für seine Führung in der Kuba-Krise und die Förderung der US-Raumfahrtindustrie, die in der ersten Landung eines Menschen auf dem Mond gipfelte – wenn auch sechs Jahre nach seinem Tod erst. Quelle: AP
Rang 8: Mit seiner neoklassischen Wirtschaftspolitik („Reagonomics“) hatte der 40. Präsident der USA, Ronald Reagan (Bildmitte), das Land auf einen wirtschaftsliberalen Kurs gebracht. Das Vertrauen in die Kräfte des Marktes dürfte mit ein Grund dafür sein, dass er bei Managern gut gelitten ist. Quelle: dapd
Rang 7: Die britische Premierministerin Margaret Thatcher starb am 8. April 2013. Nach der Todesnachricht zeigte sich, wie gespalten die britische Bevölkerung immer noch zu ihrer radikalen Politik in den 1980er-Jahren steht. Ihre Führungskraft brachte ihr den Spitznamen „Eiserne Lady“ ein. Sie reformierte die Wirtschaft, was mit einem Niedergang der Stahlindustrie einherging, und liberalisierte die Finanzbranche. Quelle: rtr
Rang 6: Schauspieler Daniel Day-Lewis in der Rolle des Abraham Lincoln. Der ehemalige US-Präsident hatte das Land von 1861 bis 1865 geführt und nach der Abspaltung des Südens die Nordstaaten in den Bürgerkrieg geführt. Letztlich einigte er das Land wieder, auch wenn er die endgültige Kapitulation der Südstaaten Ende April 1865 nicht mehr erlebte. Lincoln wurde wenige Tage vorher ermordet. Quelle: dapd
Rang 5: „Neutron Jack“ schafft es in die Top 5 des Rankings. Der ehemalige Chef des Industriegiganten General Electric, Jack Welch, gilt als eherner Verfechter des „Shareholder Values“. Demnach muss eine Firma vor allem das Wohl der Aktionäre im Sinn haben und erreicht dann auch andere Ziele. Den Mischkonzern und Siemens-Rivalen baute er so auf, das ständig schwache Bereiche abgestoßen und wachstumsträchtige Konkurrenten hinzugekauft wurden. Quelle: rtr

Die Kosten für dieses Experiment sind vergleichsweise überschaubar: Üblicherweise sollten Firmen mit 2.000 bis 3.500 Euro pro Managerwoche rechnen. Geradezu ein Schnäppchen, verglichen mit den üblichen Gebühren anderer Seminare, bei denen dieser Preis schon für Ein-Tages-Veranstaltungen aufgerufen wird.

Allein IBM macht weltweit mehr als 150 Millionen Dollar für Freiwilligenarbeit locker. "Corporate Volunteering ist für uns keine softe Spielerei, sondern ein genauso strategisches Thema wie das knallhart finanziell gesteuerte Geschäft", sagt Peter Kusterer, Leiter Corporate Citizenship and Corporate Affairs des IT-Konzerns. Die persönliche Entwicklung der Mitarbeiter sei eine wichtige Form der Personalarbeit.

"Seitenwechsel rechnet sich für uns als Arbeitgeber fraglos", sagt auch Hochbahn-Managerin Riedel. Ihr jedenfalls falle kein anderes Seminar ein, das zu denselben Kosten einen annähernd ähnlichen Effekt brächte.

Die Top-Managerin weiß, wovon sie spricht. Sie ging mit gutem Beispiel voran und schaufelte sich eine Woche für ein Praktikum bei der Arbeiterwohlfahrt frei - "berufsbedingt skeptisch, ob der Lerneffekt über einen Sozialtourismus hinausgeht", wie sie gesteht. Nach ihrem Einsatz aber waren jegliche Zweifel verflogen. Die Mitarbeit in einer Wohngemeinschaft für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge, die einen Hauptschulabschluss anstreben, habe sie viele ihrer Ansichten überdenken lassen. "Zum Schluss hatte ich mehr Fragen als Antworten zum Umgang mit Flüchtlingen", erzählt die 41-Jährige. Aber genau dieser Effekt sei ja gewollt. "Je mehr Handlungsoptionen Führungskräfte erkennen, desto besser werden ihre Entscheidungen."

Ute Riedel, 41. Arbeitgeber: Hamburger Hochbahn; Sozial-Praktikum: Kinderflüchtlingsbetreuung der Arbeiterwohlfahrt;

Und Einstellungen: Sie habe durch den Seitenwechsel ihre Haltung zu Hauptschülern geändert, gibt die Personalerin zu. Als die Gewerkschaft kurz nach ihrer Sozialzeit in Tarifverhandlungen forderte, keine Hauptschüler mehr für die Ausbildung zum Lokführer zuzulassen, kämpfte Riedel vehement dagegen. "Der viel zitierte Satz 'Wir haben eine soziale Verantwortung' hat jetzt eine noch tiefere Bedeutung für mich bekommen."

Das gilt wohl auch für Manfred Jaumann. Um seinen Horizont zu erweitern, hatte sich der Leiter des technischen Betriebs der Internationalen Raumstation bei Astrium Space Transportation in Bremen für die Palliativstation des Klinikum Links der Weser entschieden. Hier werden todkranke Menschen ohne Chance auf Heilung mit therapeutischen Maßnahmen auf den unausweichlich letzten Wochen ihres Lebenswegs begleitet. "Sterben und Tod", sagt der 53-Jährige, "kamen bislang in meinem Leben nicht vor."

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