Geschlechterkampf Die Frauenquote bremst Männer aus

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Gesunde Konkurrenz

Auch E.On knüpft die variable Vergütung seiner Abteilungs- und Bereichsleiter daran, ob sie die festgelegte Frauenquote erreichen. Der Energiekonzern hat 9,5 Prozent aller Führungspositionen mit Frauen besetzt und will diesen Anteil bis Ende 2016 auf 14 Prozent steigern. Bei jedem Bewerbungsverfahren verlangt der Vorstand heute mindestens eine Frau auf der Shortlist. "Wenn Männer erkennen, dass neue Bewerberinnen auftauchen, kann das nur gesund sein", sagt E.On-Personalvorstand Regine Stachelhaus.

Auf finanzielle Anreize für die Frauenförderung setzt auch BMW. "Das Thema findet sich in den persönlichen Zielvereinbarungen aller Kollegen", erzählt Ex-Personalvorstand Harald Krüger. Darüber müssten die Vorstände dem Aufsichtsrat regelmäßig berichten. Wie die Männer im Unternehmen damit klarkommen? "Der Einzelne sagt vielleicht mal Hoppla. Aber Wettbewerb schadet nicht", meint Krüger. Auch er musste das erfahren. Inzwischen hat er das Personalressort an eine Dame abgetreten: Seit Anfang Juli sitzt Milagros Caiña-Andree im BMW-Vorstand, die Neuigkeit wurde am Weltfrauentag verkündet. Krüger selbst kümmert sich in der Runde seit Juli um Minis und Motorräder.

Neid unter den Männern

Kein Konzern aber hat die Quotendebatte derart für sich ausgeschlachtet wie die Telekom – und dabei ging es immer auch um Imagepolitur. 30 Prozent aller Führungspositionen wollen die Bonner bis 2015 mit Frauen besetzten, Vorstandsposten inklusive. Mehr bietet keiner. So holte Telekom-Chef René Obermann im vergangenen Jahr gleich zwei Frauen in den Vorstand: Ex-McKinsey-Beraterin Claudia Nemat, nun zuständig für Europa und Technik, und die ehemalige baden-württembergische Kultusministerin Marion Schick für Personal. Gerade letztere Berufung weckte Neid unter den Herren auf den oberen Führungsetagen. Es hätte da ein paar gegeben, die sich den Job zugetraut hätten – Personalverantwortliche mancher Telekom-Auslandstöchter etwa. Einer dieser Männer, der sich Hoffnungen gemacht hatte, will eigentlich gar nicht darüber reden. Dann erzählt er aber doch, dass er inzwischen über einen Job bei der Konkurrenz nachdenkt. Er ist wieder auf der Suche.

In der Deutschen Bank wiederum sehen männliche Führungskräfte mit Erstaunen, "dass man den Damen Konzessionen macht, die für einen Mann undenkbar gewesen wären". So werden Managementpositionen heute auch in Teilzeit besetzt. "Das finde ich ja grundsätzlich gut", sagt einer. "Aber bei einem Mann hätte man nie über Fragen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nachgedacht. Da hätte man einfach einen anderen genommen."

2013 schlägt die Stunde der Frauen

Die Debatte wird auch die Besetzung der Aufsichtsräte verändern, hier liegt der Frauenanteil bei 19 Prozent. 2013 naht ein Superwahljahr für die Dax-30-Kontrolleure. Nach einer Studie der Managementberatung Kienbaum Consultants International werden allein auf der Anteilseignerseite 86 Posten neu vergeben. Klaus-Peter Müller, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, ist sicher, dass die Stunde der Damen schlägt: "2018, davon bin ich fest überzeugt, sind Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen eine Selbstverständlichkeit."

In einem internen Papier mahnte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schon vor einem Jahr, nur ein „signifikanter Anstieg des Frauenanteils bei den nächsten Aufsichtsratswahlen“ könne verhindern, dass die Quote im Bundestagswahlkampf zur Profilierung genutzt werde. Deshalb drängte der Verband seine Mitglieder schon damals zu "ambitionierten Zielsetzungen". Und das heißt: Frauen vor.

Ein Mann, der dann vielleicht seinen Stuhl räumen muss, ist der Finanzexperte Uwe Foullong. Noch sitzt er als Vertreter der Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat der Commerzbank. Aber er könnte bald zum zweiten Mal ein Opfer der Quote werden. Auch wenn er das selbst niemals so sehen würde. Geschweige denn sagen.

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