Umgekehrt bedeutet das aber auch: Die Aussichten der Männer waren schon mal rosiger. Zumindest müssen sie sich nach Jahren, in denen auch Herren-Seilschaften ihr Fortkommen sicherten, auf ungewohnte Konkurrenz einstellen. "Viele Männer haben das Gefühl, dass die gläserne Decke plötzlich auch für männliche Führungskräfte gilt", sagt Arbeitsrechtler Lingemann. "Das gilt vor allem für Anwärter auf Spitzenpositionen." Sie glaubten, keine Chance mehr zu haben, sobald sich eine Frau bewerbe. Und mancher Kandidat redet sich seine Niederlage auch mit dem Hinweis schön, da sei nicht eine Bessere, sondern eine "Quotenfrau" zum Zuge gekommen.
Man könnte es für ausgleichende Gerechtigkeit halten. Über Jahrtausende wurden Frauen benachteiligt, und die Wirtschaftswelt war da besonders beharrlich: Bis vor wenigen Jahren glichen Vorstandsetagen geschlossenen Herrenclubs, in denen Damen allenfalls gestattet waren, um Kaffee zu servieren. Noch immer ist der Frauenanteil im Top-Management mickrig. Aber er wächst. Nach einer Studie der Beratung Simon-Kucher hat er sich in den vergangenen zwölf Monaten in Dax-Vorständen von drei auf sechs Prozent verdoppelt. Jede dritte Besetzung ging an eine Frau. Und mancher Mann war etwas irritiert.
Männer-Diskriminierung ist ein Tabu
Als Manfred Gentz, damals Aufsichtsratschef der Deutschen Börse, vor einem Jahr im WirtschaftsWoche-Interview polterte, dass Männer auf Empfehlungslisten der Headhunter "nur noch Alibi-Funktion" hätten, durfte er mit Applaus nicht rechnen. Über Männer-Diskriminierung zu sprechen gilt als Igitt-Thema. Auch Daimler-Chef Dieter Zetsche überschritt Grenzen, als er klagte: "Wenn ich höre, dass in drei, vier Jahren 40 Prozent auf den Führungsposten Frauen sein sollen, dann verraten Sie mir bitte: Wohin soll ich all die Männer aussortieren?"
Wie das ist, wenn die Frauen vorbeiziehen, musste neulich ein Teamleiter des schwäbischen Autokonzerns erfahren. Ein Mann um die 40, ein Manager mit Potenzial. Stets hatte er seinen Chef vertreten, wenn der mal unterwegs war – und der hätte ihn auch gern zum Nachfolger gekürt. Trotzdem ging der Abteilungsleiterposten an eine Frau. In der Mittagspause gab es kein anderes Thema.
Seinen Namen möchte der Ökonom nicht nennen. Es reicht ja, wenn man sich durch sein Geschlecht diskriminiert fühlt. Sein Ehrgeiz ist geblieben, nur seine Prioritäten haben sich geändert: "Ich würde mich nur noch für potenzielle Arbeitgeber interessieren, die eine Frauenquote ablehnen", sagt er. "Beim Daimler" hätten Männer derzeit wenig Chancen. Dabei bringt er für die Mechanismen sogar ein gewisses Verständnis auf: "Das wird dem Management über Zielvereinbarungen reingedrückt."
Boni für die Beförderung von Frauen
In der Tat ist die Mehrheit der Dax-Konzerne inzwischen zum effizientesten aller Frauenförderprogramme übergegangen: dem Management by Geldbeutel. Wer die Damenwelt bei Beförderungen übergeht, der schrumpft seinen eigenen Bonus.
Daimler etwa will den Frauenanteil in Führungspositionen bis 2020 auf 20 Prozent hochschrauben. Die weibliche Quote bei Beförderungen muss nach Rechnungen der Personalabteilung bei 35 Prozent liegen. So steht es auch in den Zielvorgaben für den Bonus. Wenn ein Abteilungsleiter die Vorgabe verfehlt, "muss er auf fünf Prozent der Summe verzichten", verriet Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth neulich in einem Online-Interview. Kaum stand der Text im Netz, war er der Renner in der Stuttgarter Daimler-Zentrale. "Da sieht man es mal", ätzte ein Manager in einer Mail an die "lieben Kollegen". Der Konzern selbst erklärt, das Thema "Diversity Management" finde in der Belegschaft "breite Unterstützung".