Rund drei Viertel dieser Unternehmen gaben an, durch flexibles Arbeiten die Produktivität ihrer Mitarbeiter gesteigert zu haben, die Hälfte verzeichnete nach eigenen Angaben einen höheren Gewinn. Die häufig geäußerten Bedenken, dass Mitarbeiter durch mehr Freiheit und weniger Kontrolle auch weniger leisten könnten, bestätigten sich damit nicht. International zeichnet die Untersuchung ein vergleichbares Bild. Für Alexander Saul, Geschäftsführer Firmenkunden bei Vodafone Deutschland, ist die Sache damit klar: "Der klassische Arbeitsplatz mit ständiger Büropräsenz und starren Arbeitszeiten ist ein Auslaufmodell."
Wenn diese Art der Flexibilität Mitarbeiter nicht nur zufriedener, sondern die Arbeitgeber auch noch reicher macht, gibt es keinen Grund mehr, an Stechuhr und Kontrolle festzuhalten. Und wer bummeln will, kann das schließlich auch vor der Nase des Vorgesetzten. Dafür braucht es kein Home Office.
Homeoffice: 10 Regeln für Arbeitgeber
Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Rahmenbedingungen transparent und Erwartungen eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.
Flexible Arbeitsmodelle eignen sich nicht für alle Aufgaben. Firmen müssen deshalb klare Regeln für den Rahmen für die Nutzung (wer kann flexibel arbeiten) und die Umsetzung (Anwesenheitspflichten, Arbeitsumfang, Verfügbarkeit) vorgeben. Gallup hat in verschiedenen Studien herausgefunden, dass gerade Mitarbeiter im Home-Office häufig nicht genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Deshalb müssen Führungskräfte ihre Erwartungen und die Aufgaben besonders deutlich formulieren.
Nicht für jeden Mitarbeiter eignet sich Arbeiten im Home-Office: Jedem Mitarbeiter sollte freigestellt sein, diese Angebote im Unternehmen zu nutzen.
Die Ausschöpfung des vollen Leistungspotenzials hängt stark von der Motivation und persönlichen Stärken ab. Für Personen, die ein sehr großes Bedürfnis nach sozialer Interaktion haben, ist die Arbeit im Home-Office nicht ideal. Ein häufiger Fehler ist, flexible Arbeitsmodelle als „Belohnung“ für besondere Leistungen einzusetzen. Das schafft falsche Anreize. Daher sollte aufgrund der Stärken oder Arbeitsweisen des einzelnen Mitarbeiters entschieden werden, ob dieser Home-Office oder mobiles Arbeiten nutzen kann und darf.
Als Arbeitgeber sollte man seinen Mitarbeitern vertrauen und „loslassen“ können.
Die bloße Anwesenheit ist kein Indikator für die Qualität der Arbeit. Schafft ein Mitarbeiter seine Arbeit zu Hause schneller als im Büro, sollte sich die Führungskraft darüber freuen – und nicht aus Prinzip auf das Erfüllen von Zeitkontingenten bestehen. Generell sollte eine Führungskraft den Rahmen für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter schaffen, sich selbst einbringen zu können.
Die Leistung von Mitarbeitern muss objektiv definiert und gemessen werden.
Jeder Mensch entwickelt seine eigene Arbeitsweise. Gleiches gilt für die Zeitplanung bei flexiblen Arbeitsmodellen. Starre Zeitkorsetts demotivieren und behindern eine produktive Arbeitseinteilung. Der Mitarbeiter muss an seinen Leistungen gemessen werden. Dies erfordert ein grundlegendes Performance Management im Unternehmen, das Leistungen objektiv definiert und misst.
Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn: Auch Mitarbeiter ohne permanente Anwesenheit brauchen Führung.
Bei Heimarbeitern sollte das Feedback bewusster und regelmäßiger erfolgen als bei den Kollegen vor Ort. Wenn Führungskräfte ein ehrliches Interesse an ihren Mitarbeitern zeigen, deren Arbeit regelmäßig bewerten und über die persönliche Weiterentwicklung sprechen, können sie die Mitarbeiter auch über große Distanzen hinweg binden.
Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht. Das gilt insbesondere für flexible Arbeitsplatzmodelle.
Wenn der Mitarbeiter spätabends noch E-Mails schreibt, ist er dann überlastet? Oder ist das nur sein persönlicher Arbeitsstil? Um diese Frage zu beantworten, müssen sich Führungskräfte auch für den Mitarbeiter als Menschen interessieren und dessen Stärken, Routinen und familiäres Umfeld kennen. Gallup hat über 10 Millionen Menschen weltweit zum Thema »Mein Vorgesetzter/ Meine Vorgesetzte oder eine andere Person bei der Arbeit interessiert sich für mich als Mensch« befragt. Personen, die diesem Satz zustimmen, bleiben häufiger in ihrem Unternehmen, haben mehr emotional gebundene Kunden, sind erheblich produktiver und erwirtschaften mehr Gewinn.
Neue Meetingkulturen erleichtern effiziente Arbeitsprozesse innerhalb der Teams.
Für ein gemeinsames Verständnis der Ziele und Aufgaben ist ein enger Austausch im Team notwendig. Auch und gerade bei flexiblen Arbeitsmodellen. Häufig sorgen jedoch schwierige Terminabstimmungen oder ungenügende Kommunikationswege für Reibung. Regelmäßige Statusmeetings ermöglichen allen Beteiligten, Projektstände auszutauschen, Ideen vorzustellen, Aufgaben zu besprechen und frühzeitig Schwächen aufzuzeigen.
Den direkten Austausch fördern, sich gegenseitig schätzen – und so das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Der Mensch benötigt täglich 6 Stunden soziale Interaktion, um sich wohl zu fühlen und gesund zu bleiben. Wenn Kollegen und Vorgesetzte sich auch über das Berufliche hinaus schätzen, entsteht ein positives Arbeitsumfeld und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. Für die zwischenmenschlichen Beziehungen sind regelmäßige persönliche Treffen unverzichtbar.
Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen willkommen fühlen und haben ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz.
Die Anforderungen an Arbeitsplätze haben sich in den vergangenen Jahren aufgrund neuer Informationstechnologien und Arbeitsmodelle stark verändert. Doch noch immer gilt: Mitarbeiter brauchen eine Arbeitsumgebung, in der sie produktiv arbeiten können, in der sie sich wohlfühlen und willkommen sind. Das gilt ebenso für flexible Arbeitsmodelle. Maximale Flexibilität bedeutet auch, dass ein Mitarbeiter neben dem Arbeitsplatz z.B. im Home-Office auch Zugriff auf einen Arbeitsplatz im Team hat. Wie dieser gestaltet ist (z.B. durch Tablesharing oder Rollcontainer) muss vorab geklärt sein und dem Bedarf angepasst sein.
Neue Arbeitsstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie mit der Unternehmenskultur und den Unternehmenszielen vereinbar sind.
Mitarbeiter, die der Aussage zustimmen „Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist“, sind produktiver und bleiben ihrem Unternehmen länger treu. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmenskultur und flexible Arbeitsmodelle aneinander angepasst werden: In Unternehmen, in denen ein Kontrollzwang herrscht, werden Home-Office und mobiles Arbeiten nicht zum Erfolg führen. Und wer von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder von Flexibilität spricht, muss dies auch in der Praxis einlösen.
Natürlich müssen Firmen ihre Infrastruktur und Organisation diesen neuen Anforderungen anpassen, um nicht vom Wettbewerb abgehängt zu werden. Dazu gehört natürlich auch die Anschaffung und Nutzung mobiler und digitaler Technologien, wo Deutschland im Vergleich zum Ausland immer noch ein bisschen hinterher hinkt, wie Alexander sagt. Aber die Kosten amortisieren sich schnell, zeigt die Vodafone-Studie. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen, die daran teilgenommen haben, bemerkten eine Steigerung der Leistung ihrer Mitarbeiter, mehr als die Hälfte verbuchte ein Gewinnwachstum.
Ulrich F. Ackermann, Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungshauses Transearch International, kann sich deshalb gut vorstellen, einen Rechtsanspruch auf Home Office einzuführen, wie es ihn in den Niederlanden gibt.
"Work-Life-Integration wird stärker gefordert. Das Angebot von zeitweisem Home Office ist eine perfekte Möglichkeit, dem entgegenzukommen", sagt er. Das sagen auch die befragten deutschen Arbeitnehmer. Für sie sind die größten Vorteile des flexiblen Arbeitens die Freiheit bei der Arbeitsgestaltung (37 Prozent) und die bessere Work-Life-Balance (34 Prozent).
Und: Wer das anbietet, hat bei Bewerbern einen Wettbewerbsvorteil. So gab knapp ein Drittel an, dass die Bereitschaft im aktuellen Job zu bleiben, sich deutlich erhöhen würde, wenn die Angebote für flexibles Arbeiten in ihrem Unternehmen ausgebaut würden. 61 Prozent sind überzeugt, dass sie zufriedener mit ihrer Arbeit wären, wenn sie hinsichtlich Arbeitszeit und -ort noch mehr Spielraum hätten.
Aus Arbeitgebersicht ergibt sich folgendes Bild: 54 Prozent der Firmen berichten von einer höheren Mitarbeiterbindung, 56 Prozent ermittelten eine verbesserte Unternehmensreputation aufgrund flexibler Arbeitsmodelle.