Jean-Claude Biver "Man lernt durch Fehler und Niederlagen"

Jean-Claude Biver gilt als Genie des Marketings und einer der Retter mechanischer Uhren. Vor Kurzem erschien sein Buch über sein Leben. Wir haben mit ihm über Zielstrebigkeit und Niederlagen gesprochen.

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TAG-Heuer-Chef Jean-Claude Biver zeigt die Smartwatch

WirtschaftsWoche Online: Herr Biver, im Vorwort zur Ihrem Buch heißt es über Sie, dass Ihr Mut im Kampf für die mechanische Uhrenindustrie es mit dem der Schweizer Freiheitskämpfer aufnehmen kann. War das so dramatisch?
Herr Jean-Claude Biver: Diese einführenden Sätze stammen zwar nicht von mir, aber ich versuche es in ein größeres Bild zu fügen: Wenn der liebe Gott am Tage meines Todes die Frage stellen würde „Willst du ein zweites Mal leben?“, dann würde ich sagen, ja, aber nur, wenn du mir zu 100 Prozent das Leben gibst, dass ich hatte. Ich habe alle Privilegien bekommen: Gute Erziehung, Liebe, Gesundheit, Stärke, Optimismus – und auch Mut.

Die Tragik ist, dass es heute viele Menschen gibt, die keinen Mut haben und in einem bequemen Leben leben wollen ohne Risiko. Aber wer kein Risiko eingeht, erreicht auch nicht viel. Ein Skifahrer braucht, wenn er die Hahnenkamm-Abfahrt runterrast Training und Können – aber auch Mut. Sie brauchen Mut, wenn sie 16 Jahre alt sind und ein junges Mädchen ansprechen wollen. Mut ist überall.

Jean-Claude Biver

Sie brauchten vielleicht mehr davon als andere, denn als Sie als Kind aufs Internat gingen, haben Sie sich auch um ihren jüngeren Bruder gekümmert. Sie haben Verantwortung übernommen.
Jeder hat diese Kräfte und sie sind bei vielen unbewusst oder nicht unerschöpft. Bei mir hat sich die Kraft zur Führung schon im Internat entwickelt. Das sehe ich als etwas Positives. Diese Fähigkeit hätte sich vielleicht auch später entwickelt, aber ich glaube, dass es für mich ein Privileg war, dass das so früh mein Leben beeinflusste. Die Pfeiler sind in meiner Kindheit gelegt, ich will erster sein, ich will einmalig sein, ich will führen, ich will entwickeln, ich will Schwierigkeiten überwinden – das ist da.

Sie sagen, dass es das Leben immer sehr gut mit Ihnen gemeint hat. Ihre Eltern haben sich getrennt als sie ein Kind waren, Sie sind in den 90er Jahren an der Legionärskrankheit erkrankt und haben Rückschläge in der beruflichen Laufbahn erfahren...
Ich glaube an Fehler und Niederlagen. Durch beides lernt man dazu. Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass man fast nur durch beides lernt. Also muss man Fehler als etwas Positives einschätzen, indem man sich eingesteht, dass man einen Fehler begangen hat und sich sagt, dass man reicher geworden ist. Warum? Weil man den Fehler nie mehr wiederholen wird. Wenn du blöd bist, dann wiederholst den gleichen Fehler in zwei Jahren wieder. Aber ich gehe davon aus, dass man Fehler, die man erkannt hat, nicht wiederholt. Wenn sie in ihrem Leben die wichtigen 100 Fehler bereits gemacht haben, dann kommen sie am Ende es Lebens nahe an die Weisheit.

Die Highlights der Uhren-Messe
Es sind oft Kleinigkeiten, die ein neues Modell von Rolex von seinen Vorgängern unterscheidet. 50. Geburtstag feiert das Modell Oyster Perpetual Sea-Dweller. Das Jubiläumsmodell hat ein um drei Millimeter auf 43 Millimeter vergrößertes Edelstahlgehäuse und zur besseren Ablesbarkeit des Datums die Zykloplupe über dem Datum geschenkt bekommen. Quelle: PR
Der russische Uhrmacher Konstantin Chaykin braucht nur wenig, um aus einer technisch konventionellen Uhr einen echten Hingucker zu machen. "The Joker " heißt das Modell - angelehnt an die böse Figur aus den Batman-Comics. Die handelsübliche Mondphasenanzeige fungiert dank weniger Veränderungen des Rahmen als Mund samt roter Zunge. Die schielenden Augen sind die Darstellung der Stunde und Minuten. Je nach Uhrzeit und Stand des Mondes, verändert sich das Gesicht der Uhr im wahrsten Sinne des Wortes. Die zwei Kronen hat die Uhr aus einem simplen Grund: Sie sollen die Ohren darstellen. 7000 Euro soll die spielerische Variante kosten. Quelle: PR
Von außen klassisches Uhrmacherhandwerk, innen Elektronik statt Mechanik. TAG Heuer setzt in Basel unter anderem auf die Smartwatch Connected Modular 45 vor. Der Kunde kann die Bauteile des Gehäuses individuell auswählen. Der Clou der Uhr: In einigen Jahren, wenn die elektronische Technik von heute nur noch alt ist, kann der Besitzer sich ein mechanisches Uhrwerk einbauen lassen. Quelle: PR
Die Genfer Manufaktur Patek zeigt in Basel unter anderem das Modell 5960/1. Hinter der Zahlenkombi verbirgt sich eine Uhr, die Wochentag, Monat und Tag anzeigt. Darüber hinaus ist mit dem Chronograph eine Stoppuhr enthalten. Diese wiederum springt zurück, wenn man sie auf Null stellt - das sogenannte Flyback, eine mechanische Komplikation. Der kleine Zeiger oben mit + und - zeigt an, wie viel Gangreserve das Automatikwerk noch hat. Quelle: PR
Digitale Anzeige ja, Quarzantrieb nein: Das Modell Dodekal von MCT Watches zeigt die Stunde - hier die 12 - mittels eines Mechanismus an, der die weißen Striche austauscht. Die Minutenanzeige läuft hingegen konventionell im Kreis. Quelle: PR
Tudor, das ist Rolex kleine Schwester - und das verhehlt sie auch nicht. Dieser Black Heritage Chronograph mit Armband in Jeansoptik ist für die Marke dennoch ein besonderer Schritt: Im Inneren tickt erstmals ein Chronographenuhrwerk aus der eigenen Manufaktur. Quelle: PR
Das Ufo ist ein Podest für einen Stift. Das klingt wirr und wie bei vielen Projekten des Uhrenunternehmens MB&F, die mechanische Skulpturen fertigen, ist es das auch. Das Unternehmen Caran d'Ache, bekannt für seine Stifte, hat die Uhrmacher mit diesem Projekt beauftragt. Die Rakete, die auf der Basis steht, ist das Schreibutensil. Quelle: PR

Wie meinen Sie das?
Es ist wie in der asiatischen Kampfkunst, wo sie die Kraft des Gegners nutzen, um ihre Bewegung auszuführen. Es reicht also nicht, aus dem Fehler zu lernen, sondern sie müssen die Energie der Niederlage nehmen, um sich zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. In jedem Erfolg steckt Energie, aber auch in jedem Misserfolg. Das habe ich gelernt: Nie nach einer Niederlage am Boden zu bleiben, sondern wieder aufzustehen.

Sie schreiben viel über die Liebe ihrer Eltern und die Unterstützung, die sie erfahren haben. Von was lassen Sie sich als Manager leiten – der ökonomischen Notwendigkeit oder ihren Werten?
Meine Antwort darauf klingt vielleicht dumm: Ich glaube, Entscheidungen im Betrieb müssen immer den Kopf, die Ratio als Gesicht der Entscheidung haben, plus Erfahrung, plus Instinkt, plus Herz. Jede Entscheidung soll durch diese vier Trichter gehen. Manchmal hat das Herz 10 Prozent, manchmal 40 Prozent.

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