Jobwechsel Worauf Führungskräfte achten müssen, wenn sie einen Job suchen

Symbolbild Auswahl einer Bewerbung. Quelle: Andrii_Symonenko-Fotolia

Auch Top-Manager haben manchmal die Nase voll von ihrem Job. So lange der alte Arbeitsvertrag noch gilt, müssen sie jedoch diskret suchen. Welche Probleme es bei der Jobsuche gibt, zeigen vier Fälle deutscher Manager.

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Wie wechselt ein Manager der ersten oder zweiten Führungsebene aus ungekündigter Stelle heraus den Job? Diese Frage scheint auf den ersten Blick banal. Als Top-Führungskraft findet man doch mit Leichtigkeit einen neuen Job derselben Rangordnung. Beim genaueren Hinschauen offenbaren sich allerdings Probleme und Komplikationen, die viele Führungskräfte unterschätzen oder einfach nicht auf dem Schirm haben.

Fall Eins: Der unerfahrene Erfahrene

Als Dr. Norbert Perleberg* in jungen Jahren als Junior Account Manager seinen Job antrat, ahnte er nicht, wie weit er es dort bringen würde. Mit den Jahren kletterte er die Karriereleiter hinauf: vom Junior zum Senior mit den wichtigsten Key Accounts, dann zum Projektleiter eines 15-köpfigen Teams, zum Vertriebsleiter und schließlich zum Geschäftsführer. 23 Jahre im selben Unternehmen. Perleberg hatte es weit geschafft.

Dann kam die Krise: Das Unternehmen wird verkauft, die Gesellschafter werden ausgetauscht – und Perleberg wird ein Auflösungsvertrag angeboten.

„Ich wurde gegangen. Nach über 20 Jahren im Unternehmen wollte man mir einfach den Stuhl vor die Tür stellen. „Das war natürlich ein Schock“, erinnert er sich. „Plötzlich musste ich mich nach einer neuen Stelle umschauen. Und dabei hatte ich keine Ahnung, wie ich mich als C-Level Führungskraft selbst vermarkte. Meine letzte Bewerbung lag 23 Jahre zurück.“ Teilweise hatte Perleberg noch nicht einmal Zwischenzeugnisse. „Mein letzter Lebenslauf war noch auf einer Diskette gespeichert. Ich musste erst wieder lernen, wie ich mich auf eine Bewerbung vorbereite. Dazu noch für eine hohe Managementfunktion“. 

Fall zwei: Enttäuschende Kontakte

Anders als Perleberg wusste Manuela Kaiser* sofort, wie sie sich als C-Level Führungskraft auf eine Stelle derselben Flughöhe bewirbt. Die wechselwillige Marketingchefin eines mittelständischen Maschinenbau-Unternehmens wollte ganz einfach ihr Business-Netzwerk befragen: Kunden, Lieferanten, Wettbewerber. „Ich dachte mir, es sei eine Frage von wenigen Wochen oder Monaten, bis ich wieder auf einem Marketing-Thron sitze“, so Kaiser. Zu ihrem Entsetzen kam aus ihrem Netzwerk: Gar nichts. Nur Ausflüchte.

Tatsächlich haben viele Führungskräfte überzogene Erwartungen an ihr Netzwerk. Woran das liegt? Meist sind die geknüpften Kontakte an die Funktion der Führungskraft im Unternehmen gebunden – und nicht an die Person, die diese Funktion besetzt. Geht die Managerin, zählt sie zumindest für Kunden und Lieferanten des Unternehmens nicht mehr zu den A-Kontakten.

Das bedeutet nicht, dass Networking sinnlos ist. Es sollte nur nicht überschätzt werden. Das belegt auch eine Studie der Personalberatung Signum: Besetzungen mit Managern über Empfehlungen von eigenen Mitarbeitern oder über Kontakte aus Xing oder LinkedIn geschehen selten. 62 Prozent der befragten Personalabteilungen haben erst sehr selten Führungskräftejobs mit empfohlenen Kandidaten besetzt, vier Prozent noch nie.

*Namen geändert.

Netzwerke und Branchenprobleme

Fall drei: Kontrollverlust beim Headhunter

Viele Führungskräfte fragen Headhunter für den eigenen Bewerbungsprozess um Unterstützung. Im besten Falle solche, mit denen sie zuvor fallweise Personal akquiriert haben. Das klingt zunächst plausibel und ist bestimmt nicht immer der falsche Weg. Aber auch die Zusammenarbeit mit Headhuntern kann Gefahren mit sich bringen:

Stefan Schneider* hatte ein Problem: Er kooperierte als COO regelmäßig mit einem Personalberater. Dieser war schon jahrelang für ihn bzw. seine Firma im Headhunting aktiv. Schneider wollte aus privaten Gründen die Firma verlassen und hat deshalb diesen Berater im Vertrauen von seinem Wechselwunsch berichtet. Der Berater erbat sich einen CV und die Erlaubnis, diesen seinen Kunden vorzulegen. „Leider ist die Branche übersichtlich. Man kennt sich. Dass sah ich damals nur nicht als Problem“, gesteht Schneider. Es dauerte keine drei Monate, bis der eigene Aufsichtsratsvorsitzende Herrn Schneider zum Gespräch bat und ihn dabei direkt auf seinen Wechselwunsch ansprach.

Die Konsequenz: Ein Headhunter wurde beauftragt, einen Nachfolger für Schneider zu suchen. Schneider selbst wurde sofort aus dem Informationsfluss zu strategischen Themen ausgeschlossen. Er war eine „lame Duck“ auf dem Abstellgleis. Unglücklicherweise war der Nachfolger auch schon gefunden, bevor Schneider ein neues Angebot hatte. Man vereinbarte die Aufhebung des Arbeitsvertrages und Schneider suchte sich professionelle Unterstützung durch eine Executive Placement-Beratung.

Fall vier: In fremden Gewässern

Noch problematischer kann es werden, wenn sich Führungskräfte mit Wechselgedanken nicht mit offenem Visier bewerben können. Dr.-Ing. Matthias Franke*, Geschäftsführer eines deutschen Anlagenherstellers, wollte sich in anderen Branchen bewerben. Er befürchtete zurecht, dass sein Vorgesetzter sonst von seinen Wechselplänen mitbekommt und ihn womöglich auf das Abstellgleis stellt.

Nun ist es aber so, dass Gesellschafter und Aufsichtsräte Geschäftsführer fast immer mit dem Anforderungskriterium „Branchenerfahrung“ auswählen. Im Umkehrschluss heißt das, dass man sich als Geschäftsführer kaum auf derselben Ebene um eine Stelle in einer anderen Branche bewerben kann, weil man faktisch chancenlos ist. „Nach vielen erfolglosen Versuchen gab ich auf und ging zu einer Executive Placement Beratung“, sagt Dr. Franke. Mit deren Hilfe fand er dann unter dem Schutz einer Treuhandadresse eine neue Geschäftsleitfunktion innerhalb der bisherigen Branche. „Außerhalb der Branche hätte es bestenfalls für die zweite Führungsebene gereicht“, so Dr. Franke.

Ob drohender Jobverlust aufgrund einer Umstrukturierung, ein angebotener Auflösungsvertrag oder einfach keine Perspektive im Unternehmen: Die Gründe dafür, warum Top Führungskräfte in die Karriere-Sackgasse geraten, sind vielfältig. Die Suche nach einer neuen Position aus ungekündigter Stelle heraus kann holpriger sein, als gedacht – vor allem für die erste und zweite Führungsebene. Fehlende Erfahrungen im Bewerbungsprozess, fehlende Branchenexpertise, überzogene Erwartungen ans Netzwerk oder Kontrollverlust bei Headhuntern verkomplizieren oftmals den Wechsel. Wer sich dieser Gefahren bewusst ist und entsprechend handelt, kann den Transition-Prozess erfolgreicher gestalten.

*Namen geändert.

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