Zu diesem Zeitpunkt ist dem Maurer aus Tönning die Schickimicki-Insel Sylt längst nicht mehr genug: Nachdem er schon von 1976 bis 1982 im Herbst und Winter seine Aale etwa vor dem Kölner Dom und in der Düsseldorfer Altstadt feilgeboten hatte, um sich vom Sylter Sommertourismus unabhängiger zu machen, expandiert Gosch aufs Festland. Eröffnet 1988 eine erste Filiale am Hamburger Bahnhof, ein Jahr später eine weitere in Bremen.
Damals steigt Gosch auch in den Versandhandel ein, der heute als Online-Shop läuft. Über den bietet Gosch nicht nur Leckereien von der Fischsuppe für 6,90 Euro bis zum Festtagslachs für 70 Euro. Längst prangt der rote Hummer, seit 1989 offizielles Firmenlogo, auch auf Schlüsselanhängern (7,50 Euro), Smartphone-Hüllen („Haiphone“, für knapp 15 Euro) oder Weinkühlern (13,20 Euro).
Allein von seinem Maskottchen, ein roter Plüschhummer, den er stets werbewirksam aus der Brusttasche seines Kochkittels lugen lässt, hat Gosch nach eigenen Angaben bis heute mehr als 230 000 Stück verkauft – heutiger Preis: 3,20 Euro. Selbst einen von ihm entworfenen Strandkorb mit Bullaugen vertreibt Gosch, für 5900 Euro.
Seit 2012 beliefert er außerdem norddeutsche Supermärkte mit fertig gemischten Feinkostsalaten – schon im ersten Jahr verkaufte er davon anderthalb Millionen Portionen.
250 Tonnen Matjes pro Jahr
Um alle Verkaufsstätten auf Insel und Festland, die Supermärkte und den Versand in Eigenregie optimal mit Fischprodukten zu versorgen, baut Gosch 1994 in Ellingstedt bei Schleswig eine eigene Fischfabrik auf. 2014 wurden hier gut 1000 Tonnen Fisch verarbeitet, darunter 250 Tonnen Matjes in Salzlake eingelegt und mit einem Schuss Rote-Beete-Saft zartrosa eingefärbt, 250 Tonnen Lachs filetiert, geräuchert und gebeizt und 150 Tonnen Scampi verarbeitet. Auch Rezepte für Marinaden entwickelt Gosch hier – oft angeregt durch Tipps seiner Gäste.
Um finanzielles Risiko und organisatorischen Aufwand für den nächsten Expansionsschritt zu minimieren, vergibt Gosch 1992 erstmals und ab 2000 zunehmend neue Standorte in Franchise-Lizenz – derzeit sind es 25 Betriebe, darunter auch Restaurants auf drei TUI-Kreuzfahrtschiffen, dem 2015 ein viertes folgen soll. „Dann fährt Gosch über die ganze Welt.“
Die fünf Schritte zum Erfolg in digitalen Zeiten
Machen Sie sich bewusst, wo Ihre Stärken liegen!
Heben Sie diese Talente heraus und entwickeln Sie so die „Marke Ich“!
Handeln Sie empathisch – gegenüber Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und sich selbst!
Nutzen Sie die digitalen Medien zur Information, Präsentation und zum Netzwerkaufbau!
Aber seien Sie genauso offline aktiv – sowohl beim Knüpfen neuer als auch bei der Pflege bestehender Beziehungen!
Am liebsten aber ist ihm ein Laden direkt vor seiner Haustür in Wenningstedt-Braderup: „Jünnes Düne“, wie Goschs größtes Projekt im Sylter Volksmund heißt. Ein Restaurant mit Platz für bis zu 300 Gäste direkt am Sylter Roten Kliff, der gut 50 Meter hohen, unter Naturschutz stehenden Steilküste zwischen Kampen und Wenningstedt: Große Fensterfronten geben den Blick frei auf Strand und Meer, den auch Gosch fast täglich genießt.
Nach dem obligatorischen Frühstück mit seiner Frau, zu dem er oft schon die erste Portion kalten Fisch verspeist, einem ausführlichen Telefonat mit dem Leiter der Fischfabrik und dem Studium diverser Wetterberichte („der dänische ist oft am genauesten“) schaut er spätestens ab 11 Uhr in seinem Lieblingsladen nach dem Rechten. „Noch zwei, drei Jahre“ will der 73-Jährige das tun, dann das Unternehmen endgültig an Tochter Anja übergeben, die bereits vier Restaurants in Westerland führt.
„Die Arbeit macht mir zwar immer noch Spaß“, sagt Gosch, der immer wieder Verkaufsangebote abgelehnt hat, zuletzt von polnischen und arabischen Investoren. „Aber ich will aufhören, bevor ich mich vor den Leuten zum Kasper mache.“
Und mehr Zeit für seine Reisen haben, die ihn schon in viele Ecken der Welt geführt haben: nach Australien, wo Sohn Björn gerade in Meeresbiologie promoviert. Zu Süd- und Nordpol, nach Indien zur Ayurveda-Kur oder in die Südsee. Dann fliegt er Businessclass, ordert Champagner, bucht noble Suiten in Hotels oder auf Kreuzfahrtschiffen.
Lenkrad voller Fischfett
„Reisen ist der einzige Luxus, den ich mir gönne“, sagt Gosch, der dienstlich stets Economy fliegt, für Übernachtungen selten mehr als 80 Euro ausgibt und bis heute statt mit seiner neuen Limousine aus Stuttgart („die ganzen Knöpfe überfordern mich“) lieber in seinem klapprigen Golf über die Insel fährt.
Eines der Vorgängermodelle hatte 16 Jahre auf dem Buckel, „das Lenkrad war wegen des Fischfetts an den Fingern frei von Kunststoffbeschichtung“, erinnert sich Gosch-Prokurist Michael Lorenzen, „die Fahrertür musste man unterwegs mit einer Hand festhalten.“
Lieber als in neue Autos investiert Gosch Geld ins Unternehmen, „ich will meinen Kindern ja keinen Schrotthaufen hinterlassen“. Wobei er seinen größten Wunsch für Geld gar nicht kaufen kann: „Wenn es nicht mehr Fisch-, sondern Goschbrötchen heißt – dann haben wir es geschafft.“