Das muss auch ein alteingesessener Fischer feststellen, der mit „fangfrischen Krabben vom eigenen Kutter“ eigentlich die bessere Ware hat, die er von einem modernen Verkaufsstand unters Volk bringt. Sich dennoch auf eine fatale Preisschlacht mit Gosch einlässt. Und nicht merkt, dass der freche Newcomer seine Kunden bittet, dem Platzhirsch alle Krabben zum angebotenen Dumpingpreis abzukaufen und sie ihm zu bringen.
Ist der Konkurrent auf diese Weise seine Ware los, erhöht Gosch die Preise wieder auf Normalniveau. Und luchst dem eigentlich verkaufsunwilligen Nachbarn schließlich den ganzen Laden ab – Goschs Köder: ein Koffer voller Geld, den er über Nacht in dessen Obhut gibt.
„Konkurrenz belebt nicht das Geschäft, Konkurrenz kann ich nicht leiden“, sagt Gosch. „Ich verdiene gerne Geld, gute Unternehmer sind gierig.“
Nordfriesisches Schlitzohr
Gosch verachtfacht seine Verkaufsfläche im Lister Hafen – sein Mutterschiff, wie Gosch die Bude nennt, entwickelt sich dank guter Küche zu bezahlbaren Preisen und seiner Sprüche binnen kurzer Zeit zur Goldgrube.
Und ist bald nicht mehr sein einzige Standort auf Sylt: Mit Unterstützung seiner Mutter und seiner zweiten Frau, die sich bis heute um die Zahlen im Unternehmen kümmert, eröffnet er eine Filiale in Westerland und baut eine abbruchreife Bootshalle mit maritimem Flair zu einem der beliebtesten Treffpunkte auf der Insel aus. Tausende Gäste gehen schon Anfang der Neunzigerjahre täglich bei Gosch ein und aus, spülen Millionen in seine Kassen.
Warum ausgerechnet Gosch in dieser Zeit so unaufhaltsam wächst?
Auch weil das nordfriesische Schlitzohr auf der Insel die richtigen Kontakte geknüpft hatte: Die Gemeinde List kommt ihrem größten Steuerzahler bei Immobiliengeschäften entgegen.
Die Beschwerde einer Konkurrentin beim Bauamt in Husum versandet, der zuständige Beamte ist ein Schulfreund Goschs. Dem Chef des Lister Ordnungsamts, einem Hobbymusiker, sponsert Gosch die Produktion einer CD „mit einer kleinen Summe“.
Auch weil er scharf kalkuliert: An der Fischbörse jagt er den besten Preisen hinterher, die Scampi lässt er aus Asien kommen, die Krabben in Polen pulen, das Personal führt er mit strenger Hand.
Auch weil er Fehler schnell korrigiert: Ob Mitarbeiter, Lieferanten oder Restaurantkonzepte – Goschs Devise lautet stets: „Was nicht läuft, kommt weg.“ Etwa ein reines Pasta-Lokal, das er mangels Erfolg schnell wieder zumacht. Oder „die sündigste Fischbude der Welt“, wie Gosch die vor anderthalb Jahren im Café Keese auf der Hamburger Reeperbahn eröffnete Filiale nannte – bis er sie im Herbst 2014 wegen zu hoher Kosten wieder schloss. Aber auch die erste Ehe, die Gosch nach wenigen Jahren beendet. Oder eine Steueraffäre, unter die er per Selbstanzeige und einer Zahlung beim Finanzamt einen Strich zieht.
Erfolg aber hat Gosch vor allem, weil die Kunden die Atmosphäre vor und in seinen Buden lieben: „Von klassischem Marketing halte ich nicht viel“, sagt Gosch, der jahrelang eine gebrauchte, nach seinen Plänen für einen sechsstelligen Betrag zur Bar auf Rädern umgebaute, acht Meter lange US-Stretch-Limousine mit Gosch-Logo durch Deutschland touren ließ. „Die beste Werbung ist der Dienst am Kunden.“
Ob einer nur ein Matjesbrötchen auf die Hand mitnimmt oder ein Promi drei Pullen Champagner ordert – Gosch hat für jeden Gast einen munteren Spruch auf den Lippen. Ein Wirt zum Anfassen, der zur rechten Zeit eine Flasche Wein ausgibt – weil er weiß, dass das die Runde zum Bleiben und Bestellen animiert („Solange einer bei mir sitzt, kauft er nicht bei der Konkurrenz“).
Der die Gäste fragt, ob die Suppe auch heiß und der Fisch gut gewürzt war. Der sich nicht zu schade ist, hinterm Tresen ein Filet in die Pfanne zu hauen, Geschirr abzuräumen oder einen Tisch abzuwischen. Der stets Zeit hat für ein Erinnerungsfoto oder ein Autogramm. Der schon mal eine Magnumflasche Schampus mit dem Säbel köpft. Und viele Jahre trotz mäßiger Stimme fast jeden Abend zum Mikrofon greift, ein paar Liedchen trällert und auf CD pressen lässt.
Simple Songs wie „Ein Matjes passt in jedes Portemonnaie“, mit dem er es 1994 gar bis auf Platz zwei der Norddeutschen Hitparade schafft. Und im selben Jahr mit einer skurrilen Wette – das Errichten eines Torbogens – bei „Wetten, dass...?“ – einem Millionenpublikum bundesweit bekannt wird.