Junge Führungskräfte 30 und schon Chef?

Der deutsche Durchschnittschef ist 51 Jahre alt - das muss aber nicht so sein. Personal-Expertin Christine Heinemann erklärt, was junge Chefs besser machen und gibt Tipps zum Führungsstil.

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Auch junge Chefs können gute Führungskräfte sein. Quelle: Fotolia

WirtschaftsWoche: Laut einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Bürgel sind die deutschen Chefs im Durchschnitt 51 Jahre alt. Braucht es jahrzehntelange Berufserfahrung, um eine gute Führungskraft zu sein?

Christine Heinemann: Das denke ich nicht. Die Statistik sagt ja nur etwas über das Alter aus, aber nicht darüber, ob eine Führungskraft gut ist. Es ist sicherlich hilfreich, wenn der Chef schon langjährige Berufserfahrung hat. So erkennt er Probleme in den Abläufen und schwierige Situationen schneller und kann reagieren.

Sind junge Chefs also die schlechteren Chefs?

Nicht schlechter, oftmals einfach unerfahrener.

Zur Person

Gibt es Branchen, in denen es auch besonders viele junge Führungskräfte gibt?

In jungen Branchen. Bestes Beispiel: der Technologiebereich. Das liegt vor allem an den vielen innovativen Ideen, mit denen junge Chefs sich selbstständig machen und schnell zu Unternehmenserfolg gelangen. In alteingesessenen Familienunternehmen ist der hierarchische Aufbau meist anders. Dort werden angehende Führungskräfte teilweise intensiver vorbereitet und sinnvoll gefördert.

Woran liegt das?

Wir stellen immer wieder fest, dass unsere Studenten sich heute schon früh mit zusätzlichen Fertigkeiten zur Personalführung ausstatten. Der Reiz scheint größer geworden zu sein, Arbeit und Studium miteinander zu verbinden, um möglichst schnell beruflich weiter zu kommen. 

Und das klappt gut, obwohl die Jungen keine Berufserfahrung haben, gerade von der Uni kommen, noch bei Mutti wohnen?

Wir sprechen hier ja nicht von 18- oder 20-Jährigen. Aber Young Professionals, die tendenziell auch Führungspositionen einnehmen können, haben auch durchaus Vorteile: Als Digital Natives gehört das Netzwerken über Social Media zum täglichen Brot. Hinzu kommt, dass die klassischen Hierarchien – erfahrener Chef und jüngere Mitarbeiter – nicht mehr so stark definiert sind wie noch vor ein paar Jahren und der Einstieg als junger Chef in ein Unternehmen einfacher gelingt. Aber um wirklich Chef zu sein, ist Berufserfahrung in eigentlich allen Branchen – Start-ups ausgenommen – essentiell.

Gibt es typische Fehler, die nur junge Chefs machen?

Das ist eine Typfrage. Ich weiß aber aus Gesprächen mit ehemaligen Studenten, dass sich junge Chefs in der Anfangszeit mit Führung erst einmal zurückhalten. Das kann sich bei einigen Mitarbeitern förderlich auf die Motivation auswirken, bei anderen, die eine konkretere Führung benötigen, jedoch eher bremsend.

Die Mitarbeiter belächeln den jungen Chef. Und jetzt?

Die Führungskraft sollte sich darüber Gedanken machen, was die Gründe für das Verhalten der Mitarbeiter sind und inwieweit die Kritik an der eigenen Person gerechtfertigt ist. Im empfehle jungen Chefs, mit jedem Mitarbeiter das Einzelgespräch zu suchen, der offenbar ein Problem mit ihm hat.

Was raten Sie angehenden jungen Chefs?

Es ist ratsam, sich auf Rückmeldungen der Mitarbeiter einzulassen, Gespräche mit ihnen zu suchen und sich selbst zu reflektieren. Zur Not sollte der Chef auch mal einen Konflikt austragen – und auch bereit sein, Fehler einzugestehen. Die Akzeptanz der neuen Führungskraft ist ein Prozess, bei dem die Mitarbeiter merken, dass sie ihrem Chef in seinem Handeln vertrauen können.

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